im Gebiete des Memel-Deltas ein ausgesprochener, bisher unbemerkt gebliebener Herd
menschlicher Katzenegel-Erkrankung vorhanden ist. R in d f l e is c h (1910) stellte 40 an
der Königsberger Klinik beobachtete Opisthorchis-Fälle zusammen, die sich zwanglos in
3 Gruppen teilen ließen: 1 . Fälle, in denen die Opisthorchis-Infektion nur als harmloser
Nebenbefund erhoben wurde (25 Fälle), 2. Patienten mit nachweisbaren Veränderungen
der Leber und subjektiven Störungen seitens der Bauchorgane (10 Fälle), 3. Fälle, in
denen die parasitenhaltigen Organe zugleich der Sitz bösartiger Neubildungen waren
(5 Fälle). In 2 der Königsberger Fälle wurden auch im Pankreas, das ebenfalls Sitz des
Katzenegels sein kann, schwere Veränderungen angetroffen. Die Beobachtungen A ska-
nazys über den Zusammenhang von Opisthorchis-Befall und primären Leberkrebs ist
auch insofern bedeutungsvoll, als hierdurch die ursächliche Rolle von Wurmparasiten
bei der Entstehung maligner Neubildungen in den Gesichtskreis gerückt worden ist. In
jüngster Zeit sind auch aus anderen Opisthorchis-Gebieten ähnliche Beobachtungen mitgeteilt
worden, die die Annahme A skanazys zu bestätigen scheinen. R om a n ow (zit. nach
R u d it zk i 1928) fand unter 106 in Tomsk sezierten Opisthorchis-Fällen 2 Mal ein Karzinom
des Pankreaskopfes. R u d it zk i (1928) beobachtete bei der Obduktion einer Patientin
vom Ufer des Dnjepr das Zusammentreffen von starker Opisthorchis-Invasion und einem
Gallengangskrebs. Eine weitere Bestätigung enthalten Beobachtungen an Opisthorchis-befallenen
Tieren aus Holland. H o o g l a n d (1929 und 1932) konnte bei 5 Katzen und 1
Hunde mit spontaner Leberdistomatose primäre Leberkarzinome feststellen, die ihren Ausgang
von den Gallengängen genommen hatten. Erwähnt sei schließlich noch in diesem
Zusammenhänge, daß auch der mit 0. felineus sehr nahe verwandte Leberegel Ostasiens
Clonorchis sinensis schon öfters beim Menschen mit primärem Leberkarzinom vergesellschaftet
angetroffen worden ist.
Obwohl sich seit dem Bekanntwerden der Infektionsquelle für die Opisthorchis-In vasion
Möglichkeiten der Prophylaxe eröffnet haben, ist der Katzenleberegel auch heute
noch im Memel-Delta als Menschenparasit keineswegs selten. 1929 fand ich bei der Untersuchung
der Entleerungen von 5 Leuten aus dem Dorfe Inse an der Landseite des Kuri-
schen Haffes in 2 Fällen Eier des Katzenleberegels. Zsc h u c k e , S z id a t und W ig a n d (1932)
untersuchten 213 Bewohner des gleichen Dorfes und fanden 6,5% mit Opisthorchis befallen.
Neuere Untersuchungen S k r ja b in s und seiner russischen Mitarbeiter haben einen
sehr umfangreichen Herd menschlicher Opisthorchiasis östlich vom Ural in den ausgedehnten
Niederungen des Ob und Irtysch aufgedeckt. Es scheint hier überhaupt der
stärkste bisher bekannte Herd unseres Parasiten vorzuliegen. Bei den Ostjaken, Wogulen,
Syrjanen und Samojeden sind nach Sk r ja b in (1932) durchschnittlich 85,2°/0 der Bevölkerung
mit Opisthorchis felineus infiziert. Der Schaden durch den Parasiten sei ungeheuer
und verlange energische Bekämpfungsmaßnahmen.
Schon 1893 hatte B ra u n sich deutlich darüber ausgesprochen, in welcher Richtung
die Infektionsquelle fü r Opisthorchis und verwandte Arten zu suchen sei. „Daß die Cer-
carien in einen zweiten Zwischen wirt eindringen, dürfte in Berücksichtigung der End wirte
wohl außer Frage stehen; ebenso wird man kaum fehlgehen, wenn man Fische als Vermittler
in Betracht zieht.“ A skanazy konnte dann 1904 als Ergebnis von Fütterungsversuchen
an Katzen und Hunden berichten, daß die Pl öt z e , Leuciscus rutilus, eine Infektionsquelle
für den Katzenleberegel darstelle und ein J a h r später, daß der A l a n d (ostpreußisch:
Tapar), Idus melanotus, in noch viel stärkerem Maße infektiös ist. A skanazy
vermutete auch in Distomum-Cysten der Fischmuskulatur das Larvenstadium des Katzenleberegels
erkannt zu haben. Diese bisher ausschließlich in Ostpreußen angestellten Fütterungsversuche
wurden dann von CiUREA (1914—1917) in Rumänien weitergeführt und
ließen folgende 7 Fischarten als dortige Opisthörchis-Zwischenwirte erkennen: Sc h l e i e
(Tinea tinca), Al a n d (Idus melanotus), B a r b e (Barbus barbus), K a r p f e n (Cyprinus
carpio), B r a c h s e (Abramis brama), R o t a u g e (Scardinius erythrophthalmus) und
B l i c k e (Blicca björkna). Unter diesen Fischen stellten die Schleie und der Aland die
Hauptzwischenwirte dar, d. h. sie vermittelten die stärksten Opisthorchis-Iniektionen.
Nach mühevollen Fütterungsversuchen mit Trematoden-Cysten, die aus der Fischmuskulatu
r isoliert worden waren, gelang es CiUREA, auch das Larvenstadium von Opisthorchis
einwandfrei festzustellenj Die Larven saßen im Innern von kurzelliptischen, seltener
rundlichen Cysten, die aus einer äußeren bindegewebigen Kapsel und einer dünnen hyalinen
Membran bestanden. Die Cysten waren mit der äußeren Kapsel gemessen 0,24 bis
0,34 mm lang und 0,18—0,24 mm breit, ohne diese maßen sie 0,20—0,26 :0,12—0,18 mm.
Die aus der Cyste ausgeschlüpfte Larve war im Ruhezustand etwa 0,56 mm lang und
0,14 mm breit, bei Streckung aber viel länger und schmäler. Sie besaß eine mit kleinen
Stacheln besetzte Cuticula, 2 Saugnäpfe, von denen der Bauchsaugnapf etwas größer war
und hinter der Körpermitte lag, ferner ein wohlentwickeltes Darmsystem, dessen Gabelung
sich mitten zwischen den Saugnäpfen befand, eine rundlich bis elliptisch gestaltete
Exkretionsblase, die infolge Einlagerung stark lichtbrechender Kalkkörperchen schwärzlich
erschien und fast den ganzen Hinterkörper einnahm, und schließlich die Anlage der
Genitalorgane, von denen die Hoden beiderseits der Exkretionsblase deutlich schief zu einander
standen. Ganz ähnliche Charaktere zeigten übrigens auch die Cysten bzw. Meta-
cercarien zweier anderer Opisthorchiiden Pseudamphistomum danubiense und Metorchis
albidus. Die seinerzeit von A skanazy als Opisthorchis-Stadien angesprochenen enzystier-
ten Distomen aus der Fischmuskulatur waren nach CiUREA keine Larven des Katzenleberegels,
sondern junge Holostomiden. CiUREA hat auch die morphologische Entwicklung der
Opisthorchis-Met&cerc&Tien bis zum geschlechtsreifen Tiere verfolgt. 3 Stunden nach der
Fischfütterung waren einige Larven bereits in die Gallenblase der Versuchstiere gelangt.
Nach 10 Stunden waren alle Larven in der Gallenblase angesiedelt und im Beginn der
Auswanderung nach den Gallengängen der Leber. Nach 12 Tagen enthielt der Uterus der
ca. 3 mm langen jungen Opisthorchis bereits mehrere Eier, so daß die Tiere als geschlechtsreif
anzusehen waren.
Da nach den in Rumänien gewonnenen Ergebnissen ClUREAS zu erwarten war, daß
auch im ostpreußischen Opisthorchis-Herde außer Aland und Plötze noch andere Fische
an der OpisthorcMs-Übertragung beteiligt sind, verfütterte ich (Vo g e l 1929) 6 Arten ostpreußischer
Fische an infektionsfreie Hamburger Katzen und Hunde. Die Fische entstammten
einem Dorfe des Memel-Deltas, in dem praktisch alle Katzen und 6,5% der
Menschen (Zsc h u c k e , S z id a t und W ig a n d 1932) mit Opisthorchis befallen sind. Die
Fütterung ergab, auf 1 kg Fisch umgerechnet, nach Verabreichung von Tinca tinca 180,
von Scardinius erythrophthalmus 60, von Idus melanotus 56, und von Blicca björkna 9
Exemplare von O. felineus. Nach Verabreichung von Plötze und Barsch tra t keine Infektion
ein. Die Schleie scheint also nach diesen Versuchen in Ostpreußen die stärksten In fektionen
zu vermitteln, 3mal stärkere als Scardinius und Idus, während die Plötze in
Übereinstimmung mit den Ergebnissen A skanazys nur eine geringe Rolle als Überträger
spielt. Kürzlich hat S ch u u rm a n s -St ek h o v e n (1931) auch in Holland bei der Untersuchung
von Süßwasserfischen auf Trematodencysten Opisthorchis-Met&cerc&rien angetroffen. Leu