immerhin als Resultat gebucht werden, daß eine oder beide unserer Bithynia-Arten mit
Bestimmtheit den ersten Zwischenwirt für 0. felineus abgeben und daß Bithynia leachi
in dieser Beziehung besondere Aufmerksamkeit verdient.
In den folgenden Experimenten wurden die aus dem vorigen Versuch gewonnenen
Erfahrungen verwertet, insbesondere die Anwendung leicht erhöhter Temperaturen beibehalten.
Die Zahl der als Überträger in Frage kommenden Mollusken war jetzt auf die
beiden Bithynia-Arten eingeengt, so daß in den folgenden Versuchen nur noch auf diese
beiden Formen Rücksicht genommen zu werden brauchte.
Neben den Hauptversuchen mit Bithynia leachi wurden im Frü h jah r 1932 zunächst
zwei Serien mit Bithynia tentaculata an gesetzt. Die Wassertemperatur betrug während
der ganzen Versuchsdauer durchschnittlich 25° C. Auch im übrigen entsprach die Methodik
der des letzten Experimentes. Nachdem die Schnecken zu verschiedenen Malen
vergeblich auf das Ausschwärmen von Cercarien geprüft worden waren, wurden sie
— 279 Exemplare - 9 zwischen dem 59. und 80. Tag der Infektion zerlegt und sorgfältig
untersucht. Keine einzige zeigte einen Trematodenbefall, der mit einer Opisthorchis-
Invasion in Zusammenhang gebracht werden konnte. Einige wenige enthielten Redien mit
Fußstummeln; diese wichen aber morphologisch so weit von den für Clonorchis beschriebenen
Redien ab, daß ein Zusammenhang mit Opisthor chis ausgeschlossen schien. Nach
diesem neuen Mißerfolg mit Bithynia tentaculata trotz erhöhter Wassertemperaturen
konnte nunmehr auch diese A rt aus der Liste der verdächtigen Schnecken gestrichen
werden.
Um so wichtiger erschienen die folgenden Versuche mit Bithynia leachi. Die bisherigen
Experimente mit dieser Schnecke hatten darunter gelitten, daß es niemals gelungen
war, mehr als einige wenige Exemplare zu erbeuten und daß die Mehrzahl derselben nach
kurzer Zeit in der Gefangenschaft einging. Im Frühjahr 1932 gelang es dann schließlich,
auf den beiden Elbinseln Finkenwärder und Altenwärder Wasserstellen zu finden, wo
Bithynia leachi häufiger, stellenweise sogar zahlreich auf trat. E rst dadurch waren die
folgenden Versuche möglich geworden. Die erste im Frü h jah r 1932 angesetzte Serie mit
Bithynia leachi brachte in jeder Beziehung einen vollen Erfolg.
Am 14. Mai überführte ich 50— 60 Bithynia leachi var. troschelli P a a sch aus einem
Dorfgraben Finkenwärders in ein Aquarium. Die Schnecken waren teils junge, teils
halberwachsene bis ausgewachsene Exemplare. Am nächsten Tage wurden reichlich Opis-
thorchis-Eier in Form eines ausgewaschenen Sedimentes von Katzenkot hinzugeschüttet,
das sich am Boden des Aquariums absetzte. Die Wassertemperatur schwankte während
der Versuchsdauer zwischen 20 und 24° C und betrug durchschnittlich etwa 22°. Entgegen
früheren Erfahrungen hielten sich die Schnecken dieser Serie ausnehmend gut, so daß ich
bis zum Ende des Versuches fast keine Verluste hatte. Im Laufe des 5. und 6. Ju li —
53 Tage nach Infektion — schlüpften noch keine Cercarien aus, als die Schnecken vorübergehend
in eine kleine Glasschale gebracht wurden. Am 7. Ju li wurde ein Exemplar probeweise
zerlegt. Die Verdauungsdrüse enthielt massenhaft junge und ältere Redien, deren
größte 700 lang waren. Sie waren weißlich durchscheinend, besaßen einen 28 (/. breiten
Pharynx, einen sehr kurzen Darm und unmittelbar neben diesem einige Drüsenzellen, die
am Pharynxhinterende einmündeten. Der größte Teil des Körpers wurde von Keimballen
eingenommen, die noch nicht zu vollen Cercarien entwickelt waren. Außerdem fand ich
einige noch unreife Cercarien in der Präparierflüssigkeit, die offenbar frei im Gewebe der
Mitteldarmdrüse gesessen hatten. Sie zeigten trotz ihrer Unreife auf den ersten Blick eine
auffallende Übereinstimmung mit den schon beschriebenen Cercarien, die im vorhergehenden
Winter in einer Bithynia leachi angetroffen worden waren. Sie besaßen zwei
schwarze Augenflecke, eine Gruppe von Drüsenzellen in der Mitte des Körpers und einen,
allerdings noch wenig entwickelten Flossensaum am Schwänze. Am Enddarm des Zwischenwirtes
saßen ferner noch einige bis 1,6 mm lange Keimschläuche, die als Muttersporocysten
erkannt werden konnten. Sie hatten ihren Inhalt, die jungen Redien, schon fast völlig
entleert; nur einige wenige waren im Innern der Schläuche zurückgeblieben. In nächster
Nachbarschaft der Sporocysten fand ich einige freie junge Redien. Eine einzige Schnecke
hatte somit gleichzeitig alle drei Generationen ihres Trematodenbefalls: Muttersporocysten,
Redien und Cercarien erkennen lassen.
Als die Schnecken dieser Serie am 12. Juli, also 59 Tage nach Infektionsbeginn,
abermals in eine kleine Glasschale gesetzt wurden, schlüpften zum ersten Male Cercarien
aus, am Vormittag noch ganz spärlich, gegen Mittag und Nachmittag in größerer Zahl.
Von nun an schieden die infizierten Schnecken täglich Cercarien aus, bis Mitte Oktober
die letzten zwei Exemplare eingingen. Die Cercarien zeigten, wenn sie in Ruhelage mit
nach oben gerichtetem Schwänze im Wasser schwebten, die gleiche charakteristische Figur,
nicht unähnlich einer gebogenen Tabakspfeife, wie ich sie seinerzeit schon bei den aus
einer Bithynia leachi herauspräparierten Form beobachtet hatte. Die Larven sammelten
sich stets in der Bodenschicht ihres Behälters an, und zwar stets sehr ausgesprochen an
dessen belichteter Seite. Näheres über das Verhalten der Cerearie findet sich in einem
späteren Abschnitt. Morphologisch stimmten die Cercarien völlig mit den schon früher
angetroffenen Formen überein. Die Hauptmerkmale ihres Baues, der später noch ausführlich
behandelt wird, waren wiederum zwei pigmentierte Augenflecke, Bohrdrüsen, eine
große, starkwandige Exkretionsblase, zahlreiche Cystogenzellen, ein nur als Anlage vorhandener
Bauchsaugnapf und ein langer Ruderschwanz mit dorsoventral gelegenem
Flossensaum.
Um festzustellen, wieviele von den 52 am Leben gebliebenen Exemplaren dieser Serie
Cercarien beherbergten, setzte ich jedes Exemplar für sich in kleine Glasschälchen.
38 schieden die beschriebene Cerearie aus, 14 zeigten keinen Befall, auch nicht bei,
wiederholter Untersuchung. Der Prozentsatz der infizierten Exemplare betrug somit 73,
war also auffallend hoch. Keine der Schnecken schied irgendwelche anderen Cercarien-
formen aus. Da ich die Versuchsschnecken in Ermangelung selbstgezüchteter Exemplare
im Freien eingesammelt hatte, so schien es zunächst nicht ausgeschlossen, daß der
Trematodenbefall nicht in der Gefangenschaft erworben, sondern schon vorher latent vorhanden
war, wenn auch vor dem Ansetzen des Versuches keine Cercarien ausschwärmten.
Wegen der geringen Zahl der erbeuteten Schnecken war seinerzeit auf die Anlage einer
Kontrollserie verzichtet worden. Dieses Versäumnis wurde später nachgeholt. In dem
gleichen Grabenabschnitt in Finkenwärder, dem die Versuchsschnecken entstammt hatten,
wurden im Ju li und August, in der gleichen Zeit, in der die Cercarien im Aquarium ausschwärmten,
100 Bithynia leachi eingesammelt und zerlegt. Vier zeigten einen Trematodenbefall:
zwei Exemplare enthielten Gabelschwanz-Cercarien vom Holostomiden-Tjpus, ein
Exemplar monostome Cercarien mit seitlichen Endtaschen des Körpers und Augenflecken
(Typus der Cercaria ephemera) und eine 4. Schnecke enthielt Redien mit Fußstummeln.
Keine einzige zeigte Cercarien oder Redien, die auch nu r annähernd mit den im Aquarium
gewonnenen Formen übereinstimmten. Das Ergebnis — 73% Befall mit einer bestimmten
Cerearie im Experiment und 0% an der Fundstelle im Freien — war eindeutig genug. Es