Diese merkwürdige Periodizität im 24-Stunden-Rhythmus scheint eine den meisten, wenn
nicht allen, freischwimmenden Cercarien eigentümliche Erscheinung zu sein. Wie C o r t
(1922) und D u b o is (1928) beobachtet haben, liegen die Maxima der Larvenausscheidung
je nach der Cerearienart bald zu bestimmten Tag-, bald zu gewissen Nachtzeiten. Selbst
Schnecken einer Spezies, die von ein und derselben Cerearienart befallen sind (z. B.
Planorbis trivolvis von C. elephantis), können sich nach C o r t in dieser Hinsicht völlig
verschieden verhalten. Allerdings behält jedes Schneckenexemplar die einmal angenom-
23*
22*
20*
19°
II —
1000
900
. . . .
700
600
500
£ r - '
— — —
Temperatur
— ■ I—Cercarien-flnzahl
—
6-16 6-20
2 flugustl932 Wetter: wechselnd sonnig und bewölkt. 3 August 1932 Wetter : wechselnd sonnig und Dewöl Kt.
Abb. 15. Schwärmkurve der Opisth.-Cercarien an zwei aufeinanderfolgenden Tagen
und Verlauf der Wassertemperatur.
mene Ausscheidungsperiode ziemlich streng bei. Eine völlig befriedigende Erklärung fehlt
bis heute für diese interessante Erscheinung. Nach C o r t kann sie nur von einer Periodizität
in der Entwicklung der Cercarie selbst herrühren. D u b o is erblickt in der periodischen
Cercarien-Auswanderung eine Nachwirkung (résonnance) früherer rhythmisch wechselnder
Entwicklungsbeschleunigungen und -hemmungen, hervorgerufen durch den regelmäßigen
täglichen Wechsel zwischen Temperaturmaximum und -minimum. Ein gewisses Parallelgehen
der Cercarien-Ausscheidung und der Wassertemperatur in unserem Beispiel (Fig. 15)
spricht zum mindesten nicht gegen die Anschauung von D u b o is . Die Sonnenstrahlung
dürfte keinen unmittelbaren Reiz für das Ausschwärmen der Opisifoorcfois-Cercarien darstellen;
denn an den beiden Beobachtungstagen fiel die größte Cercarien-Ausscheidung
gerade mit den Tagesstunden stärkster Bewölkung zusammen. Um zu ergründen, ob der
Cercarien-Turnus eine Funktion innerer oder äußerer Faktoren ist, müßte man experimentell
infizierte Schnecken während der ganzen Dauer ihrer Infektion unter völlig
gleichen Temperatur- und Lichtbedingungen halten. Bliebe dann ein Cercarien-Turnus
aus, dann wäre in der Tat ein Hinweis fü r die ursächliche Rolle der klimatischen Tagesschwankung
im Sinne von D u b o is gegeben.
Die Höhe der Cercarien-Produktion betrug am 2. August pro 1 Schnecke 48, am
3. August 97. Die letztere Menge stellte nach meinen Erfahrungen für eine mittelgroße
Bithynia leachi annähernd die tägliche Höchstleistung dar. Sie erscheint klein im Vergleich
zu den Beobachtungen C o r t s und D u b o is ’, nach denen täglich von einer Schnecke
mehrere tausend Cercarien ausgeschieden worden sind. Das Maximum stellt wohl eine
24-Stunden-Menge von 100 000 Xiphidio-Cercarien (C. helvet. X X X ) dar, die D u b o is —
allerdings unter günstigen Temperaturbedingungen aus einer Limnaea stagnalis ausschwärmen
sah. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß es sich bei diesen Beobachtungen
erstens um Wirtsschnecken handelt, die viel größer sind als die kleine B. leachi,
und zweitens um Cercarien, die aus Sporocysten hervorgehen. Nach D u b o is ist die Cercarien
Produktion bei Formen mit Sporocysten ungleich höher als bei solchen, die aus
Redien hervorgehen. Nach C o r t und D u b o is ist die tägliche Cercarien-Produktion von
der Wassertemperatur abhängig. Ich kann das nach meinen Beobachtungen an Opisthorchis-
Cercarien bestätigen. An kühlen Tagen und an Tagen, denen eine kühle Nacht vorausgegangen
war, machte sich sofort ein Absinken der Cercarien-Ausscheidung bemerkbar.
So erklärt sich auch der in Fig. 15 zum Ausdruck kommende Unterschied der Tagesmenge.
In der Nacht vom 1. zum 2. August war die Wassertemperatur etwas tiefer als
gewöhnlich gesunken und erreichte auch während des folgenden Tages nicht ganz so hohe
Werte wie am 3. August. Infolgedessen betrug am 2. August die Cercarienmenge nur die
Hälfte von der des nächsten Tages. Abgesehen von der Temperatur, war die Tagesproduktion
auch von dem Alter der Schneckeninfektion abhängig. Im Beginn der Infektion
am 12. Ju li schwärmten erst spärliche Larven aus. Im Laufe der nächsten Woche stieg
ihre Menge beträchtlich an, um dann vom Ende August an wieder allmählich abzusinken.
Im September und Oktober wurden bis zum Tode der Schnecken nur noch wenige Cercarien
produziert.
c) D a s V e r h a l t e n im Wa s s e r .
Für die S c h w i m m b e w e g u n g e n der Cercarie ist ein beständiger Wechsel zwischen
Phasen intensiver Bewegung und Zuständen völliger Ruhe charakteristisch. Beide Phasen
folgen ganz plötzlich ohne erkennbaren Übergang aufeinander. In Ruhe nimmt die Cercarie
die schon mehrfach erwähnte Schwebehaltung ein (T. III, Abb. 16 a). Der Körper hängt
gleich dem Gewicht eines Pendels nach unten. E r ist mäßig kontrahiert und ventralwärts
gekrümmt. Der konvexe Rücken zeigt nach unten. Der Ruderschwanz ist in starrer Haltung
nach oben gerichtet. E r setzt in seinem Anfangsteil zunächst die Ventralkrümmung
des Körpers fort, biegt aber dann mit seinem Ende nach dorsal um, nimmt also im ganzen
eine S-förmige Gestalt an. In dieser „Tabakspfeifen-Haltung“ sinkt die Cercarie ganz allmählich
in völliger Bewegungslosigkeit zu Boden (T. III, Abb. 17). Nachdem sie eine Weile
mit dem Rücken auf dem Boden des Behälters geruht hat oder noch bevor sie unten
angelangt ist, wirbelt sie plötzlich in unregelmäßiger Zickzackbahn wieder ein Stück nach
oben. Ebenso plötzlich wie die Bewegung eingesetzt hat, erlöscht sie kurz darauf wieder
und macht der anfänglichen Ruhestellung Platz. Der Körper, der während des Aufwärtsschwimmens
dem Schwänze vorangegangen war, sich also am Ende der Bewegungsphase
an oberster Stelle befand, pendelt nun durch sein größeres Gewicht wieder nach unten,
während der Schwanz nach oben gelangt. Damit ist wieder die alte Schwebelage erreicht
und die Larve sinkt langsam abwärts. Dieser Wechsel zwischen aktivem Aufwärtsschwimmen
und passivem Abwärtsschweben wiederholt sich beständig. Der Vorgang spielt sich