II. Der Tracheenverlauf (Tafelabb. 33).
Wie bei den anderen bisher daraufhin untersuchten Hemipteren (Cimex n. K EM P E R ,
Philaenus n. S ü L C z. B.) ist auch bei den Aleurodinen der dorsale Längsstamm des Grundtyps
als einziger Längsstamm entwickelt.
1. Im Thorax geht von jedem Stigma ein kurzer Tracheenast nach innen. Beide
Äste sind durch den im Bogen verlaufenden paarigen, dorsalen Längsstamm (dLSt) miteinander
verbunden, der nach vorn in den ebenfalls paarigen Kopfstamm (KSt) ausläuft.
Dieser ist ein durchaus typisch entwickelter dorsaler Kopfstamm, er versorgt vor allem
das Gehirn, die Augen und die Dilatatoren der Mundpumpe mit fein verzweigten Tracheen,
übernimmt aber daneben allerdings auch die Funktion des fehlenden ventralen
Kopfstammes, indem er an die Mundwerkzeuge, besonders an das Labium (Lb) Tracheen
abgibt. Vom vorderen Stigmenstamm geht eine Trachee ln das Vorderbein (BTri),
zweite geht von der Basis des Kopfstammes aus (BTri). Vom zweiten Stigmenstamm geht
eine distal sich spaltende Trachee ins Mittelbein (BTrd, zwei ins Hinterbein (BTr:,). Von
den letzteren ist' die hintere bedeutend stärker (möglicherweise ein Best des Längsstammes).
Sie gibt zahlreiche Äste in die starke Sprungmuskulatur des Hinterbeins ab.
Im übrigen werden die Thoraxmuskeln von stark verzweigten Tracheen beschickt, die
vom Längsstamm sowie von den Stigmenästen in der aus Tafelabb. 33 ersichtlichen Verteilung
ausgehen. Eine Querverbindung zwischen den beiden Hälften des thorakalen Tra-
eheensystems gibt es nicht.
2. Das Tracheensystem des Hinterleibs ist ebenso selbständig wie das des Kopf-
Thoraxkomplexes. Von jedem der beiden abdominalen Stigmen geht ein kurzer Stigmenast
nach innen (in Tafelabb. 33 nicht zu sehen, da er senkrecht zur Zeiehepebene läuft).
Beide Stigmenäste sind durch einen dorsalen, in zweimal geknicktem Bogen verlaufenden
Längsstamm (dLSta) verbunden. Vom vorderen Stigmenast gehen zwei schwache Tracheen
in die ventralen Teile der ersten Abdominalsegmente, einige erheblich stärkere, von Art
zu A rt und individuell etwas verschiedene, von einer gemeinsamen Basis ausgehende Äste
(WDTr) verzweigen sich auf den Innenseiten der Wachsdrüsenplatten, deren stoffwechselphysiologische
Bedeutung aus dieser ungewöhnlich reichlichen Tracheenversorgung erhellt.
Vom dorsalen Längsstamm aus gehen dorsal- und medialwärts schwache Tracheen
an die Bückendecke, wo sie die Muskeln und das Bückengefäß versorgen. Ein stärkerer
Tracheenast reicht auch noch nach vorn in den Bückenteil des Hinterleibsstiels hinein.
Vom hinteren Teil des Längsstammes, gehen beim Weibchen zahlreiche stark verzweigte
Tracheen ins Hinterleibsende, wo sie den Legebohrer und die benachbarten Teile des Ge-
schleehtsapparates versorgen. Beim Männchen übernimmt die Beschickung der Hinterleibsspitze
ein vom hinteren Stigmenstamm ausgehender, Zweige nach hinten abgebender
und dann nach vorn an die Geschlechtsorgane gehender Visceralast. Ein ihm entsprechender
Ast geht beim Weibchen vom hinteren Stigmenstamm aus unmittelbar nach vorn
an die Geschlechtsorgane (ViscAi). Ein zweiter Visceralast ist beiden Geschlechtern gemeinsam,
er geht vom hinteren Stigmenstamm nach vorn und gibt Zweige an den Darm
ab (ViscAz). Auch im Hinterleib gibt es keine Querverbindungen zwischen den symmetrischen
Teilen des Tracheensystems.
3. Da im Hinterleih der Aleurodinen die Dorsoventralmuskeln, die sonst die Atembewegungen
hervorzurufen pflegen, eine äußerst bescheidene Bolle spielen, kann offenbar
die Ventilierung des abdominalen Tracheensystems nicht in der üblichen Weise erfolgen.
Es ist vielmehr anzunehmen, daß die Längsmuskeln durch Verkürzung des Abdomens diese
Aufgabe erfüllen. Im Thorax, der ja hinsichtlich der Atmung selbständig ist, genügen
wohl die Kontraktionen der Muskulatur der Fortbewegungsorgane zur Lüftung des Tracheensystems.
4. Zu einer vergleichenden Betrachtung der Traeheensysteme der Homopteren
reichen unsere spärlichen Kenntnisse über dieses Gebiet noch nicht aus.
E. Die Zirkulationsorgane und die Gewebe der Leibeshöhle.
Während die Leibeshöhle bei den Insekten im typischen Fall wenigstens im Abdomen
durch ein dorsales und ventrales Diaphragma in drei Stockwerke geteilt wird, fehlt den
Aleurodinen, wie wohl allen Hemipteren, das ventrale Diaphragma vollständig. Das dorsale
Diaphragma enthält das Rückengefäß.
I. Das Rückengefäß und das dorsale Diaphragma (Tafelabb. 34).
1. Das Rückengefäß bildet einen Schlauch, dessen hinteres Ende unterhalb des 7. abdominalen
Tergums als ziemlich weites, aber dünnwandiges Gebilde gelegen ist. Seine
Hinterfläche enthält ein unpaares Klappenventil (KV), das sich nach innen öffnet; etwas
weiter vorn liegt an den Seiten ein ebenfalls in Gestalt von Klappenventilen ausgebildetes
Ostienpaar (0). Vom Vorderrand des 7. Tergums ab verengert sich das Rückengefäß, im
Bereich des 7. Abdominalrings verengert es sich nochmals, weiter vorn läuft es allmählich
Textabb. 13. Querschnitt durch das Herz (H) und das Dorsaldiaphragma (Dia) von Aleurodes brassicae. dlm-dorsaler
Längsmuskel, F-Fettzellen, FlM-Flügelmuskel, PcZ-Pericardialzellen.
in einen sehr engen, zylindrischen Schlauch aus, den man bis in den Hinterleibsstiel hinein
verfolgen kann. Den weiteren Verlauf konnte ich weder auf Schnittserien, noch durch
Präparatipn feststellen. Der vordere schlauchförmige Teil des Rückengefäßes ist als
A o r t a (Ao) zu bezeichnen, der hintere Teil, das Herz, reicht so weit wie das Diaphragma.
Die Herzwand besteht aus einer sehr dünnen Muskellage (weitere Einzelheiten sind nicht
zu erkennen), ihr dorsaler Teil ist unmittelbar mit der Epidermis der Rückendecke verwachsen
(Textabb. 13) bzw. (im weitesten, hinteren Teil) durch feine Fasern mit ihr verbunden.
2. Von den beiden Seitenkantenpaaren des im Querschnitt sechseckigen Herzens
gehen nach den Seiten äußerst feine, aus dünnsten Fasern aufgebaute Membranen, die,
indem sie zusammenlaufen, zipfelförmige, paarige Taschen bilden. Diese stellen insgesamt