mim und am Processus spinosus eines Brustwirbels je eine der oben beschriebenen Klammern
operativ eingesetzt. An die Klammer des Wirbels wurde unter Isolation von dem
Körper ein Drahtbügel aus Kupferdraht angebracht. Die Klammer des Sternums trug einen
Drahtring, der den Thorax des Tieres umschloß, ohne ihn beim Atmen zu hindern. Von
diesem Ring und untereinander isoliert waren zwei Stahlfedern befestigt, die ober- und
unterhalb den Drahtbügel des Rückenwirbels umfaßten. Sowohl die Berührung der oberen
Stahlfedern mit dem Bügel als auch die des unteren bewirkte Stromschluß; jeder Kontakt
wurde auf einen Signalschreiber übertragen. Wenn sich nun der Rücken bei der Thoraxerweiterung
hebt, so macht der Bügel diese Bewegung mit und berührt die obere Feder.
Diese Einatmungsbewegung zeigt der Signalschreiber an. Umgekehrt berührt bei der Ausatmung
der Bügel des Brustwirbels die untere Stahlfeder und läßt damit einen zweiten
Signalschreiber in Funktion treten. Diese zweifache Aufschreibung war aus Sicherheitsgründen
notwendig. Es brauchen selbstverständlich bei einem Experiment nicht immer
beide in Funktion zu sein. Es genügt, wenn einer die Kurven aufschreibt. Es konnte an
jeder Kurve Ein- und Ausatmung abgelesen werden. Zeichneten beide Signalschreiber ihre
Erregungen auf, so kontrollierten sich die Kurven gegenseitig. Die Versuche wurden in
einem Fischhecken von ungefähr 5 m Länge und 1,50 m Breite und Tiefe ausgeführt.
Abbildung 74 zeigt das Ergebnis
eines solchen Versuchszyklus.
Drei Zeilen bilden immer eine
zusammengehörige Einheit. Insgesamt
zeigt die Abbildung also
2 Versuchsreihen mit je drei Zeilen.
Die oberste Zeile (a) ist wieder
die Sekundenanzeigung. Die zweite
Zeile (b), an der verhältnismäßig
wenig Ausschläge zu beobachten
sind, zeigt die Berührungen der
oberen Feder mit dem Bügel; danach
bedeutet also der Ausschlag
Abb. 74. Ausschnitt des Kurvenbildes von den Atembewegungen beim
Tauchen eines Polartauchers.
I und Ilp f-- H Versuchsreihen.
a = Sekundenaufzeichnung.
b ^ = Kontaktaufzeichnung der oberen Feder,
c = KontaktaufZeichnung der unteren Feder,
f ] g = Abschnitt eines Tauchaktes.
A = Teilbild, das in Abb. 75 vergrößert wiedergegeben ist.
1— |— |— |— j— |—■j—-j-—j— j— j—i"—|— Sekundenaufzeichnung.
l~ -j f i Abschnitt eines Tauchaktes. dieser Kurve nach ohen Ausatmung,
\ <— Einatmung. ¿ er Ausschlag nach unten Ein-
LJl------------------- ---------------------------— }<^~ Ausatmung. atmung. Gerade umgekehrt ist die
Abb. 75. Teilbild a aus Abbildung 74. dritte Kurve ( c ) zu deuten, die von
dem Kontakte der unteren Feder
mit dem Bügel herrührt; hier ist der Ausschlag nach oben E inatmung, der Ausschlag nach
unten Ausatmung. In dem Augenblick, wo der Vogel tauchte, wurde ein Zeichen in der
Kurve (b) angebracht, ebenso, wenn er wieder an die Oberfläche kam. Die durch die Zeichen
T ] kenntlich gemachten Abschnitte stellen also einen Tauchakt dar.
Abbildung 75 zeigt ein Teilbild von der untersten Versuchsreihe. Daraus läßt sich auf
Grund der oben angeführten Erklärungen folgendes ablesen: zwischen den Zeichen \ 1 ist
der Vogel getaucht; entsprechend der Sekundenanzeigung hat dieser Tauchakt etwa 5,5 Sekunden
gedauert. Vor dem Untertauchen hat nach Ausweis der unteren Zeile eine Thoraxverengung
stattgefunden. In dieser Ausatmungsstellung ist das Tier während des Tauchens
verblieben. Als der Polartaucher wieder an die Oberfläche gekommen ist, hat er seinen
Thorax erweitert. 1,5 Sekunden später ha t er wieder geatmet und 2,5 Sekunden später, von
dem Auftauchen an gerechnet, ist er wieder in Ausatmungsstellung des Thorax untergetaucht.
Wie bei den Gehvei'suchen bestand auch hier wieder die Schwierigkeit darin, die starken Bewegungen, die durch
das Krätschen der Beine beim Tauchen verursacht wurden und den ganzen Körper erschütterten, von den kleinen Atembewegungen
zu trennen. Da das Fischbecken nicht so lang war, daß der Polartaucher während eines ganzen Tauchaktes in
gerader Richtung hätte schwimmen können, so war er gezwungen, am Ende des Beckens zu wenden. Diese gewaltige Körperbewegung
gab unter Umständen einen Kontakt des Signalschreibers. Bei genauer Durchsicht der Abbildung 74 findet man
von Zeit zu Zeit während der Tauchperiode einen ganz kurzen Strich. Mehrere Male konnte festgestellt werden, daß diese
Einzeichnung im Augenblick des Wendens am Ende des Beckens geschehen ist. Gegenüber einer Atembewegung ist die kurze
Zeitdauer des Kontaktes zu beachten und das Auftreten dieser Zacken vor allem bei längeren Tauchperioden, was ein Wenden
im Becken zur Voraussetzung haben muß. Ich stehe also nicht an, den oben angeführten Teil eines Tauchabschnittes als
den wirklichen Verhältnissen entsprechend anzusehen.
Danach würde sich also der Tauchakt folgendermaßen abspielen: Bevor der Polartau-
cher unter Wasser taucht, findet eine Ausatmung statt. In dieser Stellung v e rharrt er während
des ganzen Tauchaktes. Im Augenblick des Auftauchens erweitert er seinen Thorax.
Die Richtigkeit dieser Experimentdeutung findet eine Bestätigung durch die Beobachtung.
Der Polartaucher stieß nämlich, bevor er untertauchte, häufig einen Schrei aus. Dieser
Ruf läßt m it ziemlicher Sicherheit auf eine Ausatmung schließen — jedenfalls hat man eine
Tonerzeugung bei der Einatmung bisher nicht feststellen können —. Als interessante Feststellung
sei noch erwähnt, daß der untergetauchte Polartaucher während eines Versuches
drei kleine lebende Fische fing und unter Wasser verschlang. Dabei fand keine meßbare
Volumenänderung des Thorax statt.
D ie b i s h e r i g e n Th e o r i e n .
Die Beobachtung und experimentelle Feststellung des Ausatmens vor dem Untertauchen
ist auch von anderen mehrfach gemacht worden. T i e d e m a n n (1810) schreibt: „vor
dem Tauchen scheinen die Vögel, die in den Luftsäcken enthaltene Luft auszutreiben“ .
(Hier sei allerdings ergänzt, daß es dem Vogel nicht möglich ist, die gesamte Luft auszustoßen.)
Auch P a g e n s t e c h e r (1881) nimmt einen Ausatmungsakt vor dem Untertauchen
an. B u d d e n b r o o k schreibt 1924: „Bei der Ente, die zum Typus der amphibiotischen Tiere
gehört, besteht zwar in der Luft eine deutliche Dyspnoe bei CL-Mangel, im Wasser dagegen,
ja selbst schon bei einer Benetzung der Nasenlöcher tritt eine Hemmung jedweder Atembewegung
für längere Zeit ein.“ K a p p ä n y i und K l e i t m a n (1927) haben festgestellt, daß
beim Tauchakt die Glottis geschlossen ist, und daß die Einstellung der Atembewegung in
der Ausatmungsphase geschieht. B e t h e (1925) führt an: „Charakteristisch für luftatmende
Tiere ist die Sistierung der Atmung beim Untertauchen unter Wasser“ , und zwar ist der
Atmungsstillstand exspiratorischer Natur.
Damit scheinen alle Annahmen haltlos zu sein, die eine Thoraxbewegung während des
Untertauchens fü r möglich halten. Vor allem soll hier auf die Vorstellung von D o t t e r -
W E ICH (1930) hingewiesen werden, dessen Angaben eine „BRANDESsche Thoraxbewegung“
voraussetzen: „Anhangsweise sei noch erwähnt, daß bei dem minutenlangen Tauchen vieler
Wasserv ögel die verbrauchte Luft der vorderen Luftsäcke stets wieder in die hinteren Luftsäcke
gelangen muß und immer wieder, wie dies schon B r a n d e s betont, durch die Lunge
gesaugt wird, bis der letzte Rest des für den Vogel aufnahmefähigen Sauerstoffs verbraucht
ist. Es ist einleuchtend, daß hierbei eine antagonistische Tätigkeit von vorderen und hinteren
Säcken angenommen werden muß.“