chen Bedingungen angesetzte Experiment, aber unter Verwendung von jungen S t i c h l
i n g e n (Gasterosteus aculeatus). Das Resultat ist ein völlig anderes. Keine einzige Cer-
carie setzt sich an der äußeren Haut des Körpers und der Flossen fest, obwohl die
Larven genau so mit dem lebhaft beweglichen Fischchen in Berührung kommen müssen
wie im Schleienversuch. Zahlreiche Cercarien werden mit dem Atemwasser in die Mund-
und Kiemenhöhle eingesaugt und bleiben zum Teil vorübergehend an dem Filter der
Kiemen hängen. Es handelt sich hierbei zweifellos um einen rein mechanischen Vorgang.
Als ich einen Stichling ca. 20 Minuten nach Beginn des Versuches untersuchte, saß eine
Anzahl von schwanzlosen Cercarien zwischen den Kiemenblättchen und führte eine Art
von Bohrbewegungen aus, ohne aber wirklich einzudringen. Auch in den übrigen Geweben
des Körpers konnten keine Cercarien aufgefunden werden. Ein zweiter Stichling wurde
19 Tage nach dem Infektionsversuch sorgfältig untersucht. Weder in der Haut und
Muskulatur noch der Mund- und Kiemenhöhle konnten Opisthorchis-Cjsten angetroffen
werden. Dieses völlig verschiedene Verhalten der 0 pisthorchis-Cer carien einer Schleie und
einem Stichlinge gegenüber ist nu r damit zu erklären, daß der Pa rasit imstande ist, eine
Auswahl unter seinen Opfern treffen.
Weitere Infektions versuche wurden mit einer jungen Regenbogenforelle (Trutta
iridea), einem Schlammpeitzger (Misgurus fossilis), einem jungen Aale (Anguilla anguilla),
einem jungen Flußbarsch (Perca fluviatilis) und vier halberwachsenen Goldfischen
(Carassius auratus) angestellt. Obwohl ich diese Fische großen Mengen von Cercarien
ausgesetzt habe, enthielten sämtliche einige Wochen später keine Opisthorchis-Cysten. Bei
der Untersuchung wurde der ganze Fischkörper stückchenweise mit Hilfe des Trichinen-
Kompressoriums durchmustert oder der ganze Fisch wurde fein gehackt und mit Magensaft
bei 37° verdaut, so daß kaum eine Cyste übersehen werden konnte.
Auch unter diesen auf experimentellem Wege festgestellten Nichtwirten befinden
sich zwei Vertreter der Familie Cyprinidae, nämlich Misgurus fossilis (Unterfam. Cobi-
tinae) und Carassius auratus (Unterfam. Cyprininae). Meine Versuche mit? mehreren
jungen K a r a u s c h e n (Carassius carassius) fielen zuerst ebenfalls negativ aus. Einige
Opisthorc/m-Cercarien faßten zwar Fuß auf der Fischhaut und krochen umher, drangen
aber nicht ein, so daß alle Bemühungen, Cercarien oder Cysten unter der Haut, in den
Flossen und in der Muskulatur anzutreffen, fehlschlugen. Schließlich entdeckte ich in der
Querschnittserie durch die Kopf- und Kiemenregion zweier Karauschen, von denen die
eine 1 Stunde, die andere 14 Stunden nach Infektionsbeginn fixiert worden war, einige
Cercarien im Gewebe der Kiemen, des Gaumens und der Zunge. In der Karausche haben
wir also eine Fischart vor uns, bei der eine Hautinfektion nicht stattfindet, wohl aber
einige Cercarien durch die Mund- und Kiemenhöhle Eingang finden können. Die Zahl der
letzteren war aber trotz gleicher Infektionsmöglichkeiten wesentlich geringer als bei der
Schleie. Die Karausche dürfte infolgedessen — vorausgesetzt, daß sich diese Larven überhaupt
zu infektionsfähigen Metacercarien entwickeln, was ich bisher noch nicht geprüft
habe — praktisch als Opisthorchis-Überträgerin nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen.
D a s H a u p t e r g e b n i s a l l d i e s e r Ve r s u c h e i s t di e T a t s a c h e , d a ß di e
0 p i s t h o r c h i s - C e r c a r i e n i c h t w a h l l o s j e d e F i s c h a r t b e f ä l l t , s o n d e r n
d e u t l i c h e U n t e r s c h i e d e ma c ht . Es frag t sich nun, w ie diese Auswahl stattfindet.
Wir hatten gesehen, daß die freischwimmende Cercarie zunächst von der Anwesenheit des
Fisches gar keine „Notiz nimmt“ und erst im Augenblicke der Berührung mit dem richtigen
Wirte ihr Verhalten ändert. Eine Unterscheidung richtiger und falscher Wirte dürfte
also erst beim unmittelbaren Kontakte mit der Fischhaut getroffen werden. Es liegt nahe,
anzunehmen, daß vielleicht von der die Haut bedeckenden Schleimschicht eine spezifische
Wirkung, vermutlich chemischer Natur, auf die Cercarie ausgeht. Hierbei sind zwei Möglichkeiten
denkbar: entweder regen die Hautausscheidungen richtiger Wirte zum Eindringen
an oder es üben diejenigen falscher Wirte eine abstoßende Wirkung aus. Ich habe versucht,
diese Frage durch zwei „Ma s k i e r u n g s e x p e r ime n t e “ zu entscheiden.
1. Ein lebender kleiner Stichling (falscher Wirt) wurde auf seiner ganzen Körperoberfläche
mit dem frischen Hautschleim einer Schleie (richtiger Wirt) bepinselt und in
einer kleinen Glasschale mit zahlreichen Opisthorchis-Cerca,rien zusammengesetzt. Mit diesem
E xperiment sollte versucht werden, Opisthorchis-Cercarien durch eine vom richtigen
Wirte herrührende „Schleimmaske“ in einen falschen Wirt hineinzulocken. Das Ergebnis
war negativ. Als der ganze Körper des Stichlings 17 Stunden später sorgfältig untersucht
wurde, konnten keine eingedrungenen Cercarien gefunden werden.
2. Eine junge 3 cm lange Schleie wurde mit dem zähen Schleim eines Aales am ganzen
Körper bestrichen und dann einer Cercarien-Invasion ausgesetzt. Dieser Versuch sollte
zeigen, ob der Schleim eines falschen Wirtes eine abstoßende Wirkung besitzt und imstande
ist, die Infektion eines richtigen Wirtes zu verhindern. Um die Möglichkeit zu verringern,
daß eine Infektion der Schleie nach vorzeitiger Ablösung des Schleimes zustande kommt,
wurde der Fisch nach einer halben Stunde in cercarienfreies Wasser überführt. Als das
Versuchstier nach 48 Stunden getötet und untersucht wurde, zeigte sich, daß trotz des
Aalschleimes Cercarien in Haut und Muskulatur eingedrungen waren. Eine Abwehr hatte
also nicht stattgefunden. Wegen des negativen Ergebnisses beider Versuche bin ich außerstande
zu entscheiden, ob bei der Auswahl des Wirtsfisches Anlockung oder Abstoßung der
Cercarien eine Rolle spielt. Ich möchte aber keineswegs hieraus folgern, daß der Schleim
überhaupt ohne Bedeutung für die Wirtswahl ist. Ich glaube vielmehr, daß meine Versuchsbedingungen
nicht vollkommen genug waren, daß insbesondere der aufgelegte
Schleim durch die Bewegungen der Fische sich zum Teil vorzeitig abgelöst hatte.
In den beiden Versuchen konnte noch ein Nebenbefund erhoben werden, der Anlaß zu
weiteren Experimenten gab. Am Boden der Versuchsgefäße fanden sich nämlich neben
abgeworfenen Schwänzen auffallend viele schwanzlose Cercarienkörper. In der Annahme!,
daß die Ablösung der Schwänze vielleicht mit dem im Wasser gelösten Fischschleim in
Zusammenhang stand, überführte ich versuchsweise 0 pisthorchis-Carcarievi in verschiedene
Schleimlösungen. Von zwei lebenden großen Brachsen (Abvavnis brawitt) wurde mit
einem Holzspatel der Hautschleim abgeschabt und mit ca. 25 ccm Leitungswasser dureh-
schüttelt. Nur ein Teil des Schleimes ging in Lösung, die übrigbleibenden Flocken wurden
abfiltriert. Zu der klaren Schleimlösung wurden in einem kleinen Glasschälchen 22 Cercarien
gegeben. Ein zweites Gefäß m it Cercarien in reinem Leitungswasser diente als Kontrolle.
In dem Schleimwasser ließen die Schwimmbewegungen der Cercarien bald nach. Die
Larven lagen-vorwiegend am Boden und begannen, an Energie zunehmende Streck- und
Kontraktionsbewegungen mit ihrem Vorderkörper auszuführen. Die Kontroll-Cerearien
dagegen zeigten die normale Schwimmbewegung. Nach 10 Minuten hatte sich in der
Sehleimlösung der erste Cercarienschwanz abgelöst, nach 20 Minuten drei weitere, nach
30 Minuten war über die Hälfte der Cercarien schwanzlos und nach 45 Minuten wurde
nur noch eine Larve im Besitze ihres Schwanzes angetroffen. Der Mechanismus des
Schwanzabwerfens konnte mehrmals unter dem Mikroskope genau verfolgt werden. Die
hintere Partie des Körpers, die die Schwanzwurzel umgreift, zog sich ringartig zusammen,
Zoologica, Heft 86. 7