all diesen Bewegungen findet auch hier wieder synchrone Erweiterung und Verengung des
Thorax statt.
Es war nun die Absicht, die Atemhewegungen dann festzustellen, wenn der Vogel in
eine Lage gebracht ist, die der des Fluges in gewisser Hinsicht entspricht. Man muß sich
einen fliegenden Vogel an seinen Flügeln hängend vorstellen, denn die durch den Flügelschlag
hervorgerufene Luftverdichtung benutzt der fliegende Vogel als Unterstützungen für
seine Flügelflächen. Es wurde in dem Versuch gemäß dieser Anschauung die Taube an den
Flügeln so festgehalten, daß die Rückenlinie etwa horizontal war, der übrige Körper hing
frei in der Luft. In dieser Stellung wurden Kurven aufgenommen, die in den Abbildungen
56 und 57 wiedergegeben sind. (Der Schreibstift, der die Bewegung des Brustwirbels anzeigte,
konnte in dieser Haltung nicht angebracht werden, da dies durch die Flügel gehindert
wurde.)
Die oberste Kurve gibt die Bewegung des Beckens wieder. Sie ist identisch mit der des
Rückens und kann höchstens in der Ausschlaghöhe mit dieser differieren. Kurve 2 stellt
die Eintragung des Coracoid-Stiftes dar, und Kurve 3 und 4 die des hinteren und vorderen
Endes des Sternums. Es ist vielleicht eine ungemein schwache Bewegung des Coracoids zu
sehen, die aber im Anfangsteil fast ganz von den Zitterbewegungen des Tieres überlagert
ist. Die wirklichen und großen Atembewegungen finden in der Rücken-Becken-Linie statt.
Sie haben eine Amplitude von 4,5 mm, haben eine außerordentliche Höhenkonstanz; sie weisen
damit darauf hin, daß diese Bewegung nicht ungewohnt fü r den Vogel ist. Wichtig ist
noch, daß die Einatmung hier schneller verläuft als die Ausatmung; die auf steigende Linie
zeigt nämlich die Erweiterung, das Heben des Beckens, an, die absteigende Linie die Verengung.
Man sieht also, daß in der Flughaltung die Atembewegungen durch die Rücken-
Becken-Linie ausgeführt werden. Die Volumenänderung des Thorax muß bei jeder Atembewegung
gemäß der Größe des Ausschlages etwa der des stehenden Vogels entsprechen.
„ F a l lma s c h i n e“.
Es war schon bei der Diskussion über die Atembewegung der stehenden Taube auf die
eigentümliche Bewegung der Coracoide hingewiesen, die ein Zurückweichen und Näherkommen
des Schreibstiftes an die Scheibe der „Schiefen Ebene“ bei der Coracoidbewegung
hervorrief. Um diese Bewegung genauer zu erfassen, wurde eine besondere Apparatur
benutzt, die als „Fallmaschine“ bezeichnet wird (Abb. 58). Eine etwa 2 m hohe Holzsäule
(a) träg t an einer Längsfläche eine Schiene, in der ein Schlitten (b) bewegt werden kann.
Die Fallbewegung wird reguliert durch einen Rotationsapparat (c) entsprechend der
„Schiefen Ebene“. Der Schlitten träg t einen Photoapparat (d). Die senkrechte Stellung der
Holzsäule wird durch Stellschrauben (e) am Dreifuß gemäß dem Lot (f) an der Seite der
Säule gewährleistet. Der Taube, die vor die Fallmaschine gestellt wird, werden an den Co-
racoiden kleine elektrische Punktlichtlampen angebracht. Die Bewegungen dieser Lampen,
deren Licht durch einen kleinen Schirm nochmals bis auf eine kleine Öffnung abgeblendet
wird, können als Lichtkurven von dem herahgleitenden Photoapparat aufgenommen werden.
Neben der Taube befindet sich eine weitere elektrische Lampe, die durch einen Pendelkontakt
in Sekundenabständen aufleuchtet. Auf der Platte des Photoapparates erhält
man also nunmehr einmal die Kurven, die durch die Lampen an den Coracoiden hervorgerufen
werden, daneben die punktförmigen Licht Wirkungen, die die Sekundenlampe verursacht.
Einatm ung
Blllllfi Becken
mm Ausatmung Coracoid
Sternumspitze
Abb. 54. Abb. 55.
Die Bewegungskurven der Thoraxknochen eine^ sitzenden Taube.
Abb. 56. Die Bewegungskurven der Thoraxknochen von der
Flügeln hängenden Taube in natürlicher Größe.
Abb. 57. Die Kurven von Abb. 56
sind auf gleichen Anfangspunkt
Abb. 59. Aufnahme der Cc
einer Taube mit der Fallmaschine.
Abb. 61. Aufnahme der Coracoidbewegung
einer Nebelkrähe mit
der Fallmaschine.
C = Coracoid.