
Auf diese Unterschiede der beiden Augenteile hat E l t r i n g h a m wenig Gewicht gelegt,
dagegen erwähnt er ausführlich eine merkwürdige Eigentümlichkeit der Cornealinsen,
die beiden Augenteilen zukommt. Der größere Teil der Cornealinsen ist nämlich
klar gelbbraun, der kleinere farblos durchsichtig. Die Anordnung ist so, daß jeweils ein
Kranz von 6 gefärbten um eine ungefärbte Cornealinse herumsteht (Tafelabb. 6). E l t r i n g -
h a m versucht diese Eigenschaft mit der von Trialeurodes vaporariorum bekannten Neigung,
gelbe Flächen vorzugsweise anzufliegen, in Zusammenhang zu bringen. In der Tat
müssen ja auch Einzelaugen mit gelb gefärbten Linsen gelbe Farbtöne besonders hel|:
zeigen. Es bleibt aber die Rolle der farblosen Cornealinsen ungeklärt. Aus denselben Überlegungen
heraus, die E l t r i n g h a m z u seinen Schlüssen veranlaßten, habe ich angenommen,
daß die Komplexaugen der Aleurodinen total farbenblind sind und daß sie gelben
Cornealinsen wie Gelbscheiben, d. h. kontrastverstärkend wirken, allerdings unter Minderung
der Lichtstärke. Die Einzelaugen mit farblosen Linsen, also größerer Lichtstärke,
würden auch im Halbdunkel arbeiten können (Lebensweise an der Unterseite der Blätter),
aber allerdings entsprechend ihrer geringen Anzahl nur Helldunkelkontrastsehen und Bewegungssehen
ermöglichen. Außerdem ist es möglich, daß die im Versuch (W e b e r 1931)
nachgewiesene, aber nicht von Pigmentwanderung begleitete Adaptionsfähigkeit des
Aleurodinenauges auf einer zentralen Umschaltung von den Einzelaugen mit gelbbraunen
Cornealinsen auf die mit farblosen besteht und umgekehrt (näheres s. W e b e r 1934).
Was den feineren Bau der Ommatidien betrifft (Tafelabb. 32), so bestehen diese aus
einer Retinula, deren stabförmiges, homogenes Rhabdom (Rh) von einer unbestimmten
Anzahl (wahrscheinlich 8) von Sehzellen umgeben ist, und aus 4 von einem Mantel von
Hauptpigmentzellen (2 Stück, H) und Nebenpigmentzellen (unbestimmte Anzahl, N) umfaßten
Kristallzellen (K). Ein Kristallkegel irgendwelcher Art wird nicht gebildet; die
Augen gehören also, wie die meisten bisher untersuchten Augen der Hemipteren, zum
a c o n e n Typ, nicht zum pseudoconen, wie E l t r i n g h a m , übrigens offenbar auf Grund
eines Mißverständnisses der Terminologie, angibt. Außer in den Haupt- und Nebenpigmentzellen,
die E l t r i n g h a m nicht richtig erkannt hat, ist Pigment auch in den peripheren
Teilen der Retinulae selbst enthalten. Retinapigmentzellen fehlen, die Basalmembran
ist sehr dünn.
2. Von Ocellen sind allein die paarigen Scheitelocellen vorhanden, die dem Dorsalrand
der Komplexaugen unmittelbar anliegen (Tafelabb. 6, Oc). Ihre Cornealinse ist so
stark bikonvex, daß sie fast kugelig erscheint; ihre Sinneszellen liegen der Linse in einfacher
Schicht an. Ob besondere Pigmentzellen vorhanden sind, ließ sich nicht feststellen.
Die Ocellennerven entspringen von den Seitenteilen der Hemisphären oberhalb des Lo-
bus opticus.
3. Die Antennen bestehen, wie H a r g r e a v e s bereits festgestellt hat, aus 7 Gliedern,
deren beide ersten (Scapus und Pedicellus) dick sind, während die 5 Endglieder schlank
und geringelt erscheinen (Pseudosegmentierung nach H a r g r e a v e s ) . Das Endglied träg t
eine feine Borste; am Ende des 3., 5. und 7. Glieds finden sich kleine, kreisrunde Sinnesplatten
vom Typ der Rhinarien. Der Pedicellus enthält ein kleines JoHNSTONsches Organ.
4. Das epipharyngeale Gesdimadcsorgan besteht, wie Tafelabb. 3 zeigt, aus einem
Pa a r von einfachen, epithelartig angeordneten Sinneszellgruppen, die zusammen einen
Ballen bilden und ihre rezeptorischen Endigungen in reihenweise angeordnete Aussparungen
des Daches der Mundhöhle senken.
D. Das Tracheensystem.
Die Atmungsorgane d e r, Aleurodinen leiten sieh unzweifelhaft von einem normalen,
sekundär komplizierten, d. h. wenigstens mit durchgehenden dorsalen Längsstämmen versehenen
Tracheensystem ab. Im Zusammenhang mit der Ausbildung des Abdominalstiels
ist es indessen zu einer tertiären Vereinfachung, zu einer Unterbrechung der Längsstämme
zwischen Thorax und Hinterleib gekommen. Außerdem ist die Stigmenzahl sehr stark (auf
4 Paare) herabgesetzt; die Aleurodinen gehören also zu den Hypopneustiern.
I. Die Stigmen.
Die beiden thorakalen Stigmenpaare haben die typische Anordnung, d. h. sie liegen
an den Vorderrändern der Segmente, zu denen sie gehören, also des Meso- und Metathorax.
Ih r feinerer Bau ist grundsätzlich gleich (Tafelabb. 6, Textabb. 12 a), sie liegen
Textabb. 12. Stigmen von Aleurodes brassicae nach durchsichtigem Totalpräparat.
a) Erstes Thorakalstigma, b) Erstes abdominales Stigma, c) Zweites abdominales
Stigma. V-, I-I-Vorder- und Hinterseite, StgM-Stigmenmuskel.
auf einem ventralwärts zeigenden, warzenförmigen Vorsprung, dessen Spitze noch etwas
über das Stigma hinausreicht. Der Stigmenmund ist spaltförmig, von seinem einen Rande
aus geht ein Muskel in den Hohlraum der Warze hinein (StgM). Wie die Verschlußvorrichtung
arbeitet, ist mir nicht klar geworden. Das erste abdominale Stigma (Stgi) liegt
unmittelbar vor der vorderen Wachsdrüsenplatte und gehört (s. S. 35) zum zweiten Hinterleibsring.
Das letzte abdominale Stigma (Stg4) gehört wahrscheinlich zum 8. Abdominalring
und liegt beim Weibchen deutlich innerhalb desselben, beim Männchen an seinem
Vorderrand. Der feinere Bau ist bei beiden abdominalen Stigmen ähnlich (Textabb. 12 b,c).
Die Umgebung des spaltförmigen Stigmenmunds ist etwas erhaben, vom einen Ende des
Mundes geht nach innen ein kurzer, hebelförmiger Fortsatz, der Verschlußhebel, an dem
der Verschlußmuskel (StgM) angreift. Der Muskel ist fächerförmig, flach und entspringt
an einer bogenförmigen Innenleiste, die in der Nachbarschaft des Stigmas von der Cuticula
gebildet wird. Der Muskel verschließt das Stigma, indem er durch Vermittlung des
Hebels den einen Rand des Stigmenmundes dem anderen nähert. Die Öffnung geschieht
offenbar durch die eigene Elastizität der Vorrichtung.
Die Abdominalstigmen sind durchaus typische, wenn auch etwas vereinfachte Hemi-
pterenstigmen. Auch darin, daß die Thorakalstigmen anders gebaut sind als die abdominalen,
haben wir eine bei den Hemipteren allgemein verbreitete Eigenschaft zu erblicken.
Näheres über die vergleichende Morphologie der Stigmen der Hemipteren s. W e b e r 1930.