Seiten polsterartige Vorwölbungen (s. Tafelabb. 8), die die Reste der bei der Metamorphose
gebildeten Randpolster darstellen und noch beim Schlüpfen (bei der Sprengung der Exuvie)
eine Rolle spielen (vgl. W e b er 193 1 ,1 9 3 4 ).
2. Die Pleuren (Pli) sind so vollkommen mit den Seitenteilen des Notums verschmolzen,
daß von außen nur die knorrigen p l e u r a l e n H ü f t g e l e n k kö p f e (plHGi) ihr Vorhandensein
bezeichnen (Tafelabb. 6). Innen sieht m an dorsal von den Gelenkköpfen eine Innenleiste,
die in die Vorderrandleiste des Pronotums (NL) ausläuft und durch einen ziemlich
weit nach innen vor springenden P l e u r a l a rm (PlAi, Tafelabb. 7,9) als Pl eur a l l e i s t e
(PILi) gekennzeichnet wird. Vom Episternum, das vor der Pleuralleiste zu suchen ist, fehlt
jede Spur; das Epimerum ist nicht vom Seitenpolster des Pronotums abgesetzt. Die Verschmelzung
von Notum und Pleura geht also mit einer Unterdrückung der Pleuralfläche
Hand in Hand und erinnert dadurch an die Cryptopleurie, die bei Saltatorien und den Poly-
phaga unter den Coleopteren vorkommt. Jedenfalls unterscheidet sie sich aufs deutlichste
von dem Verhalten des Prothorax anderer Homopteren, denn bei den Cicadinen kommt es
wohl zu einem Anschluß der Pleuren an das Notum, aber ohne merkliche Reduktion der erster
en und unter Einbeziehung des Sternums, bei den Psyllinen schließen sich die Pleuren,
allerdings ohne Verwachsung, zwar an das Notum an, aber ohne daß sie dabei an Größe und
Differenzierung ihrer Teile einbüßten, und bei den Aphididen bleiben die Pleuren ganz selbständig.
Das eigenartige Verhalten der Aleurodinen ist vermutlich wieder mit ihrer Metamorphose
und speziell mit der Bildung der Randpolster in Verbindung zu bringen, denn
gerade in der Tergopleuralgegend des Prothorax bleibt eine V erbindung des medialen Teils
der Leibeshöhle mit den abgegliederten Randpolstern bestehen und gerade in diese Gegend
ziehen sich im Verlauf der Entwicklung die vorderen Randpolster zurück, um schließlich
die Seitenpolster des Pronotums zu bilden (s. W e b e r 1934). Daß d e rart einschneidende E ntwicklungsvorgänge
auch auf die Ausbildung der Skelett-Teile nicht ohne W irkung bleiben
konnten, ist klar.
3. Eigenartig ist auch die Ausbildung des Sternums (Sti), doch sind seine Besonderheiten
wohl eher mit der spezifischen Beschaffenheit und der Lage der Stechborstenscheide
in Zusammenhang zu bringen. Das Sternum beschränkt sich nämlich auf ein schmales, hinter
den Hüften gelegenes und beinahe den Seitenrand der Tergopleura erreichendes Querband
(Tafelabb. 6, 7), das an seinen seitlichen Enden innen je einen kurzen geraden Fortsatz
trägt. Da dieser Fortsatz durch einen Muskel (Izm) m it dem P leuralarm verbunden ist, muß
er einen F ü r c a-A s t darstellen und das Sternum muß demgemäß wenigstens Teile des Basi-
sternits und des Furcasternits enthalten. Der größte Teil des Basisternits wird indessen durch
die zwischen den Hüften, also hinter der Basis der Borstenscheide gelegenen Membranen
vertreten, das Fehlen einer Sklerotisierung in dieser Gegend erleichtert die Einstülpung des
Basalglieds der Borstenscheide und überhaupt die Verkürzung derselben beim Saugen. In dieser
Hinsicht erinnert unser Objekt an Aphis, bei der ebenfalls (s. W e b e r 1928) im vorderen
Teil des Prosternums die Sklerotisierung größtenteils fehlt. Auch bezüglich der Ausbildung
der Furcaäste als getrennte kurze Fortsätze besteht hier eine Ähnlichkeit, nur sind die Äste
bei Aphis nicht so weit nach den Seiten gerückt. Vollkommen andersartig ist dagegen, im
Zusammenhang mit der Hypognathie, der Knickung und geringen Muskelversorgung der
Borstenscheide, das Prosternum der Psyllinen (W e b e r 1929).
4. Die Hüfte (Coxa, Cxi) des Vorderbeins ist zylindrisch, am Vorderrand mit einem
ganz schmalen Basicoxale (bcx) versehen und nur an einer Stelle, nämlich seitlich, am
p l e u r a l e n H ü f t g e l e n k (plHGi) gelenkig mit dem Rumpf verbunden. Im übrigen ist sie
von ziemlich breiten Membranstreifen umgeben und dementsprechend allseitig drehbar. Das
kommt besonders dann zum Ausdruck, wenn das Tier das Wachssekret, das die abdominalen
Drüsenplatten liefern, über den Körper verteilt. Die Vorderbeine arbeiten dann mit außerordentlicher
Beweglichkeit (näheres s. W e b e r 1931). Diese äußert sich auch im Bau des Hüft-
trochantergelenks, dessen beide Gelenkpunkte wie gewöhnlich vorn und hinten liegen, das
aber eine ungewöhnliche Reichweite für die Beinhebung zeigt. Diese Erscheinung, die wir
auch bei den anderen Beinpaaren (besonders beim Hinterbein, Tafelabb. 6, 13) wiedertreffen,
ist darauf zurückzuführen, daß der Trochanter (Tr) am lateralen Teil seines Distalrands
stark ausgeschnitten, d. h. in ungewöhnlichem Maße membranisiert ist (Tafelabb. 10). Dem
Ausschnitt gegenüber stülpt sich vom Trochanterrand eine kräftige Sehne (Trochantersehne,
TrSi, Tafelabb. 9) ein, an der die Abduktoren des schlanken Trochanterofemurs angreifen
(s. unten). Die Einteilung des letzteren in seine 2 Glieder Trochanter und Femur geschieht
durch eine schief verlaufende Gelenknaht, die nur eine leichte Rückwärtsschwenkung des
Femur erlaubt. Das Kniegelenk hat zwar wie gewöhnlich seine Hauptbeweglichkeit in einer
zur Unterlage senkrechten Ebene, erlaubt aber auch leichte Schwenkungen der Tibia nach
vorn und hinten (s. unter Muskulatur). Die Tibia ist sehr schlank, der zweigliedrige Tarsus
ist gleich gebaut wie bei den Hinterbeinen (s. Tafelabb. 17).
5. Die Muskulatur des Prothorax ist zwar, dem geringen Umfang des Segments entsprechend,
nicht stark, aber sie ist recht wohl differenziert und ermöglicht, ähnlich wie ich
das schon für Aphis genauer geschildert habe, eine fein abgestufte E inwirkung des Prothorax
auf die Stech- und Saugorgane neben der bereits erwähnten vielseitigen Bewegung der
Vorderbeine.
a) Die I n t e r s e gm e n t a lm u s k e l n z w i s c h e n K o p f u n d (Pro-) t h o r a x * ) zerfallen
in dorsale, ventrale und dorsoventrale Züge:
a) Oism, dorsoventrale Intersegmentalmuskeln (Tafelabb. 11, 12): Oismi geht von der
Innenleiste des Pronotums NL an das Laterocervicale und ist ein Heber des Kopfes wie
Oism*, der von der gleichen Innenleiste (etwas weiter medial) nach dem lateralen Teil der
Postoccipitalleiste geht. Oism3 ist identisch mit dem Muskel, der oben als m. retractor labii
bezeichnet wurde (S. 12). E r geht vom Vorderrand des Mesonotums nach dem Basalglied der
Borstenscheide, ist aber offenbar dem Oism von Aphis homolog, der von einem hinteren,
abgegliederten Teil des Pronotums entspringt. Man kann daher annehmen, daß er erst sekundär,
im Zusammenhang mit der Skleritdegeneration im hinteren Teil des Pronotums, seine
Ursprungsstelle auf den Mesothorax verschoben hat.
ß) Odlm, dorsale Längsmuskeln (Tafelabb. 9, 1 1 , 12): Odlm, der einzige typische dorsale
Längsmuskel zwischen Kopf und Prothorax, ist ein Heber des Kopfes, er greift am
medialen Teil der Postoccipitalleiste an und entspringt am lateralen Teil der Innenleiste des
Pronotums NL, dicht über dem Pleuralarm. Ein zweiter Muskelzug, der ebenfalls an der
Postoccipitalleiste angreift und als Kopfheber wirkt, entspringt am Präphragma des Mesothorax,
geht also über den Prothorax weg und wird daher als I dlmi bezeichnet. E r ist vermutlich
aus zwei aneinanderschließenden Muskelzügen (Odlm und 1 dlm) entstanden.
y) Ovlm, der einzige ventrale Längsmuskel zwischen Kopf und Prothorax (Tafelabb.
1 1 , 12), dem vlmn des Grundschemas homolog, geht als breites, aus 3—4 Zügen zusam-
*) Die einzelnen Muskelzüge der verschiedenen Kategorien werden einfach in jedem Segment durchnumeriert. Die
Homologien mit den verschiedenen Muskelzügen des Grundtyps (Weber 1933) sind auf S. 31, soweit möglich, tabellarisch
dargestellt.