wir 2 zarte Knochenplatten, die entweder oval oder vorn gerade sind, seitlich etwas eingebuchtet,
in der Mediane zunächst gerade, sodann nach außen geschwungene Ränder besitzen.
Diese Knochenplatten sind als Ischia zu deuten. Die Femora sind ebenfalls sehr
klein. Der vollständig erhaltene 185 mm lange Rest 700 weist ein 3,8 mm langes Femur
auf, d. s. 2,0% der Gesamtlänge. Die Processus des Knochens sind klein, dieser ist distal
etwas verbreitert. Fibula und Tibia sind gleichmäßig röhrenförmig. Vom Tarsus ist nichts
nachzuweisen; er wird also wohl knorplig ausgebildet gewesen sein. Die Zehen sind nur
unvollständig erhalten, aber nach dem Abstand, den einige Reste erkennen lassen, ist mir
wahrscheinlich, daß 5 Zehen ausgebildet waren. Aus der Gestalt zu schließen, haben die
Hintergliedmaßen wenig im Dienste der Fortbewegung gestanden.
Die Form der Ischia verdient noch
einige Erörterungen. Im allgemeinen ist
bei den Urodelen ein Ischiopubicum vorp
handen, in welchem die Verknöcherung
der beiden Elemente soweit gegangen ist,
daß die einzelnen Teile nicht mehr deutlich
sind. Im Gegensatz dazu treffen wir bei
Proteus anguineus und Necturus maculo-
sus — ähnlich dem Schultergürtel -fM weitgehende
knorpelige Ausbildung des Bek-
kens. Beim Olm ist jederseits nu r ein kleiner
knöcherner Teil vorhanden, welcher
sich an dieGelenkhöhleanschließt(Abb. 17)
Abb. 17. Proteus anguineus, Becken, punktiert = knorpelig.v F * » und caudail no cih. vo„ n ei• nem ib rei. ,t en Kr7-norpelstreif
überragt wird. Beim Furchenmolch
ist der knöcherne Anteil des Beckens relativ größer. Hier streckt er sich von der Gelenkhöhle
bis zum caudalen Ende des Beckens. Die Becken von Proteus und Necturus unterscheiden
sich in ihrer Form nicht unbeträchtlich. Da jedoch über die knorpeligen Elemente
von Palaeoproteus nichts ausgesagt werden kann, will ich die systematische Bedeutung dieser
Verschiedenheit später erörtern.
Die Z a h l d e r Z e h e n ist bei Palaeoproteus wohl normal und weicht von der der meisten
Urodelen nicht ab. Proteus und Necturus unterscheiden sich jedoch von den meisten
Urodelen, indem die erstere Art vorn 3 und hinten 2 Zehen besitzt und bei den letzteren
vorn 4 und hinten 4 vorhanden sind. W il d e r (1909) hat die Ansicht geäußert, daß die
Zahl der Zehen der ersten Landwirbeltiere geringer als 5 war, und daß somit Furchenmolch
und Olm primitive Typen darstellen. Bekennen wir uns zu dieser Auffassung, dann erscheint
der Schluß, daß genetische Beziehungen zwischen Palaeoproteus, Proteus und Necturus
anzunehmen seien, weniger gesichert. Ich halte diese Auffassung aber nicht fü r zutreffend,
sondern werde später noch eingehend darlegen, daß diese Formen als Abkömmlinge
hochentwickelter Salamandriden aufzufassen sind, deren Gonaden die Reife bereits
zu einem Zeitpunkt erreichen, in dem das Soma noch larvale Merkmale besitzt. — Wir
finden eine geringere Zehenzahl nicht nur beim Olm und Furchenmolch, sondern auch bei
anderen Arten, z. B. Amphiuma means. Bei dieser Art können wir Tiere feststellen, die 2,
und solche, die 3 Zehen besitzen. Man hat früher diesen Unterschied zur Aufstellung von
2 Arten benutzt, bis nachgewiesen werden konnte, daß es sich n ur um individuelle Verschiedenheiten
handelt. Schon dies Beispiel zeigt, daß die geringe Zehenzahl eine allgemeiner
festzustellende Erscheinung bei Urodelen ist, die als larvale Eigenschaft gedeutet
werden kann. Es ist jedoch bemerkenswert, daß Palaeoproteus klatti die für Urodelen normale
Zehenzahl zeigt. Wir fanden aber, daß diese Art auch in der Ausbildung des Schädels
und Schulterblattes einen höheren Entwicklungsgrad als z. B. der Olm erreicht und so
könnte auch die normale Zehenzahl in diesem Sinne gedeutet werden. Es muß jedoch noch
eine weitere Möglichkeit in Betracht gezogen werden. K l a t t (1933) hat bei Hypophysenexstirpationen
an Triturus-JjcLrveii die außerordentlich interessante Feststellung machen
können, daß bei hypophyselosen Tieren Verkürzungen der Zehen eintreten. Aus den U ntersuchungen
S c h r e i b e r s (1930, 1932) und S a c h s ’ (1930) über die innersekretorischen Drüsen
der perennibranchiaten Urodelen und die Bereitschaft des Körpers dieser Arten, auf
Hormone zu reagieren, wissen wir, daß diese Arten Erscheinungen zeigen, die auf eine
Störung der hormonalen Wechselbeziehungen des Körpers hindeuten, und gerade diese
Ergebnisse legen im Zusammenhang mit den Befunden K l a t t s den Gedanken nahe, in der
geringen Zehenzahl dieser Schwanzlurcharten nur den Ausdruck einer Unterwertigkeit
ihres innersekretorischen Apparates zu sehen.
Somit w ären die anatomischen Einzelheiten beschrieben. Es zeigt sich, daß viele Eigentümlichkeiten
des Körperbaues des Palaeoproteus klatti mit Proteus anguineus und Necturus
maculosus übereinstimmen, die den Schluß berechtigt erscheinen lassen, daß genetische
Beziehungen zwischen diesen Arten anzunehmen sind. Die vorhandenen Unterschiede
sollen aber nicht übersehen werden. Sie machen eine neue Gattung erforderlich. Über
diese Feststellung hinaus können aber die Befunde an Palaeoproteus klatti die bisher unsichere
systematische Stellung der „Proteiden“ klären; die Auswertung dieser Ergebnisse
soll weiter unten erfolgen.
d) Zur Ökologie des Palaeoproteus klatti.
Hier will ich zunächst noch einige ö k o l o g i s c h e B eme r k u n g e n einschalten, die
sich aus Bau und Fundumständen ergeben.
Die Tatsache, daß bei Palaeoproteus klatti Kiemen zeitlebens erhalten bleiben, zeigt
an, daß es sich um einen ständigen Wasserbewohner handelt; der außerordentlich lange,
schlanke Körper mit den kurzen Gliedmaßen (Abb. 18) hat das Tier trefflich zum Schwimmen
befähigt. Wenngleich es also auch auf diese Weise in der Lage war, sich seine Beute
zu erjagen, die es mittels einer sehr kräftigen Kaumuskulatur bezwingen konnte, so müssen
wir auch annehmen, daß das Tier im schlammigen Bodengrund seiner Wohngewässer
nach Nahrung suchte und in diesem Schutz bei Verfolgungen gefunden haben wird. Der
schlanke Kopf mit den nach hinten gestellten Oberkiefern macht diesen Schluß wahrscheinlich.
Auch der Olm durch wühlt ja den Bodengrund seiner Wohngewässer in hohem Maße,
worauf S t i e v e (1918) nachdrücklichst hingewiesen hat, und den schlanken speerspitzförmigen
Habitus des Olmschädels möchte ich weniger als guten Wasserbrecher deuten, wie
Wi e d e r s h e im dies tat, sondern m it der wühlenden Lebensweise in Zusammenhang bringen.
Die Augen des Palaeoproteus werden klein und wenig hervortretend gewesen sein, denn
der Exophthalmus der Urodelen tritt erst mit der Metamorphose auf. Die Gestalt des Unterkiefers
und die Crista in der Schädelmitte deuten darauf hin, daß der Altolm auch recht
kräftige Tiere zu überwinden vermochte. Dies werden in erster Linie Wasserinsekten und
deren Larven gewesen sein, daneben kleinere Artgenossen und auch kleinere Fische. Wie
bereits erwähnt, konnten bei 2 Tieren Stellen nachgewiesen werden, an denen der Darm