keinen Ausführgang finden konnte, möchte ich diese dritte große Zelle nicht als Drüsenzelle
deuten. Vielleicht entspricht sie den Keimzellen der anderen Miracidien, mit denen
sie den Besitz eines breiten granulierten Plasmamantels und eines großen bläschenförmigen
Kernes gemeinsam hat. Ich möchte diese Deutung für um so wahrscheinlicher halten,
als ich im Opisi/iorchis-Miracidium keine anderen Zellen entdecken konnte, die ihrer
Struktur nach mit einiger Wahrscheinlichkeit als Keimzellen aufgefaßt werden können.
Die Beobachtung des Exkretionssystems bereitete bei der Kleinheit der Opisthorchis-
Larve besonders große Schwierigkeiten. Nur wenige Male gelang es mir an freien Miracidien,
die flackernde Bewegung z we i e r Wi m p e r f l amme n im mittleren Abschnitt
des Körpers zu beobachten. Von den Ausführkanälchen war nichts zu erkennen.
Nach Hämatoxylinfärbung (T. I, Abb. 2 c) treten im Opisihorchis-Miracidium mit Regelmäßigkeit
12—14 Zellkerne hervor. Zwei dieser Kerne zeichnen sich durch ihre bedeutende
Größe und relative Armut an Chromatin aus. Es sind die Kerne der kegelförmigen Zelle
des Vorderendes und der großen granulierten Zelle in der Körpermitte. Alle übrigen
10—12 Kerne sind kleiner und chromatinreicher. Sie liegen vorwiegend in der hinteren
Körperhälfte. Da die zu diesen Kernen gehörigen Zelleiber weder an lebenden noch an
gefärbten Miracidien deutlich zu erkennen sind, so lassen sich über die Natur dieser Zellen
höchstens Vermutungen auf stellen. F a u s t und K h a w haben beim CZonorcMs-Miracidium
eine Anzahl von 8—25 Zellen beobachtet und als Keimzellen gedeutet, die eine ähnliche Lage
einnehmen wie die 10—12 kleinen Zellkerne des Opisihorchis-Miracidiums. Ich möchte aber
die letzteren wegen ihrer Kleinheit und ihres Chromatinreichtums eher für die Kerne ausdifferenzierter
Körperzellen als solche von Keimzellen halten. Ich denke insbesondere an
etwaige Muskel-, Parenchym- und Nervenzellen. Auch der Kern der langen schlauchförmigen
Drüse, deren Zelleib bei Hämatoxy] in-Eosin-Färbung nicht sichtbar ist, dürfte sich
unter diesen Kernen befinden.
Eine sichere Entscheidung, welcher Zellart des Miracidiums die Natur von Keimzellen
zukommt, wird erst möglich sein, wenn wir Schritt für Schritt die Umwandlung
des Miracidiums in die Muttersporocyste verfolgt haben. Dies dürfte aber bei der Kleinheit
der Wimperlarve auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen und ist mir bisher nicht
gelungen.
Wenn wir das Opisthorchis-Miracidium mit den Larven anderer Trematoden vergleichen,
so finden wir eine große Übereinstimmung mit dem von F a u s t und K h a w beschriebenen
C£oworc/m-Miracidium. Ein nennenswerter Unterschied besteht n ur insofern, als
diese Verfasser die große granulierte Zelle der Körpermitte beim CZonorcTm-Miracidium
nicht erwähnen. Auch konnte ich bei der Opisthor chis-harve das von den beiden Autoren
beobachtete nierenförmige Gebilde, das sie als Nervensystem in Anspruch nehmen, nicht
beobachten. Das Exkretionssystem des CioworcMs-Miracidiums besteht nach F a u s t und
K h a w aus einem P a a r Wimperzellen, deren Kapillaren sich zu einem gemeinsamen Ausführgang
vereinigen. Letzterer mündet auf der Dorsalseite im hinteren Körperabschnitt.
Von den Zellen, die F a u s t und K h a w als Keimzellen in Anspruch genommen haben, ist
schon oben die Rede gewesen.
b) Au s s c h l ü p f e n u n d V e r h a l t e n f r e i e r Mi r a c i d i e n .
Wie schon B r a u n (1893) angegeben hat, gehört 0 . felineus zu denjenigen Trematoden,
deren Miracidien im Freien nicht ausschlüpfen, sondern erst im Darme eines
Mollusken ihre Eihiille verlassen. Ich kann das nach meinen Beobachtungen durchaus
bestätigen. Ich habe Opisthorchis-Eier, die hei der Sektion einer stark infizierten Katze
aus der Gallenblase gesammelt und durch wiederholtes Auswaschen von der Gallenflüssigkeit
befreit worden waren, im Kühlschrank bei +8° C in reinem Wasser auf bewahrt
und beobachtet. Nach 3-Vi Monaten waren die Eier noch unverändert, d. h. sie enthielten
alle noch ein wohlerhaltenes Miracidium. Freischwimmende Wimperlarven oder leere E ihüllen
konnten in diesem Materiale niemals angetroffen werden. Aus der Eischale mechanisch
herausgepreßte Larven schwammen munter umher, ein Zeichen ihrer ungeschwächten
Vitalität. Die Miracidien verließen spontan ihre Eihülle auch dann nicht, wenn sie in
Zimmertemperatur oder selbst in den Brutschrank (37° C) überführt oder direktem Sonnenlichte
ausgesetzt wurden. Ich vermißte auch stets die lebhaften Bewegungen, die z. B.
bei den Wimperlarven von Fasciola, Paragonimus und Schistosoma einem Ausschlüpfen
vorauszugehen pflegen. Niemals sah ich eine Bewegung der Cilien im Ei, wenn auch eine
BROWNsche Molekularbewegung feiner Granula im Ei eine solche gelegentlich vorzutäuschen
schien. Das einzige Bewegungsphänomen waren seltene ruckhafte Kontraktionsbewegungen
der Larven, die besonders dann aufzutreten schienen, wenn Eier längere Zeit
dem Lichte einer starken Mikroskopierlampe ausgesetzt wurden. Abgesehen von diesen,
nur hin und wieder bei wenigen Eiern gesehenen Bewegungen, lagen die Larven völlig
ruhig in ihrer Schale. Wahrscheinlich hätten die Eier noch länger als SV2 Monate in diesem
Zustande verharrt, wenn sie nicht fü r andere Versuche verwendet worden wären.
Etwas kürzer scheint die Lebensdauer der Eier zu sein, wenn sie nicht in reinem
Wasser aufbewahrt werden, sondern in einer Aufschwemmung ausgewaschenen Katzenkotes,
die auch bei niedriger Temperatur allmählich in Zersetzung übergeht. Nach einem
Aufenthalte von. zwei Monaten im Kühlschränke war dann bereits ein Teil der Eier
degeneriert, während die Mehrzahl noch gut erhaltene Miracidien einschloß. Es fanden
sich auch vereinzelte leere Schalen ohne Deckel vor; es dürfte sich in solchen Fällen aber
kaum um Eier gehandelt haben, deren Miracidien spontan ausgeschlüpft waren, sondern
um abgestorbene Eier, deren Inhalt sich aufgelöst hatte*). Eine Kotaufschwemmung, die
sechs Monate im Kühlschrank aufbewahrt worden war, enthielt nur noch abgestorbene,
Eier. A u s d e n b i s h e r i g e n B e o b a c h t u n g e n d a r f g e s c h l o s s e n we r d e n ,
d a ß O p i s t h o r c h i s -E i e r n o rma l e rw e i s e im F r e i e n n i c h t a u s s e h l ü p f e n
u n d d a ß s i e u n t e r g ü n s t i g e n B e d i n g u n g e n e in e L e b e n s d a u e r von
m e h r e r e n Mo n a t e n haben.
Zu ähnlichen Resultaten sind auch F a u s t und K h a w bezüglich der Eier von Clonor-
chis sinensis gelangt. Nur mit Hilfe einiger mehr oder weniger gewaltsamer und unnatürlicher
Maßnahmen gelang es ihnen, Miracidien auch außerhalb des Schneckendarmes zum
Ausschlüpfen zu bringen. Diese Prozeduren bestanden 1. in einem plötzlichen Wechsel der
Temperatur von 20° auf 37° C, 2. in abwechselndem Einfrieren und Auftauen der Eier,
3. in mechanischem Druck oder Stoß und 4. in einer vorübergehenden Steigerung des
Salzgehaltes des Mediums von destilliertem Wasser auf 3,75 oder 7,5% und nachfolgender
Erniedrigung der Konzentration. Die Maßnahmen (2) und (4) habe ich an Opisthorchis-
Eiern nicht versucht. Eine plötzliche Erhöhung der Temperatur (1) von 20° auf 37° C
*) A n m e r k u n g : Auf ähnliche Weise erklärt sich vermutlich auch die Beobachtung W i n 0 g r a d 0 f f s, daß
OpisMorcftis-Miracidien nach einem längeren Aufenthalte in 37° warmem Wasser ausschlüpften. W i n o g r a d o f f will
auch im Inhalt der Gallengänge freie Miracidien angetroffen haben. B r a u n hat bereits auf die Unwahrscheinlichkeit
dieser Beobachtung hingewiesen.