wirt einschloß, der ja wegen der starken Verbreitung des Parasiten in diesem Dorfe, nicht
gerade eine seltene Form sein konnte. Diese Liste bot die Grundlage fü r die folgenden Experimente,
die mit Mollusken des Hamburger Elbgebietes durchgeführt wurden. Die
Weichtierfauna dieses Gebietes stimmt annähernd mit der des ostpreußischen Opisthorchis-
Herdes überein. Trotzdem drohte den Versuchen zunächst die Gefahr, daß vielleicht gerade
der Opisthorchis-Überträger im TJnterelbe-Gebiete nicht vorhanden ist. Diese Möglichkeit
ließ sich aber bald durch die Beobachtung ausschließen, daß 0. felineus auch im Hamburger
Gebiete endemisch ist. Schon vor Jah ren hatte Prof. FÜ L L E B O R N bei einer
Hamburger Katze Opisthorchis angetroffen. Wegen der Einmaligkeit des Falles war allerdings
denkbar, daß es sich um eine importierte Katze gehandelt hatte, insbesondere da es
K a t s u r a d a (1914) durch Verfütterung von Elbe- und Alsterfischen nicht gelungen war,
eine OpisffeorcMs-Infektion bei Katzen zu erzielen. 1931 konnte ich aber durch Verabreichung
von 7 großen Schleien (Tinca tinca) der TJnterelbe an eine vorher negativ befundene
Katze 35 Opisthorchis Exemplare heranzüchten. Damit war das Vorkommen von
Opisthorchis im Hnterelbe-Gebiet siehergéstellt und infolgedessen mußte auch der
Scbneeken-Zwischenwirt hier vorhanden sein. Anderseits ging hieraus hervor, daß hiesige
Schnecken nicht, wie ich anfangs glaubte, ohne weiteres als opisthorchisfreäe Versuchstiere
betrachtet werden können.
Wie bereits B r a u n 1893 festgestellt hat, enthält das Opisthorchis-Ei bei seiner Ablage
ein voll entwickeltes Miracidium, das unter natürlichen Bedingungen, d. h. wenn das
Ei in Wasser gelangt, seine Schale nicht verläßt, sich also ganz wie das von Clonorchis
sinensis verhält. Es war somit zu erwarten, daß das Miracidium erst im Darme eines Zwischenwirtes,
eines Wassermollusken, ausschlüpft. Infolgedessen mußten die Opisthorchis-
Eier im Versuche an die Weichtiere verfüttert werden. Als ständiger Eilieferant diente
mir ein Kater, den ich 1928 aus Ostpreußen nach dem Hamburger Institute überführt
hatte und der bis zu seinem natürlichen Tode 4 J ah re lang Opisthorchis-Eier in der
gleichen enormen Menge wie anfangs ausschied. Der frische Katzenkot wurde zunächst
mit reichlich Wasser auf geschwemmt, durch 4—6mal wiederholtes Sedimentieren und
Abgießen des überstehenden Wassers wurde schließlich ein reiner Bodensatz erhalten, der
fast nur aus unverdaulichen Nahrungsresten und großen Mengen von OpisthörcMs-Eiern
bestand. Dieses Sediment wurde nun in einer Glasschale mit den Versuchsschnecken zusammengebracht.
So gut wie alle Schnecken nahmen den Bodensatz bereitwillig als Nahrung
auf, besonders dann, wenn sie 1— 2 Tage vorher gehungert hatten. Die nach der
Mahlzeit abgesetzten Kotballen enthielten stets Opisthorchis-Eier, entdeckelte oder unveränderte.
in reichlicher Zahl. Nach 6—24 Stunden wurden die Schnecken aus dem Infektionsgefäß
entfernt und in Aquarien überführt. In einigen Versuchen wurde das Eimaterial
auch einfach in das für den endgültigen Aufenthalt der Mollusken bestimmte
Aquarium hineingeschüttet. Der besonderen Ernährungsweise der Muscheln wurde dadurch
Rechnung getragen, daß die Eier durch öfteres Umrühren des Wassers am Absinken
verhindert wurden und so leichter in die Mundöffnung der Schaltiere eingestrudelt
werden konnten.
Die verwendeten Mollusken waren fü r gewöhnlich im Freien gefangene Exemplare.
Nur von Bithynia tentaculata und Limnaea stagnalis wurden zum Teil auch im Aquarium
aus Laich gezüchtete Exemnlare benutzt. Bei den im Freien gefangenen Tieren war n a tü rlich
ein schon bestehender Trematodenbefall nicht auszuschließen, selbst wenn bei Beginn
des Versuches keine Cercarien ausschwärmten. Um hierdurch entstehende Täuschungen
nach Möglichkeit auszuschließen, wurden Kontrollserien mit Schnecken der gleichen Fundstellen
unter gleichen Bedingungen, aber unter Weglassung der Eimahlzeit, angesetzt.
6 bis 9 Wochen nach der Infektion wurden die Mollusken-zur Prüfung auf das Ausschwärmen
von Cercarien wiederholt in kleine Glasgefäße überführt und schließlich unter dem
Präpariermikroskop zerlegt.
V o r v e r s u c h e : In den Jah ren 1929 und 1931 wurden nach und nach in zahlreichen
Versuchsserien 13 Schnecken- und 5 Muschelarten einer Infektion mit Opisthorchis-Eiern
ausgesetzt. Von den empfindlicheren Arten ging ein großer Teil der Exemplare vorzeitig
ein und von Amphipeplea glutinosa, Radix ampla und Sphaerium rivicola konnten in der
Gefangenschaft überhaupt keine Exemplare genügend lange am Leben erhalten werden.
Die beistehende Liste gibt die bis zum Versuchsende gehaltenen 11 Schnecken- und 4
Muschelarten sowie die Zahl der überlebenden Exemplare an.
S c h n e c k e n :
Limnaea stagnalis 78
Radix ovata 36
Stagnicola palustris 15
Physa fontinalis 48
Coretus corneus 34
Planorbis planorbis 37
Bithynia tentaculata 173
„ leachi 9
Vivipara vivipara 37
„ fasciata 34
Valvata piscinalis 24
Mus c h e l n :
Anodonta spec. 29
Unio spec. 14
Sphaerium corneum 4
Dreissena polymorpha 30
Da der verwandte chinesische Leberegel, Clonorchis sinensis, durch ostasiatische
Bithynia-Arten übertragen wird, so lag die Vermutung nahe, daß 0 . felineus vielleicht
unsere einheimischen Bithynia-Arten als Zwischenwirte benutzt. Aus diesem Grunde ist
Bithynia tentaculata in den Versuchen besonders zahlreich verwendet worden. Von unsere
r zweiten Bithynia-Axt, B. leachi, die wesentlich seltener ist als B. tentaculata, standen
mir zunächst nur wenige Exemplare zur Verfügung, die überdies die Gefangenschaft
schlecht vertrugen. Die Versuche mit Muscheln wurden erst nach Mißlingen der ersten
Schneckenexperimente angesetzt. Gewisse Übereinstimmungen in der Verbreitung von
Dreissena und Opisthorchis ließen mich vorübergehend daran denken, daß vielleicht diese
Art als Zwischenwirt in Frage kommen könnte. Sowohl das Opisthorchis-Vor kommen wie
die Dreissena- Verbreitung sind vorwiegend an die Niederungen, insbesondere an die Unterläufe
und Deltas größerer Flüsse gebunden. Später stellte sich allerdings heraus, daß
Opisthorchis-Eier im Darmkanale dieser Muschel überhaupt nicht ausschlüpfen.
Das Ergebnis all dieser Versuche sowohl mit Schnecken wie mit Muscheln war enttäuschend.
In keinem Falle kamen „Opisthorchis-verdächtige“ Cercarien zur Entwicklung.
Auch die Bithynia-Serien, auf die ich die meisten Hoffnungen gesetzt hatte, ergaben keine
Cercarien. In zwei Exemplaren von B. leachi tra f ich allerdings junge Trematodenstadien
an, die wenigstens einen gewissen Verdacht erweckten, mit dem Opisthorchis-Zjklus in
Zusammenhang zu stehen. In dem einen Falle fand ich 6 V2 Wochen nach der Infektion in
der Gegend des Enddarmes einige schlauchförmige, ca. IV2 mm lange Sporocysten, die
Keimballen - 3 offenbar in Entwicklung begriffene Redien ^ ¿ ¡en th ielten . Ein Befall der