veticus, bei dem Kammolch und dem Marmormolch beobachtet werden konnte. Doch diese
Arten sind von nicht unbeträchtlicher ökologischer Valenz und nicht an enge Bezirke gebunden.
Im Gegensatz dazu sind die Arten der Gruppe Euproctus-Pachytriton an Bergbäche
gefesselt; ihrer Verbreitung stellen sich daher bedeutendere Hindernisse in den
Weg; auch bei Triturus alpestris ist es ähnlich, so daß wir die Arten dieser Gruppen auf
enge Gebiete beschränkt antreffen.
Man hat ja häufig den Eiszeiten einen gewaltigen Einfluß auf die Verbreitung der
Tierarten eingeräumt, und besonders B o l k a y hat diese Gesichtspunkte für die Schwanzlurche
in Anwendung zu bringen versucht. Aber im Gegensatz zu den Verhältnissen bei
gewissen Anuren, wo M e r t e n s (1928) so schön zeigen konnte, daß die Ausbildung der
Unken Deutschlands in engem Zusammenhang mit der Eiszeit erfolgte, erscheinen mir
diese Gesichtspunkte für die Urodelen wenig in Anwendung gebracht werden zu können1).
Vergleichen wir z.B. die Karte, welche S c h u l z e (1926) über die stärkste Vereisung Europas
entwirft, so müssen wir feststellen, daß durch diese Bedingungen die heutige Verbreitung
der Schwanzlurche nicht geklärt zu werden vermag. Am ehesten wären noch die
Verhältnisse, welche w ir bei Triturus cristatus feststellen, mit diesen Befunden in Einklang
zu bringen; das Zurückdrängen auf den Donauraum, die Abdrängung des T. cristatus
carnifex nach Italien ließe sich so wohl zwanglos klären. Aber die Differenzierung des
Triturus marmoratus bleibt auch dann eine ungeklärte Frage. Wenn es auch zweifellos
sicher ist, daß die Eiszeiten nicht ohne Einfluß auf die Verbreitung der Schwanzlurche
geblieben sind, so müssen wir doch anderen erdgeschichtlichen Ereignissen einen ausschlaggebenderen
Einfluß zubilligen, und zwar Ereignissen, die bedeutend weiter zurückliegen.
Gerade die Mertensiella-Chioglossa-Gruppe ist hier von Interesse, da wir feststellen mußten,
daß Chioglossa heute auf westliche Randgebiete der Pyrenäen-Halbinsel beschränkt
ist. Auch bei anderen Urodelenarten wurde aus der heutigen Verbreitung wahrscheinlich,
daß diese Arten in ihrer heutigen Erscheinungsform bereits ausgebildet waren, ehe die B ildung
des Mittelmeeres vor sich ging, und daß im Laufe der erdgeschichtlichen Entwicklung
Populationen solcher Arten in Gebieten erhalten blieben, die heute die spanische
Halbinsel bilden. Mertensiella caucasica blieb im Kaukasusgebiet erhalten, von dem bekannt
ist, daß es seit dem Eocän nur wenig Veränderungen unterlag.
M e r t e n s (1925) hat die geologische Entwicklung der spanischen Halbinsel dargelegt
und dabei deutlich gemacht, daß das atlantische und das mediterrane Gebiet dieser Halbinsel
eine ganz verschiedene Geschichte haben. Schon seit der Kreidezeit blieb der nordwestliche
Teil der Pyrenäenhalbinsel im wesentlichen unverändert und von ausgedehnteren
Überflutungen verschont. Der östliche Teil dieser Halbinsel war dagegen in der
Kreidezeit vom Meere bedeckt; dies blieb bis in alttertiäre Zeiten erhalten. Im jüngeren
Palaeocän erfolgte eine starke Meeresregression, die die ganze Pyrenäenhalbinsel mit den
Balearen, Korsika und Sardinien zu einer einzigen großen Halbinsel vereinigte. An Stelle
der heutigen Pyrenäen und des Garonnebeckens tra t dann im Eocän eine Trennung zwischen
dem europäischen Festland und dem iberischen Gebiet ein; eine Verbindung zwischen
Mittelmeer und dem Atlantischen Ozean bestand. Weite Gebiete des nordöstlichen und südöstlichen
Gebietes waren dabei vom Meere bedeckt. Durch Bodensenkungen entstanden
dann in der Oligocän-Miocänzeit auf weiten Flächen Süß- und Brackwasserseen, und durch
J) Erwähnt sei jedoch in diesem Zusammenhang, daß wir einerseits Unken im Westen Europas und anderseits in östlichen
Gebieten Asiens antreffen, während in den dazwischenliegenden Gebieten solche Froschlurche fehlen. Wir können
also eine Verbreitung feststellen, die an die für die Gattungen Euprodus-Pachytrilon dargelegte erinnert.
das Tal des Guadalquivir bestand eine Verbindung mit dem Atlantischen Ozean. In die
Miocänzeit fällt auch die Bildung der Pyrenäen und der übrigen Glieder des Alpensystems.
Im Pliocän erfolgte dann wieder eine starke Meeresregression, und im Oberpliocän bildete
sich die Straße von Gibraltar aus.
Diese Mannigfaltigkeit der erdgeschichtlichen Entwicklung dieses engen Gebietes zeigt
uns wiederum deutlich die Schwierigkeiten fü r die Verwendung zoogeographischer Schlüsse.
Aber wir erkennen, daß gerade Teile der spanischen Halbinsel bereits seit mindestens der
Kreidezeit von Meeresüberflutungen verschont blieben, und da wir andererseits bereits im
Eocän rezente Schwanzlurchgattungen fossil nachweisen können und außerdem hochentwickelte
Salamandriden in Gebieten erhalten finden, die bereits lange Zeit isoliert sind, so
werden wir zu der Annahme genötigt, daß die Schwanzlurche bereits vor dem Tertiär ihre
wichtigsten Entwicklungslinien vollendet hatten; sie waren zum Teil in Arten unterschieden,
die den heutigen außerordentlich ähnlich oder gleich waren. Ich nehme an, daß die
Trennung des Verbreitungsgebietes Teich-Fadenmolch und Kamm-Marmormolch bereits
im Eocän erfolgte und von oligocän-miocänen Zeiten ab ein langsames Vordringen der
Arten stattfand; das stände in Übereinstimmung mit den oben referierten Darlegungen
über die erdgeschichtlichen Verhältnisse. Auch für die anderen Arten wird ein solch hohes
Alter sehr wahrscheinlich; die vielfältigen Ereignisse erdgeschichtlicher Art in Verbindung
mit der ökologischen Valenz der Arten hat dann die heutige Verbreitung ergeben.
Wir sehen also, daß ein hohes Alter der Schwanzlurcharten angenommen werden muß.
Diese Erkenntnis ist in unserem Zusammenhang von W ichtigkeit. Es würde den Rahmen
dieser Arbeit überschreiten, wenn ich hier diesen interessanten Fragen näher nachgehen
wollte. Ich behalte mir dies an anderer Stelle vor.
c) Palaeogeographische Schlüsse.
Ich habe bereits früher darauf hingewiesen, daß die genaue Kenntnis der Anatomie
und Biologie auch manch interessanten, palaeogeographisch wertvollen Schluß ergeben
wird. F ü r die Urodelen ist bekannt, daß diese im allgemeinen auf gemäßigte Klimate beschränkt
sind und daß eine gewisse Feuchtigkeit unumgängliche Lebensvoraussetzung für
diese nackthäutigen Tiere ist. Ausgesprochen tropische und subtropische Gebiete werden
von Urodelen heute wohl nicht bewohnt. Gerade für das Geiseltal sind aber von W e i g e l t
solche Vorstellungen entwickelt worden, und dazu scheint das Vorkommen eines Schwanzlurchs
zunächst in Widerspruch zu stehen. Doch W o l t e r s t o r f f hat darauf hingewiesen,
daß die derben Knochenleisten am Schädel der Tylototritonen eine gewisse Parallele in den
derben Kopfknochen gewisser tropischer Bufonen hat und vielleicht mit einer ähnlichen
Verbreitung in relativ warmen Gebieten in Verbindung steht. Wenngleich die Tylototritonen
der rezenten Fauna meist nur in höher gelegenen Gebieten gefunden werden, so ist
doch sicher, daß die Wärme dieser Gegenden oft recht beträchtlich werden kann. Somit
wären also die über das Geiseltal erörterten klimatischen Vorstellungen mit der Tatsache
des Vorkommens urodeler Amphibien noch in Einklang zu bringen. Ich habe bereits oben
beiläufig die Häufigkeit des Vorkommens neotener Urodelen in den südlichen Gebieten
Nordamerikas bemerkt, und es ist interessant, daß auch das Geiseltal eine neotene Form
auf weist. Ob dies mit der relativ hohen Wärme dieser Gebiete im Zusammenhang steht,
ist eine Frage, die nicht sicher entschieden werden kann. Unsere Kenntnisse über die
Metamorphose auslösenden Faktoren ist noch zu gering, um diese Frage zu entscheiden.