2. Ein zweites Meerschwein wurde 48 Stunden nach Verfütterung von 400—500
Cysten getötet. Die Ausspülung der Leibeshöhle ergab insgesamt 110 junge Egel. Ich
schnitt dann die Pfortader an und saugte das ausgetretene Blut mit etwas Natrium citri-
cum auf. In dieser Flüssigkeit waren 11 Fasciola enthalten. Dieser Befund muß aber mit
großer Vorsicht beurteilt werden, da die vorausgegangenen Ausspülungen keineswegs die
Gewähr dafür geben, daß alle Würmer aus den Taschen und Falten der Leibeshöhle entfernt
worden waren; denn die Egel vermögen sich mit Hilfe ihrer Saugnäpfe am Peritoneum
festzuheften. Auch nach wiederholten Ausspülungen werden erfahrungsgemäß leicht
noch einige zurückgebliebene Egel gewonnen. Vielleicht war ein letzter Best erst durch
das Natrium citricum zum Loslassen angeregt worden. Beim Auf schneiden und Ausspülen
der herausgelösten Gallenblase kam ein Wurm zum Vorschein; es fragt sich aber, ob nicht
auch dieses Exemplar der Bauchhöhle entstammte und sich an der Außenfläche der Blase
festgesetzt hatte. Der Leber wurde ein Stückchen aus dem linken Lappen für histologische
Zwecke entnommen. Der Best wurde feingehackt und zur Hälfte mit der FÜLLEBORNschen
Gazeanreicherung behandelt. Nach 2 Stunden Brutschrankaufenthalt wurden hierbei 12
junge Fasciola aus der halben Leber gewonnen. Eine Schnittserie des fixierten Stückchens
ließ 3 junge Fasciola erkennen, so daß die Leber im ganzen ca. 27 Parasiten enthalten
haben dürfte. Der histologische Befund erscheint mir deshalb von Interesse, weil er das
jüngste bisher beschriebene Stadium der Leberinvasion betrifft und zugleich einen sicheren
Hinweis auf die Art des Eintritts gibt (T. VII, Abb. 38). Alle 3 Exemplare liegen ausschließlich
in der äußersten Schicht des Leberparenchyms, nur 1—3 Wurmlängen von der Oberfläche
entfernt und sind mit dem Mundsaugnapfe nach der Mitte des Lappens zu gerichtet.
Sie befinden sich am Ende eines sehr kurzen Bohrkanales, der mit einer trichterförmigen
Öffnung an der Leberoberfläche beginnt und vollständig mit entzündlichen Zellmassen
ausgefüllt ist. Es handelt sich vorwiegend um plasmareiche großkernige Zellen, die den
Monocyten des Blutes ähneln, ferner um neutrophile Polymorphkernige und einige E ry throzyten.
Die gleichen Zellen befinden sich auch im Darme des Parasiten. Eosinophile
Zellen sind nicht nachweisbar. In der unmittelbaren Umgebung des Wurmvorderendes
beobachtet man eine Zerstörung der Leberparenchymzellen mit Kernschrumpfung und
-Auflösung. Der Befund läßt meines Erachtens keinen Zweifel, daß die 3 jungen Egel von
der Leibeshöhle aus in die Leber eingedrungen waren.
3. In einem 3. Versuche behandelte ich ca. 100 Fasciola-Cysten mit frischem Dünndarmsaft
des Hundes bei 37°. Nach 1 V4 Stunden waren 25, nach 21/4 Stunden 65 Würmer
ausgeschljipft (die Cystenhüllen waren nicht verdaut, sondern an ihrer Basis von den Egeln
durchbrochen worden). Nach gründlichem Abwaschen mit abgekochter physiologischer
Kochsalzlösung spritzte ich die Parasiten in die Leibeshöhle einer Batte und tötete das
Versuchstier 41 Tage später. Die Leber war von zahlreichen Bohrgängen durchsetzt und
stark cirrhotisch. Aus dem Parenchym gewonnene Egel waren 2—4 mm lang. Alles in
allem unterschied sich der erzielte Infektionsverlauf in keiner Weise von dem, wie ich
ihn nach Cystenfütterung verschiedener anderer Batten antraf.
Wenn ich die Ergebnisse meiner Versuche zusammenfasse, so ergibt sich, daß sich
nach 24 Stunden ein kleiner Teil der verfütterten Jugendformen in der Leibeshöhle befand,
während die Leber noch frei war. Nach 48 Stunden tra f ich die Hauptmasse der
wiedergefundenen Egel in der Leibeshöhle an, und zwar in solcher Zahl, daß man sie
schwerlich als „verirrte“ Exemplare auffassen kann. Ein kleiner Teil war bereits von der
Leibeshöhle aus in das oberflächliche Leberparenchym eingedrungen. Die Leber in vasion,
deren frühester Termin von S s in i t z in mit 4 Tagen angenommen worden war, hatte in
unserem Falle also schon nach 2 Tagen eingesetzt. Die Injektion künstlich aus der Cyste
befreiter Metacercarien in die Leibeshöhle einer Batte führte zu einer Leberinfektion, die
sich in nichts von der nach Cystenfütterung erzielten unterschied. Soweit meine wenigen
Versuche Schlußfolgerungen erlauben, b e s t ä t i g e n s i e di e von S s i n i t z i n u n d j a p
a n i s c h e n F o r s c h e r n n a c h g ewi e s e n e Du r c h w a n d e r u n g der B a uc h h ö h l e .
E i n Ve r g l e i c h d e r Wa n d e r u n g sw e g e v e r s c h i e d e n e r A r t e n von Ga l l e n-
g a n g s - T r ema t o d e n zeigt , d a ß s i ch O p i s t h o r c h i s u n d Cl o n o r c h i s e i n e r s
e i t s u n d F a s c i o l a a n d e r e r s e i t s v ö l l i g v e r s c h i e d e n v e r h a l t e n . Di e
b e i d e n e r s t e r e n u n d v e rmu t l i c h a l l e O p i s t h o r c h i i d e n d r i n g e n d i r e k t
v o m D a rm e a u s in di e G a l l e n w e g e ein, F a s c i o l a d a g e g e n g e l a n g t in d e r
Be g e l n a c h D u r c h b r u c h d e r D a rm w a n d z u n ä c h s t i n di e L e i b e s h ö h l e
u n d v on d o r t i ns L e b e r p a r e n c h ym. E r s t n a c h e i n em me h rw ö c h i g e n
A u f e n t h a l t e im L e b e r g ewe b e f i n d e t e i ne B e s i e d e l u n g d e r Ga l l e n g ä n g e
s e l b s t s t a t t .
d) E n tw i c k l u n g u n d B a u de s g e s c h l e c h t s r e i f en O p i s t h o r chis .
Die Entwicklung der Metacercarie zum erwachsenen Egel ist von C i u r e a schon so
treffend geschildert worden daß ich m ic h E - abgesehen von einigen Besonderheiten —
kurz fassen kann. Ich habe junge Opisthorchis im Alter von 2, 9, 11 und 20 Tagen sowie
völlig ausgewachsene Exemplare untersucht.
Die Entwicklung der ä u ß e r e n G e s t a l t wird vorwiegend durch die mächtige
Ausgestaltung des Genitalapparates beeinflußt. Der hinter dem B. S. N. gelegene Körperabschnitt
streckt sich viel stärker in die Länge als der Vorderkörper. Infolgedessen rückt
der B.S.N., der bei der Metacercarie für gewöhnlich etwas hinter der Körpermitte liegt,
scheinbar immer weiter nach vorn und befindet sich beim ausgewachsenen Wurme
schließlich nur der Körperlänge vom Vorderende entfernt. Der zwischen beiden
Saugnäpfen gelegene Vorderkörper behält die ihm schon imCercarien- und Metacercarien-
zustand eigene Beweglichkeit und Formveränderlichkeit auch im erwachsenen Stadium
bei. E r kann in der Gestalt eines langen, rüsselartigen Fortsatzes vorgestreckt werden
(T. VII, Abb. 39) und führt häufig eine A rt tastende Bewegung nach vorn und beiden Seiten
aus. Ein ähnliches Verhalten wird auch fü r Clonor chis sinensis angegeben. Die seitlichen
Bänder erwachsener und halberwachsener Würmer sind gewöhnlich wellenförmig gefaltet.
Eine Gr ö ß e n z u n a hme ist 2 Tage nach der Infektion noch kaum wahrnehmbar.
Nach 9 Tagen sind die jungen Würmer in lebendem Zustande bereits 1—2 mm lang, nach
11 Tagen 1,5—2,5 mm lang und ca. 0,5 mm breit. Nach 20 Tagen fand ich eine Länge von
3—4,5 mm. Völlig ausgewachsene Exemplare aus der Katze sind lebend und mäßig kontrah
iert gewöhnlich 5—8 mm lang und 1,8— 2,3 mm maximal breit.
Die H a u t s c h u p p e n beginnen nach ClUREA mit dem 5. Tage abzufallen und sind
nach 7 Tagen schon völlig verschwunden. Nach meinen Beobachtungen liegt der Termin
etwas später. Ich fand das Schuppenkleid nach 9 Tagen fast noch vollständig und selbst
nach 11 Tagen war es in 2 Experimenten bei vielen Exemplaren noch teilweise vorhanden,
während andere schon völlig glatt waren. Nach 20 Tagen waren keine Hautschuppen mehr
nachweisbar. Ihre Funktion ist offenbar erfüllt, wenn die Larve ihren endgültigen Sitz in
den Gallengängen erreicht hat.