Luftblasen befanden. Auch unter diesen Umständen, nach völliger Ausschaltung der Luft,
schwammen die Cercarien nach dem Boden des senkrecht aufgestellten Röhrchens. Eine
Drehung um 180° bewirkte eine Umkehr der Schwimmrichtung.
Nach Ausschluß von Licht-, Wärme- und Lufteinflüssen bleibt als Erklärung für die
Abwärtsbewegung nur die Schwerkraft übrig. Die Opisthorchis-Cercarie besitzt zweifellos
eine echte p o s i t i v e Ge ot a xi s . Der Einfluß der Schwerkraft übertrifft, wie wir oben
gesehen hatten, den des Lichtes.
R e a k t i o n a u f E r s c h ü t t e r u n g s r e i z e : Wenn man das Versuchsgefäß bzw. das
Wasser durch einen leichten Stoß erschüttert, dann schwimmen in Ruhestellung befinliche
Cercarien schlagartig ein Stück vom Boden in die Höhe. Schon die Erschütterungs- und
Berührungsreize, die von der Schwimmbewegung einzelner Larven ausgehen, genügen
häufig, um benachbarte Cercarien in die Bewegungsphase zu versetzen und mitzureißen.
Es handelt sich bei dieser Reaktion nicht um gerichtete Bewegungen auf die Reizquelle
zu oder von ihr weg,sondern lediglich um ein ungeordnetes „diffuses“ Aufwärts wirbeln, wie
es auch spontan zwischen den Ruhepausen stattfindet. Wir können deshalb nicht von einer
Taxis sprechen. Die gleiche Reaktion wird voraussichtlich unter natürlichen Umständen
auch von den Wassererschütterungen ausgelöst, die die Flossen- und Atembewegungen in
Bodennähe schwimmender Fische verursachen. Hierbei kämen die emporwirbelnden Cercarien
in die unmittelbare Nachbarschaft ihres zweiten Zwischenwirtes und die Infektionschancen
wären besonders günstig.
L e b e n s d a u e r : Wenn die Opisthorchis-Larve keine Gelegenheit hat, in ihren
Zwischenwirt einzudringen, dann ist ihre Lebensdauer wie die aller Cercarien eng begrenzt.
Eine größere Menge frischgeschlüpfter Cercarien wurde in einem Glasschälchen
bei Zimmertemperatur beobachtet. Nach 24 Stunden waren fast noch alle am Leben und
gut beweglich. Nach 48 Stunden war die Hälfte tot und der Rest bewegte sich nur noch
sehr träge. Nach 53 Stunden waren so gut wie alle Cercarien tot. Nur ganz vereinzelte
führten am Boden liegend noch schwache zuckende Bewegungen mit dem Vorderkörper
aus. Schwimmbewegungen waren auch durch stärkere Erschütterungsreize nicht auszulösen.
Die Lebensdauer der Opisthorchis-Cercarie ist also auf etwa 24 bis 53 Stunden zu
veranschlagen.
Ich habe bei Opisthorchis-Cercarien wohl gelegentlich ein spontanes Abwerfen des
Schwanzes, niemals aber eine E n c y s t i e r u n g im f r e i e n Was s e r , unabhängig vom
Fischwirt beobachten können und halte ein solches Ereignis überhaupt für sehr unwahrscheinlich.
F a u s t und K h a w (1927) schreibenS. 64/65 über die Clonorchis-Cercarie: „Even
in case the cercaria does not reach a fish, decaudation and eneystment may take place...
Ordinarily death of the encysted larve, lying a t the bottom of the water results when the
reserve of food had been exhausted.“ S. 68 erwähnen die beiden Autoren, daß sie im
Wasser frisch infizierter Fische freie Cysten angetroffen haben, die sich nach zu oberflächlicher
Anheftung an den Schuppen wieder abgelöst hatten. Vielleicht haben solche
Cysten eine Encystierung im freien Wasser vorgetäuscht.
5. Invasion des zweiten Zwischenwirtes.
a) D e r B e f a l l des F i s c he s .
Junge Grünschleien (Tinea tinca) von ca. 3 cm Länge wurden einzeln in kleinen Glasschälchen
von ca. 4V2 cm Durchmesser mit zahlreichen Opisthorchis-Cerc&rien zusammengebracht
und unter dem Präpariermikroskop beobachtet. Trotz der lebhaften Bewegungen
der Fische setzte sich sofort eine Anzahl der Larven an der Haut des Körpers, des nopfes
und der Flossen fest (T. III, Abb. 19). Besonders die Schwanzflosse bildete eine bevorzugte
Angriffsfläche. F a u s t und K h a w schreiben über die Fischinfektion mit Clonorchis-Cercarien:
„The actual method by which the fish becomes infected with the larval fluke, as
observed by N a g a n o (1925, 1926) and by us, consists in the swarming of the cercariae
toward the fish in their immediate vicinity.“ Ich habe bei Opisthorchis-Cercarien niemals
eine Anlockung durch den Fisch, selbst nicht auf geringe Entfernungen, auch keine
Schwarmbildung in der Nachbarschaft des Zwischenwirtes beobachten können, im Gegenteil,
die freischwimmenden Larven schienen überhaupt keine „Notiz“ von der Gegenwart
ihres Zwischenwirtes zu nehmen. Nur dann, wenn sie zufällig mit seiner Haut in B erührung
kamen, ergriffen sie blitzschnell Halt. Mil l e r und McCoy (1930) berichten über ein ganz
ähnliches Verhalten der schon erwähnten Cercaria floridensis. Die Gelegenheit zu Berührungen
mit der Fischhaut ist einmal durch die auf- und abführenden Ortsveränderungen
der Cercarien selbst und zweitens durch die Bewegungen des Fisches gegeben. Es
ist sicher kein Zufall, daß gerade die am meisten bewegten Teile des Fisches, nämlich die
Flossen, so stark befallen werden und unter diesen wieder die Schwanzflosse am stärksten,
die die weitesten Ausschläge durchs Wasser ausführt. Ein Einfluß der Bewegung des
Fisches ging auch aus Versuchen mit Hautmuskelstückchen frisch getöteter Schleien und
Goldorfen hervor, die — obwohl an der Lichtseite des Gefäßes im dichtesten Cercarien-
gewimmel liegend so gut wie ga r nicht befallen wurden. Unmittelbar nach dem Festheften
der Cercarien an die Haut der jungen Schleie wurden die Schwänze abgeworfen.
Dieser Vorgang mußte überaus rasch erfolgen, denn es gelang fast niemals, festsitzende
Cercarien zu beobachten, die noch im Besitze ihres Schwanzes waren.
Das Anheften geschah nur mitHilfe der Mundpartie (T.III, Abb. 20a u. 21a). Der übrige
Körper stand frei ab und war häufig etwas ventralwärts gekrümmt. In der vorderen
Körperhälfte verliefen Kontraktionswellen von vorn nach hinten. In dieser Stellung haftete
die Cercarie außerordentlich fest an der Fischhaut und ließ sich auch durch energische
Bewegungen des Wirtes nicht abschleudern. M i l l e r und M cC o y (1930) schreiben dem
Fischschleim eine gewisse Bedeutung beim Anheften der Cercaria floridensis an ihre Fischwirte
zu, derart, daß die Cercarien im klebrigen Schleim gefangen werden. Ich habe
zwar beobachtet, daß Opisthorchis-Cercarien an den Gewebssekreten toter Fischstückchen
haften blieben und energische Befreiungsbewegungen machten, sah aber kaum jemals ein
passives Festkleben der Cercarien an lebenden beweglichen Fischen. Ich möchte der Klebrigkeit
des Fischschleimes auch deshalb keine zu große Bedeutung beim Anheften der
Opisthorchis-Cercarie zusprechen, weil es schwer verständlich wäre, warum die Larven
dann gerade nur an echten Wirten haften sollten und an falschen dagegen nicht.
Einige Minuten nach dem Festhaften begann der Kopfabschnitt der Larve ins Gewebe
einzudringen und nach ca. 15 Minuten war gewöhnlich die ganze Cercarie unter das
Niveau der Haut verschwunden. Als das Wasser des Glasschälchens eine halbe Stunde
nach Infektionsbeginn untersucht wurde, enthielt es keine freischwimmenden Cercarien
mehr, dagegen zahllose abgeworfene Schwänze und einige am Boden liegende schwanzlose
Cercarienkörper.
Die äußere Haut der Fische ist aber nicht die einzige Eintrittspforte der Cercarien.
Unter dem Präpariermikroskop konnte ich deutlich beobachten, daß zahlreiche Cercarien
mit dem A t emw a s s e r in die Mundöffnung eingesaugt wurden. Einen kleinen Teil
Zoologica, Heft 86. ß