Lampen an den Endpunkten kenntlich gemacht*. Das Ergebnis eines Experiments, eine
Photographie, ist in Abbildung 71 festgehalten. Die drei kurzen Lichtflecke oben sind Sekundenmarken.
Die beiden folgenden Kurven, die nicht vollkommen parallel verlaufen, sind
durch die Beckenbewegung entstanden. Die dritte Kurve spiegelt die Gesamtbewegung des
Sternums, die sich aus der Körperbewegung und Sternum-Atembewegung zusammensetzt,
wider. Schließlich ist die untere feine Linie die beleuchtete Tisehkante, auf dem die Taube
lief. Die Taube bewegte sich von links nach rechts auf dem Bilde.
Die Auswertung der Kurven geschah durch Untereinanderrücken der entsprechenden
Kurvenabschnitte und Ausmessung der Becken-Sternum-Lampen-Abstände. Abbildung 72
zeigt die dadurch entstandene neue Kurve. Die obere Gerade ist die zur Null-Linie gemachte
Beckenkurve mit den Sekundenmarken; die mittlere Kurve ist die daraus entstandene
Sternumbewegung, und die unteren Kreuze sind die aus den Bewegungen des Beckens angenommenen
Schrittmarken. Aus dieser Kurve ergibt sich etwa folgendes Bild von der
Sternumbewegung beim Gehen: das in äußerster Einatmungsstellung nach unten ragende
Sternum hebt sich mit einer verhältnismäßig großen Geschwindigkeit bis zu einer Mittellage;
dann steigt es langsam immer höher, bis die höchste Ausatmungsstellung erreicht ist,
um dann in ganz kurzer Zeit bis zur vollen Einatmung herabzusinken. Eine solche Atembewegung
findet in jeder Sekunde etwa einmal statt. Es ist also gegenüber der ruhig stehenden
Taube ungefähr eine Verdoppelung der Atemfrequenz festzustellen.
Um den Zusammenhang von Schritt- und Atemfrequenz genauer zu bestimmen, wurde
eine andere Versuchsanordnung benutzt. Die Schwierigkeit eines solchen Experiments liegt
darin, die allgemeinen Körperbewegungen, die durch das Gehen entstehen B- Heben des
Abb. 73. Kurvenbild von der Schritt- and Atemfrequenzmessung einer T a ü b f e j
a = Sekundenmarken. b = Schrittmarken. Atembewegung.
Körpers durch die Beinstreckung, Drehung um die Schwerlinie, Pendeln um die Verbindungslinie
der Hüftgelenke und Bewegung des Kopfes —, von den kleineren Amplituden der
Atmung zu trennen. Die Atembewegungen wurden als Breitenänderungen durch Umlegen
eines elastischen Bügels um den Thorax der Taube gemessen. Ein elektrischer Kontakt
schloß bei der Thoraxerweiterung einen Stromkreis; die Schrittzählung erfolgte durch
einen elektrischen Kontakt am Bein. An der Tibia war ein Metallstift befestigt, entsprechend
den oben beschriebenen Klammern an den Thoraxknochen. Von dem Becken aus ragte ein
feststehender Drahtbügel so weit herab, daß eine Stahlfeder, die an der Klammer der Tibia
befestigt war, bei jedem Schritt einen elektrischen Stromkreis schloß. Durch den elektrischen
Strom, der getrennt in den beiden Kreisen floß, wurde je ein elektrischer Signalschreiber
bedient, der seine Zeichen auf die berußte Trommel eines Kymographions auftrug.
Ein dritter Signalschreiber gab die Sekundenmarken in bekannter Weise an.
Auf die Schwierigkeit, die kleine Atembewegung des Thorax gegenüber den Lokomotionsbewegungen
festzustellen, war schon oben hingewiesen. Und das Bild der Kurve, das
durch Abbildung 73 wiedergegeben ist, hat auf den ersten Blick keine vollkommene Überzeugungskraft.
Die Schrittzählungen, die durch die m ittlere K urve (b) wiedergegeben sind,
entsprechen im Ganzen den Anforderungen. Bei den Atembewegungen, die durch die unterste
Kurve (c) dargestellt sind, fallen kurze Kontaktzeichen gegenüber längeren auf. Diese
kurzen Stromstöße können nicht als Ausdruck von Atembewegungen gedeutet werden; sie
müssen auf die Körperbewegungen zurückgeführt werden. Sieht man von diesen kleinen
Kurvenzacken ab, so erscheint ein klares Bild. Die Kurven bewegen sich meist so, daß
eine Kurvenhöhe der oberen Linie mit einer Kurventiefe der unteren Linie zusammenfällt,
d. h. Vorwärtsschwingen des Beines läuft synchron mit Ausatmungsbewegung des Thorax.
Nun gilt dies für ein Bein. Es würde also nach dieser K urve ein Atemzug auf einen Doppelschritt
kommen. Der angeführte Kurventeil Abbildung 73 erstreckt sich über 4 Sekunden.
Während dieser Zeit wurden 12 Doppelschritte ausgeführt und ebenso viele Atemzüge. Das
würde eine Frequenzerhöhung von 600% gegenüber dem ruhenden Vogel bedeuten, d. h. eine
sechsmal größere Anzahl der Atemzüge. — Es sei hier hinzugefügt, daß das Vorwärtsbewegen
der Taube bei diesem Versuch mehr ein Laufen als ein Gehen darstellte.
Ich bin weit davon entfernt, aus diesem Versuchsergebnis eine direkte Koppelung zwischen
Gehen und Atmen abzuleiten. Nur möchte ich wie B e th e (1925) annehmen, daß auch
die Vögel wie andere Tiere „oft Beziehungen zwischen dem Rhythmus der Körperbewegung
und dem der Atembewegung“ herstellen. Man kann nicht sagen, S chritt und A tmung fallen
immer zusammen. Im Gegenteil, es wurden Kurvenbilder festgehalten, woraus sich eine
derartige Verquickung nicht ablesen läßt. Es besteht nur auf Grund der beiden Experimente
ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit dafür, daß ein solcher Rhythmus bei einem
Vogel häufig eingeschlagen wird. Ich lege aber Gewicht auf das grundsätzliche Ergebnis
dieses Experiments, auf die Feststellung eines inneren Zusammenhangs zwischen Atmung
und Schrittzahl: es ist für das Gehen entsprechend der größeren Beanspruchung des Organismus
eine bedeutende Frequenzerhöhung der Brustkorbbewegung experimentell nachgewiesen.
Die Untersuchungen, die sich auf die Bewegungen der ventralen Thoraxteile erstrek-
ken, sollen mit diesen Versuchen einen Abschluß finden, und es soll nunmehr die zweite Möglichkeit
der Thoraxerweiterung untersucht werden: die Atembewegungen der dorsalen
Brustkorbteile.
D ie A t emb ew e g u n g b e im Li egen.
Es war die Thoraxbewegung für eine sitzende Taube bereits untersucht worden; Rük-
ken und Becken bewegten sich bei den Volumenänderungen des Rumpfes. Eine Auseinanderbewegung
der Coracoide konnte nicht nachgewiesen werden (Abb. 65).
Wenn man sich ein Bild von der Wirkungsweise der Muskeln macht, die die Thoraxbewegungen
hervorrufen sollen, so ist es ohne weiteres klar, daß es für die Wirkung der
Muskeln gleichgültig ist, ob bei der Erweiterung des Thorax das Sternum oder der Rücken
die dazu notwendigen Bewegungen ausführen. Es ist augenscheinlich z. B. der M. rectus
abdominis ebenso gut in der Lage, das Sternum bei festgestelltem Becken in der Exspirationsphase
hochzuziehen, wie bei feststehendem Sternum das Becken herabzuziehen. Demnach
haben die Atemmuskeln beim ruhenden Vogel auch dieselbe Funktion wie beim stehenden.
Nur kann in der Kraftaufwendung ein Unterschied bestehen. Mit Hilfe der „Schiefen
Ebene“ war gezeigt worden, daß der zeitliche Ablauf von Einatmung und Ausatmung in
beiden Körperlagen dasselbe Ergebnis hatte, nämlich die Einatmung ging schneller vor
sich als die Ausatmung. Im Gegensatz dazu stand das Ergebnis bei der Rückenlage des
Vogels.
Auf einen Unterscheidungspunkt sei allerdings hingewiesen. Da der Abstand Brustwirbel
Schultergelenk bei der Einatmung sich vergrößert, so muß notwendigerweise die