weise aber ohne Resultat, auch wenn zahllose leere Eihüllen im Verdauungskanale vorhanden
waren. Möglicherweise war dieser Mißerfolg darauf zurückzuführen, daß die freie
Lebensphase der Larven im Schneckendarm nur von kurzer Dauer ist, daß die Miracidien
sehr rasch das Darmlumen verlassen und ins Gewebe eindringen.
Wenig ist bisher bekannt über die Faktoren, die das Ausschlüpfen von Trematoden-
Eiern im Darmkanale von Schnecken bedingen.
H e c k e r t (1889) beobachtete, daß die Miracidien von Leucochloridium macrostomum bereits 10—15 Minuten
nach einer Ei-Mahlzeit im Magen*) von Succinea ampliibia umherschwammen. Um festzustellen, ob das Ausschlüpfen
eine Folge der mechanischen Wirkung der Radula oder der chemischen Einwirkung der Magensäfte ist, zerzupfte
H e c k e r t auf dem Objektt äger ein erwachsenes Leucochloridium und setzte den Magensaft mehrerer Succinea hinzu.
„Nach einer Stunde waren fast alle Embryonen ausgeschlüpft. Hierdurch war klar bewiesen, daß der chemische Reiz
des Magensaftes allein imstande ist, den Embryo zum Verlassen der Eischale zu bringen . . . Das Ausschlüpfen ging
dann schneller von statten, wenn der Objekttisch auf 18—20° erhitzt wurde“. L e u c k a r t hat zuerst beobachtet, daß
die Miracidien von Dicrocoelium lanceatum im Darmkanale von Nacktschnecken ausschlüpfen. Genauere Untersuchungen
hierüber hat H e n k e l (1931) angestellt. Einige Minuten nach Verfütterung von Lanzettegeleiera an Arion sub-
fuscus machten sich im Darmsaft der Schnecke an den Miracidien innerhalb der Eihülle die ersten Lebensfunktionen in
Form von langsamen Drehbewegungen bemerkbar. Der Deckel sprang dann auf und das Miracidium quoll mitsamt seiner
Embryonalblase heraus. Eine aktive Beteiligung des Miracidiums am öffnen des Deckels konnte nicht festgestellt
werden. Das Ausschlüpfen unterblieb, wenn Eier, deren Miracidien bereits unter der Einwirkung des Darmsaftes zur
Lebenstätigkeit angeregt worden waren, in Wasser oder nur in verdünnten Darmsaft überführt wurden. H e n k e l
kommt zu dem Schluß, „daß der Schlüpfungsvorgang des Miracidiums in der Hauptsache durch osmotische Kräfte bewirkt
wird, die dann auftreten, wenn das Ei in einen Darmsaft von ganz bestimmter chemisch-physikalischer Beschaffenheit
gebracht wird“.
Die Opisthorchis-Eier scheinen nach meinen Beobachtungen nicht einer so prompten
Einwirkung der Sehneckendarmsäfte zu unterliegen, wie die Eier der beiden oben genannten
Trematoden. Das geht schon daraus hervor, daß stets über die Hälfte der Eier
den Darm des Zwisehenwirtes Bithynia leachi unverändert passierte. Es ist mir auch
nicht wie H e ck e r t hei Versuchen mit Leucochloridium gelungen, Opisthorchis-TSier in
vitro durch Behandlung mit Verdauungssäften der Schnecke zum Verlassen der Eihülle
zu bewegen. Ich habe reife Opisthorchis-lSieT in einem ersten Versuche mit dem zerzupften
Vorderdarm und Magen, in einem zweiten Versuche mit der zerdrückten Verdauungsdrüse
und in einem dritten mit dem zerquetschten End- und Mitteldarm von Limnaea stagnalis
auf dem Objektträger zusammengebracht und 7 Stunden lang in einer feuchten Kammer
bei Zimmertemperatur aufbewahrt. In allen Versuchen waren die Eier nach V6, 4 und 7
Stunden noch unverändert. Nur im dritten Versuch sah ich gleich zu Anfang ein freies :
Miracidium umhersehwimmen. Da aber alle anderen Eier dieses Experiments nicht ausschlüpften,
so nehme ich an, daß dieses einzige Miracidium auf mechanischem Wege heim
Auflegen des Deckglases befreit worden war. Auch ein weiterer Versuch, in dem ich den
zerzupften Darmkanal von Bithynia leachi verwendete, führte nicht zum Anssehlüpfeu
der Larven. Ich bin infolgedessen außerstande, Näheres über den natürlichen Schlüpfvor-
gang von Opisthorchis-Eiern im Sehneckendarme mitzuteilen.
Auch die Eier von Clonorchis sinensis scheinen übrigens dem Ausschlüpfen einen gewissen
Widerstand entgegenzusetzen. Denn F aust und K h aw fanden im Därme einiger
Exemplare von Bithynia fuchsiana, die bis 5 Wochen vorher Chlonorchis-Eier aufgenommen
hatten, neben leeren Eihüllen noch ungeschlüpfte, lebenskräftige Eier vor. Diese
Eier waren also trotz eines Aufenthaltes von mindestens 5 Wochen im Sehneckendarme
*) A n m e r k u n g : Unter „Magen“ verstand H e c k e r t offenbar nach der älteren Terminologie die kropfartige
Erweiterung des Oesophagus.
unverändert geblieben. Allerdings hatte es sich in diesem Versuche offenbar um hungernde
Schnecken gehandelt, bei denen die Verdauungstätigkeit womöglich herabgesetzt war.
Das Mißlingen meiner in vitro-Versuche, Opisthorchis-Eier durch Schneckendarm-
Substanzen zum Ausschlüpfen zu bringen, läßt an die Möglichkeit denken, daß neben der
chemisch-physikalischen Wirkung dieser Säfte vielleicht noch me c h a n i s c h e Einflüsse
im Schneckendarm eine Holle spielen. Ich denke hierbei besonders an eine reibende Wirkung
der Sandkörnchen! die ich häufig im Darm von B:\thynia angetroffen habe.
Es bleibt noch die Frage zu erörtern, in welchem Darmabschnitt der Schnecke das
Aussehlüpfen stattfindet. Die Miracidien von Leucochloridium, macrostomum werden nach
H e ck e r t schon im Anfangsteile des Darmtraktus frei. Ebenso verhalten sich nach
H en k el d ie Wimperlarven des Lanzettegels in Nacktschnecken. Auch F aust und K h aw
haben aus dem Sitz der jungen Sporocysten in der Nähe des Oesophagus geschlossen, daß
die CIonorohis-Eier wahrscheinlich schon im Oesophagus ausschlüpfen. Die Opisthorchis-
Eier verhalten sich nach meinen Beobachtungen offenbar anders. Der Oesophagus stellt
hei Bithynia im Gegensatz, zu der kropfartigen Erweiterung dieses Abschnittes bei vielen
Lungenschnecken ein verhältnismäßig dünnes Rohr dar, das ich immer frei von Nahrungsmassen
fand. Zweifellos passieren diese den Oesophagus sehr schnell und stauen
sich zuerst in dem zum Magen erweiterten Mitteldarmabschnitt. Ich habe infolgedessen
bei Bithynien. die bis zu ihrem Tode Opisthorchis-Eier aufgenommen hatten, niemals
leere Eihüllen im Vorderdarm antreffen können, hingegen in spärlicher Zahl im Mitteldarm
und in reichlicher Menge im Enddarm. Ich vermute, daß die Opisthorchis-Miracidien
vorwiegend in den hinteren Darmabschnitten ihrer Zwisehenwirte frei werden.
Damit steht auch im Einklang, daß die Muttersporocysten von Opisthorchis ihren Sitz
ausschließlich in unmittelbarer Nähe des Enddarmes haben.
3. Die Entwicklung in der Schnecke.
a) V o r b em e r k u n g e n ü b e r di e An a t omi e von B i t h y n i a .
Zum besseren Verständnis für diesen und den nächsten Abschnitt ist es zweckmäßig,
zunächst einige Bemerkungen über die Anatomie des Zwischenwirtes Bithynia leachi vorauszuschicken.
Ich stütze mich S abgesehen von eigenen Beobachtungen vorwiegend
auf die Untersuchungen von A n d e r s en (192®,,Gestalt und Verlauf des Darmkanales von
Viviparus viviparus L., Bithynia tentaculata L. und Helix pomatia L.“ sowie bezüglich
der Genitalorgane auf eine Arbeit von A nke l (1924). Der von F au st und K h aw (1927)
wiedergegebene Verlauf des Darmkanals von Bithynia (siehe Tafel II, Fig. 13, diagram-
matic sketch of a bithnoid snail) wird den natürlichen Verhältnissen, zum mindesten
denen, wie sie bei den europäischen Arten B. tentaculata und B. leachi verwirklicht sind,
in manchen Punkten nicht gerecht.
Der Darmkanal von Bithynia besteht aus Vorder-, Mittel- und Enddarm. Der Vorderdarm
gliedert sich in die Mundöffnung, den birnenförmigen Pharynx mit der Radula-
tasche und den Oesophagus. Letzterer ist ein enges Rohr, das in halbkreisförmiger Windung
den Spindelmuskel umgreift und in den Magen einmündet. Der Magen und die S-
förmige Mitteldarmwindung bilden zusammen den Mitteldarm. Der Magen stellt einen
steil aufgerichteten Sack dar und liegt am Übergang der letzten in die vorletzte Windung
dicht an der Außenseite der Schale. An zwei benachbarten Stellen nimmt der Magen die