Winkelstreckung zwischen Sternum und Coracoid auch eine Vergrößerung in den Abständen
der Coracoide voneinander einhergeht. Bei diesen Bewegungen wird die Furcula
passiv mitbewegt. Auch die Scapula ist dabei in Mitleidenschaft gezogen, behält aber ihre
freie Beweglichkeit im Coraco-Seapular-Gelenk hei.
B r u s t k o r b und Schultergürtel haben ein knöchernes Bindeglied im Sternum. Es
ist bei allen Carinaten der weitaus mächtigste Knochen, was auf seine besondere Bedeutung
hinweist. Auf ihm ru h t der Schultergürtel und durch die Rippen der Brustkorb und
damit das ganze Skelett. Wie in einer Schale träg t es die Eingeweide und seine Außenflächen
gehen den starken Flugmuskeln gute Ansatzmöglichkeiten. Es ist der Träger der
gesamten Körperlast.
Die R i p p e n sind durch ein Gelenk in zwei Teile geteilt; der dorsale größere und gekrümmte
Teil ist die Vertebralrippe und der ventrale und mehr gestreckte die Sternal-
rippe. Durch die doppelte Articulation der Vertehralrippe am Wirbel (Abh. 10), nämlich
das Capitulum am Wirbelkörper und das Tuberculum am Processus transversus des Wirbels,
ist eine zwangsläufige Bewegung um eine Achse festgelegt, die durch die Verbindungslinie
des Capitulum- und Tuberculum-Gelenkes gegeben ist. Diese Achse verläuft
von vorn, innen und unten nach oben, außen und hinten. Die Neigung von vorn nach hinten
ist aber gering, so daß die Vor-Rückwärts-Bewegung bei allen Rippen stä rk er ist als
die andere. Daher kommt es, daß überall das Ende der Vertebralrippe, mit dem die Ster-
nalrippe articuliert, eine Linie beschreibt, die von hinten, innen und oben nach vorn, außen
und unten verläuft. Die Achse des Doppelgelenkes h a t aber nicht bei allenRippen die gleiche
Neigung; sondern bei den mehr kopfwärts gelegenen, vor allem den unvollständigen Brustrippen
ist sie so gestellt, daß eine fast ausschließliche Vor-Rückwärts-Bewegung resultiert,
wogegen die Achsen der hinteren Rippen eine deutliche Breitenausdehnung der Seitenwände
des Rumpfes hervorrufen. Häufig sind die caudalen Rippen nicht mehr gelenkig mit
den Wirbeln verbunden, sondern am Ilium festgewachsen. Bei ihnen findet eine elastische
Biegung statt; sie haben die dazu nötige dünne Form (Abb. 10).
Die Sternalrippen (Abb. 11) stehen mit dem lateralen Rand des Brustbeines, der
Margo lateralis sterni, durch die Processus s. condyli articulares costales sterni in Verbindung.
Zwischen je zwei Condyli befinden sieh die Incisurae s. Fossae intercostales (F. i.).
Bei guter Ausbildung kann man die Entwicklung eines CondyluS externus (D. e.) und eines
Condylus internus (C.i.) feststellen. Dadurch ist ähnlich wie am Gelenk zwischen Wirbel
und Vertebralrippe eine zwangsläufige Bewegung festgelegt. Die Achse dieses Doppel-
gelenkes ist von vorn, innen und oben nach hinten, außen und unten gerichtet. Dadurch
beschreibt bei der Bewegung das distale Ende der Sternalrippe eine Linie, die von hinten,
innen und unten nach vorn, außen und oben verläuft. (Das Sternum ist dabei als feststehend
gedacht). Die Achsen dieser Gelenke sind aber nicht alle untereinander parallel,
sondern die hinteren weisen entsprechend wie bei den Vertebralrippengelenken eine größere
Neigung auf. Die Sternalrippen sind gerade gestreckt und nehmen von den vorderen
zu den hinteren an Länge zu. Die letzten falschen Rippen haben entweder eine gemeinsame
Sternalrippe oder aber ihnen fehlt die Vertebralrippe (Abb. 15). Es ist klar, daß diese letzte
Rippe, die in den Bauchmuskeln endet, an der aktiven Erweiterung des Thorax keinen
Anteil haben kann.
Durch die Gelenkung der Vertebralrippe am Wirbel und die der Sternalrippe am
Sternum ist die Bewegung zwischen den beiden Rippenkomponenten festgelegt: es findet
eine Änderung des Winkels zwischen Vertebralrippe und Sternalrippe statt einmal in der
Ebene, die durch die Seitenfläche des Rumpfes, zum anderen in der Ebene, die durch ein
gegenüberliegendes Rippenpaar gegeben wird.
Eine Merkwürdigkeit der Vogelrippe ist der Hakenfortsatz, P r o c e s s u s uncinatus ,
an der Vertebralrippe, den man sonst n ur noch bei Hatteria und den Crocodiliern kennt.
E r befindet sich bei den Vögeln an jeder echten Rippe und häufig auch an den kopfwärts
gelegenen falschen Rippen. Die Länge dieser Knochen ist nicht bei allen Vogelarten gleich.
Extreme dieser Bildungen finden wir auf der einen Seite bei den Wehrvögeln, Anhinae,
die überhaupt keine derartigen Anhänge haben, auf der anderen Seite z. B. bei den Pinguinen,
wie Spheniscus, der besonders lange Gebilde aufweist.
Wenn man sich über die Bedeutung dieser Knochenstücke klar werden will, so muß man
berücksichtigen, daß sie sich aus eigenen Knoehenkernen entwickeln (Beh r en s , 1880) und
zunächst nur durch ein Ligament mit der Vertebralrippe verbunden sind. Eine derartige
Verbindung bleibt bestehen bei A p te ry x und Aptenodytes (Be h r en s , ebenda); sonst aber
findet im allgemeinen eine knöcherne Verwachsung zwischen diesen beiden Knochen statt.
Vertebralrippe und Processus uncinatus sind ferner durch das Lig. trianguläre miteinander
verbunden (Abb. 14). — Zum anderen ist die Tatsache wichtig, daß diese Knochen
flach dem Thorax aufliegen. Sie können deshalb einem Druck auf den Thorax von innen
nach außen noch wen iger Widerstand leisten als von außen nach innen, da sie von außen
her die Rippen häufig überdecken. — Schließlich kann auch das Lig. trianguläre, das am
dorsalen Rande des Processus uncinatus befestigt ist und sich zum caudalen Rande der dazugehörigen
Rippe erstreckt, keinen Druck auffangen, der senkrecht auf die Fläche der
Processus uncinati auftrifft.
B eh r en s (1880) konnte trotz eingehender Untersuchungen über eine etwaige physiologische
Bedeutung der Hakenfortsätze keine Klarheit gewinnen. E r hielt sie für Reste
von Knochen, die den gemeinsamen Vorfahren der Crocodilier und Vögel eigentümlich
waren. Andere Forscher stehen im allgemeinen auf dem Standpunkt, daß es sich um eine
Einrichtung zur Versteifung und Stärkung des Thorax handelt, die von ihnen als besonders
wichtig für den Flug angesehen wird. Es seien hier neben den Lehrbüchern hauptsächlich
genannt: T ied em a n n (1810), P r e ch t l (1846), Gu r l t (1847), F ü r b r in g e r (1888), Ga -
DOW (1891), Sie f e r t (1896), B a e r (1896) und schließlich Groebb els (1932), der besonders
auf den Wasserdruck hinweist, aus dem die langen Processus hei den Tauchvögeln resultieren
sollen. Schon allein der anatomische Bau beweist, wie gesagt, daß ein von außen nach
innen gehender Druck von diesen Fortsätzen nur in geringem Maße aufgefangen werden
kann. Es ist deshalb die Frage aufzuwerfen, ob denn überhaupt ein derartiger Druck auf-
tritt. Das ist nicht der Fall. Der Innendruck des Tieres muß praktisch immer gleich dem
äußeren Druck bleiben. Oben war gezeigt worden, welch enormer Druck auftritt, wenn
diese Gleichheit nicht besteht. Zum anderen müßten da, wo keine Hakenfortsätze vorhanden
sind, diese Druckwirkungen zum Ausdruck kommen; es sei in diesem Zusammenhang
auf die Wehrvögel, Anhinae, sowie auf die Bauchflächen aller Vögel hingewiesen. Sicherlich
wird auch dieser Knochenfortsatz eine gewisse Festigkeit des Thorax gewährleisten,
was noch durch die bandartige, von der Spitze des Processus uncinatus zur nächstfolgenden
Rippe oder deren Hakenfortsatz ziehenden Membran unterstrichen wird. Aber die Befestigung
des Thorax und das Auffangen eines Druckes von außen nach innen oder umgekehrt
kann nicht die Hauptaufgabe der Hakenfortsätze sein, auch nicht für die Tauch-
vögel! Auch hier wird ja nur ein kleiner Teil des Thorax, namentlich nur der, an dem sich
die Processus befinden, gestützt. Zudem muß auch unter Wasser der Innendruck des Vogels