I. Einleitung.
Von den wohlbekannten und menschenpathogenen Trematoden sind es heute nur noch
ganz vereinzelte, deren Entwicklung bisher keine völlige Aufklärung erfahren hat. Zu diesen
zählt auch Opisthorchis felineus (Riv o lta 1884), der Katzenleberegel. Der letzte Entwicklungsabschnitt
dieses Parasiten ist allerdings schon lange durch die Entdeckung
Askanazys und die nachfolgenden Arbeiten Ciu r ea s bekannt geworden.
Bevor ich auf das, was über die Entwicklung von Opisthorchis bisher mitgeteilt worden
ist, eingehe, füge ich einen kurzen g e s c h i c h t l i c h e n Ü b e r b l i c k über die ersten
Beobachtungen des Parasiten und seine medizinische Bedeutung ein. Opisthorchis felineus
ist zuerst von G u r l t (1831) nach Exemplaren, die R u d o l p h i in den Gallengängen einer
Hauskatze angetroffen hatte, beschrieben und unverkennbar abgebildet worden. Irrtüm licherweise
hat G u r l t aber den Parasiten mit einer anderen Art, dem viel kleineren
Distomum conus C r e p l i n 1825 (=^ Pseudamphistomum truncatum) identifiziert und unter
dessen Namen bekanntgegeben. 1884 fand R i v o l t a in Oberitalien in der Leber von Hunden
und Katzen einen Saugwurm, den er Distomum felineum benannte. Die gleiche Art
wurde dann von d e J o n g (1886) in Holland beobachtet und 1893 von B r a u n als außerordentlich
häufiger Leberparasit ostpreußischer Katzen festgestellt- B r a u n unterzog sich
der mühevollen Arbeit, die verwickelte Synonymie der Leberdistomen von Katzen und
Hunden aufzuklären, auf die hier nicht eingegangen werden kann. E r erkannte die Identitä
t des GuRLTschen „Distomum conusil und des „Distomum felineum R i v o l t a “ . 1885
schuf R. B l a n c h a r d die neue Gattung Opisthorchis und bezeichnete als Typenart das
bisherige Distomum felineum Riv., das seitdem den Namen Opisthorchis felineus (R i v o l t a ,
1884) führt.
0. felineus war zunächst nur bei Tieren, vorwiegend Katzen und Hunden, angetroffen
worden. Ein ungleich größeres Interesse, auch von seiten der Kliniker und Pathologen,
mußte der Pa rasit natürlicherweise erwecken, als er auch als Me n s c h e n p a r a s i t zur
Beobachtung kam. 1892 fand W in o g r a d o f f in Tomsk (Sibirien) in der Leber von neun
Leichen eine seiner Ansicht nach neue Trematodenart und benannte sie Distomum sibiri-
cum. Die befallenen Lebern wiesen mehr oder minder schwere cirrhotische Veränderungen
auf. B r a u n (1894) kommt abermals das Verdienst zu, die Übereinstimmung des
Distomum sibiricum W in o g r . mit dem europäischen Distomum felineum Riv. erkannt
zu haben. E r wies ferner auf die Möglichkeit hin, daß der Pa ra sit vielleicht gelegentlich
auch in Europa, speziell in Ostpreußen, den Menschen befällt. Diese Vermutung stellte
sich sehr bald als richtig heraus. 1900 konnte A skanazy über die zwei ersten ostpreußischen
Fälle menschlicher Opisthorchis-Invasion berichten und zugleich auch auf den
ursächlichen Zusammenhang aufmerksam machen, der höchstwahrscheinlich in dem einen
Falle zwischen den Gallengangsparasiten und einem primären Leberkarzinom vom Gallengangstypus
bestand. Weitere Beobachtungen ließen A skanazy (1904) erkennen, daß
Zoologica, Heft 86. 1