Ne r v e n s y s t em: Das Nervensystem ist nur teilweise im vorderen Abschnitt
erkennbar. In Höhe der Augenilecke, unmittelbar vor dem Pharynx findet sich eine dicke
Querkommissur, von der sich die Wurzeln der vorderen und hinteren Längsstämme ab-
zweigen (Abb. 14).
S c h w a n z : Der Schwanzstamm verjüngt sich allmählich nach dem spitzen Ende zu.
E r träg t an seiner Basis einen zapfenartigen Vorsprung, der in eine Einziehung des Körperendes
hineinragt. Die Schwanzcuticula zeigt ein sehr charakteristisches Verhalten. Sie
ist, von der Wurzel beginnend, auf einer Strecke von 70—100 [/.
Länge blasenartig abgehoben, am stärksten an der Ventralseite,
etwas weniger an den Seitenflächen. Dorsal hingegen liegt die
Cuticula der Schwanzachse dicht auf. Es sieht aus, als ob der
Anfangsteil des Schwanzes in einer losen Scheide stecke. Die
abgehobene Cuticula erscheint durch ringförmige Einschnürungen,
deren Abstände sich nach hinten zu verringern, regelmäßig
quergeringelt. Diese Ringelung setzt sich auch auf den übrigen
Schwanz, dessen Cuticula dicht aufliegt, fort. Sie verschwindet
allmählich im letzten Schwanzdrittel. Bei dorsoventraler Betrachtung
können übrigens die seitlich überragenden Teile der
Cuticulascheide sehr leicht für Lateralmembranen gehalten
werden (s. T. III, Abb. 16 b). Diese Abhebung der Cuticula fehlt,
solange sich die Cercarie noch im Schneckengewebe befindet.
Sie entsteht wahrscheinlich durch Wasseraufnahme beim Übertritt
der Cercarie aus den Schneckensäften in das weniger konzentrierte
Außenwasser. Es handelt sich nicht etwa um eine
abnorme oder degenerative Bildung, sondern um eine Erscheinung,
die an jeder Cercarie, auch der frisch ausgeschlüpften,
wahrgenommen werden kann. Der zentrale Stamm des Schwanzes
besitzt eine nur schwach entwickelte, dicht unter der
Oberfläche gelegene Ringmuskulatur und sehr kräftige Längs-
14. Exkretionssystem der
muskelziige. Letztere verlaufen teils parallel zur Oberfläche,
Opisth.-Cercarie und Hauptstämme
teils schräg von der Peripherie nach der Mittellinie zu. Ich
des Nervensystems. I—V die fünf
halte es fü r bemerkenswert, daß diese Längsmuskelfasern
Gruppen der Wimperzellen.
q u e r g e s t r e i f t sind und sich dadurch grundsätzlich von
den übrigen Muskelfasern der Cercarie sowie der Metacercarie und des erwachsenen
Wurmes unterscheiden. Die Querstreifung tritt am schönsten bei Eisenhämatoxylinfärbung
hervor. In der gleichen Weise gefärbte Fasern des Hautmuskelschlauches und der Saugnäpfe
der Metacercarie erscheinen dagegen völlig glatt und gleichmäßig. Es ist sehr bezeichnend,
daß gerade der Cercarienschwanz, der die blitzschnellen Schwimmbewegungen
auszuführen hat, mit quergestreiften Muskelfasern ausgestattet ist. Außerdem enthält
der Schwanzstamm lange spindelförmige helle Zellen und eine Anzahl kleiner Kerne,
die vorwiegend in der Mittelachse liegen. Ein Exkretionskanal ist im Zentrum nirgends
erkennbar. Auf der dorsalen und ventralen Seite des Schwanzes erhebt sich eine äußerst
zarte Membran. Sie beginnt dorsal am Hinterende der Schwanzblase, 80—100 ^ von
der Schwanzwurzel entfernt, verbreitert sich allmählich und erreicht in der Schwanzmitte
eine größte Höhe von durchschnittlich 25 ¡a. Im hinteren Abschnitt des Schwanzes
wird sie wieder um eine Wenigkeit niedriger. Sie führt um das spitze Ende des SchwanzAbb.
stammes herum, dieses um 13— 15 (a überragend, und setzt sich in den ventralen Saum
fort, der bis zur Schwanzmitte reicht und niedriger ist als die dorsale Membran. Die
Flossensäume, besonders der dorsale, weisen zahlreiche Querlinien auf, die Stützrippen
vortäuschen. In Wirklichkeit handelt es sich aber nur um senkrecht zum Schwanz verlaufende
Falten. Hautdornen und Sinneshaare sind am Schwanz nicht vorhanden. Es
fehlen auch die Pigmentzellen des Körpers; infolgedessen erscheint der Schwanz farblos.
Ich füge noch eine Zusammenstellung an lebenden Exemplaren gewonnener Schwanzmaße
bei:
Gesamtlänge des Schwanzes: 440—500 p, durchschnittlich 460 p,
Länge der Schwanzscheide: 70—100 p,
Breite der Schwanzscheide: in Dorsoventralansicht 45—50 p,
Durchmesser des zentralen Schwanzstammes an der Basis 22—24 p,
Maximale Höhe der ventralen Cuticula-Abhebung 13—17 p,
„ „ „ dorsalen Membran 23—27 p,
„ „ „ ventralen Membran 18—19 p,
Länge des überragenden Hinterendes der Membran 13—15 p.
In der Cercarienliteratur ist eine Reihe von Cercarien beschrieben, die der vorliegenden
sehr ähnlich sind. Ich habe aber keine Beschreibung einer Trematodenlarve gefunden,
die völlig auf die Opisthorchis-Cercarie paßt. Letztere dürfte also eine für die Wissenschaft
neue Form sein. Die verwandten Cercarien und insbesondere die des chinesischen Leberegels,
Clonorchis sinensis, werden in Abschnitt IV besprochen.
b) D a s A u s s c h w ä rme n a u s d e r Sc h n e c k e .
Etwa zwei Monate nach der Infektion der Schnecken begannen in meinem Versuche,
die Cercarien ins Wasser auszuschwärmen. Welchen Weg sie bei der Auswanderung aus
den Schneckenorganen einschlugen, ließ sich nicht mit Bestimmtheit ermitteln, auch nicht
mit Hilfe von Serienschnitten durch eine Schnecke, die kurz vor der täglichen Haupt-
schwärmzeit der Cercarien fixiert worden war. Ich möchte aber annehmen, daß die
Kiemenhöhle die bevorzugte Austrittsstelle der Cercarien ist.
Schon in den ersten Tagen blieb die Cercarien-Ausscheidung auf die Tagesstunden
beschränkt und ließ täglich einen deutlichen Anstieg um die Mittagszeit erkennen. Später,
als die Cercarien-Produktion bedeutend zugenommen hatte, war diese Periodizität noch
augenfälliger. Um genaue Daten hierüber zu sammeln, wurden über den ganzen Tag verteilte
Auszählungen der produzierten Cercarien vorgenommen. Ich verfuhr nach einer
ähnlichen Methode, wie sie Co r t (1922) angewandt hatte.
27 infizierte Bilhynia leachi wurden in eine kleine Glasschale mit 200 ccm Wasser gebracht und in einem dem
Sonnenlichte ausgesetzten Glashause aufgestellt. Alle 2 Stunden wurde das Wasser völlig abgegossen und durch neues
von derselben Temperatur und Herkunft ersetzt. Von dem abgegossenen Wasser wurden nach gutem Durchmischen
2 mal 10 ccm entnommen, mit etwas Formalin versetzt und zentrifugiert. Die im Bodensatz befindlichen Cercarien wurden
auf einem Objektträger mit Gradeinteilung bei schwacher Vergrößerung ausgezählt. Aus den Mittelwerten beider
Zählungen und der ursprünglichen Wassermenge ließ sich die Gesamtzahl der innerhalb 2 Stunden produzierten Cercarien
errechnen. Außerdem notierte ich den Verlauf der Wassertemperatur sowie das Verhalten von Sonne und Bewölkung.
Das Ergebnis der Zählungen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen ist in Fig. 15
graphisch dargestellt. Die Cercarien-Ausscheidung beginnt morgens zwischen 6 und 10 Uhr
mit niedrigen Werten und erreicht in steilem Anstiege zwischen 12 und 16 Uhr ihr
Maximum. Sie sinkt dann am Abend wieder ab und ist gegen 20 Uhr beendet. Die
Opisthorchis-Cercarien schwärmen also nur t a g s ü b e r aus ihrer Wirtsschnecke aus.