Merkmale, die für die reife Cercarie charakteristisch sind, z.B. die Augenflecke, Bohrdrüsen,
Pigmentzellen und der Flossensaum des Schwanzes. Am Vorderende hat sich eine Zellenmasse
ahgegrenzt und bildet die rundliche, zunächst noch völlig massive Anlage des
Mundsaugnapfes. Eine kleine halbkugelige Vorwölbung an der Ventralseite stellt die Anlage
des späteren Bauchsaugnapfes dar. Ein Stück hinter dem Mundsangnapf (M. S. N.)
erkennt man im Körperinnern eine kleine kugelige Anhäufung von Zellkernen, die sich
später zum Pharynx ausgestaltet. Im Körperhinterende liegt in der Medianlinie ein spallt
förmiger Hohlraum, die Anlage des Exkretionssystems, der sich ein Stück in die Schwanzwurzel
hinein fortsetzt. Wimperflammen habe ich in diesem Stadium noch nicht gesehen.
Die übrigen Abschnitte des Körpers lassen keine Differenzierung erkennen. Der Schwanz
ist noch nicht sehr scharf vom Körper abgesetzt, er verjüngt sich ziemlich plötzlich nach
dem Ende zu und ist gewöhnlich durch einige Ringfalten in mehrere Abschnitte unterteilt.
Seine Länge beträgt erst 2/s bis Vz der Körperlänge, während er bei der reifen Cercarie
später ca. 3mal So lang wie der Körper j# . Rumpf und Schwanz sind durchsetzt von
kleinen Tröpfchen, die — wie die Färbung mit Sudan I I I zeigt I fettartiger Natur sind.
Die Bewegungsfähigkeit ist in diesem Stadium noch sehr gering. Nur hin und wieder sah
ich träge Kontraktions- und Streckbewegungen. Ich vermute deshalb, daß die Cercarie
nicht fähig ist, die mütterliche Hülle mit eigenen Kräften zu verlassen. Wahrscheinlich
wird die jeweils am weitesten vorn liegende und zugleich am weitesten entwickelte Cercarie
vorwiegend passiv herausgepreßt, wenn der durch die wachsende Nachkommenschaft
erzeugte Binnendruck im Keimschlauch eine gewisse Höhe erreicht und die Körperwand
am vorderen Ende der Leibeshöhle zur Ruptur gebracht hat. Ich sah in einer Redie niemals
mehr als 1—2 Cercarien gleichzeitig das schlüpfreife Stadium erreichen (Abb.'lf).
Die Weiterentwicklung nach der Geburt findet zwischen den Läppchen der Mitteldarmdrüse
statt, wo ich Cercarien stets in reichlicher Zahl auf den verschiedensten Entwicklungsstufen
angetroffen habe (T.I,Abb.9b). Das jüngste Stadium gleicht noch ganz
dem eben geschilderten aus der Redie. Der Schwanz ist etwa ein halb mal so lang wie der
Körper (Körperlänge 130—150 n, Schwanzlänge ca, 75 Augenflecke sind noch nicht
erkennbar. Kurz darauf differenziert sich in der Körpermitte ein Komplex großer Zellen.
Es sind die späteren Bohrdrüsen.
T. I, Abb. 10 c zeigt das nächste Stadium. Der Schwanz ist jetzt etwa gleich lang wie
der Rumpf. Der Mundsaugnapf ist noch immer massiv, d. h. ohne inneren Hohlraum. Die
Anlage des Bauchsaugnapfes (B.S. N.) ist als ventrale Vorwölbung erkennbar, deren Mitte
häufig eine zweite kleinere Kuppe aufsitzt, so daß das ganze Gebilde an eine Mamilla erinnert.
In seiner Basis liegt eine Anzahl von Zellkernen. Diese lassen noch keine radiäre
Anordnung erkennen und es fehlt auch noch jede Spur von Muskelfasern. Der spaltförmige
Hohlraum am Hinterende hat sich etwas erweitert und läßt jetzt als äußere Begrenzung
eine Lage großkerniger Zellen erkennen, das Epithel der Exkretionsblase. Als neue Organe
treten in diesem Stadium im Vorderende die beiden Augenflecke und im ganzen
Körper verteilt, zahlreiche Pigmentzellen auf. Die Augenflecke sind aus kleinen runden
Tröpfchen zusammengesetzt, die zunächst blaßgrau erscheinen, bald aber eine dunkel
schwarzbraune Färbung annehmen. Die Pigmentzellen besitzen eine unregelmäßige Gestalt
und sind mit Fortsätzen versehen. Sie bestehen aus einem kleinen runden Kern und
einem gelblich bis grünlich gefärbten Plasma, das in diesem Stadium noch homogen erscheint,
später in der reifen Cercarie aber in einzelne Farbtröpfchen zerfällt. Auf der
Dorsalseite des Schwanzes erkennt man als erste Anlage des Flossensaumes eine niedrige
kielartige Erhebung.
In der Folgezeit treten allmählich alle übrigen Charaktere der voll entwickelten Cercarie
hervor. In der Körperhaut wird ein feiner Stachelbesatz sichtbar. Der bisher massive
M. S.N. gestaltete sich zu einem Hohlorgan mit muskulösen Wandungen und tritt durch
•eine Mundöffnung mit der Außenwelt in Verbindung. Die Anlage des B. S. N., die bisher
knopfartig nach außen hervortrat, wird allmählich in das Innere des Körpers eingezogen
und dadurch fast unsichtbar. Die Bohrdrüsen treten deutlicher hervor und lassen ihre
nach dem Kopfende ziehenden Ausführgänge erkennen. Unter der Cuticula der seitlichen
Körperpartie und des Rückens entstehen große Zellen mit granuliertem Plasma, die Cy-
stogenzellen. Die Exkretionsblase erhält ihre endgültige runde Form und Größe. Die zeitige
Struktur der Cercarie ist kurz vor der Auswanderung aus der Wirtsschnecke viel zarter
und durchsichtiger als nachher. Infolgedessen läßt sich der im nächsten Abschnitt geschilderte
Aufbau dees Exkretionssystems aus Wimperzellen und Kanälchen viel besser
studieren als bei der freischwimmenden Form. Der Schwanz hat sich inzwischen beträchtl
i c h in die Länge gestreckt. Seine Konturen zeigen zunächst unregelmäßige knotenförmige
Verdickungen, die später verstreichen. E r ist jetzt scharf gegen das Körperende abgegrenzt
und in dieses mit einem zapfenartigen Vorsprung eingelenkt. Von dem spaltförmigen
Exkretionsraum, der früher in die Schwanzbäsis hineinführte, ist nichts mehr
erkennbar. Der Flössensaum ist schon in seiner endgültigen Form vorhanden, dagegen
fe.blh noch die blasenartige Abhebung der Cuticula an der Schwanzbasis, die die frei
Schwimmende Cercarie auszeichnet.
Kurz nach der Geburt ist die Cercarie so gut wie bewegungslos. Mit zunehmender
Differenzierung treten träge Form Veränderungen des Rumpfes und Krümmungen des
Schwanzes auf. In dem zuletzt geschilderten Stadium, das dem Ausschwärmen aus dem
Wirte vorausgehpführt die Larve bereits energische peristaltische Körperbewegungen und
wenn sie aus dem Wirtsgewebe in Wasser überführt wird typische Schwimmbewegungen
initedein Schwänze aus,
Bemerkenswert an der Entwicklung der Opisthorchis-Cercarie ist der f r ü h e A u s t
r i t t a u s d e r R e d i e a u f e i n e m f a s t no c h al s emb r y o n a l zu b e z e i c h n e n de
n S t a d i u m . Ein solches Verhalten scheint für alle Cercarien der Pleurolophocerca-
Gruppe charakteristisch zu sein. Es wurde von S ew e l l bei den Cercarien Ind. V II und
VIII, von McCo t (1929) bei der Cercaria floridensis, von D ü BOIS (1928) bei der Cercaria
lophocerea Fil. und von Stu n k a rd (1930) bei der Cercarie von Cryptocotyle linqua beobachtet.
Ob die Clonorchis-Cercarie ebenfalls als „Frühgeburt“ die Redie verläßt, wie ich
annehmen möchte, geht aus der Arbeit von F a u st und K h aw nicht eindeutig hervor*),
Eine vorzeitige Geburt unreifer Cercarien und Vollendung der Entwicklung im Schneckengewebe
ist übrigens auch in einer ganz anderen Cercariengruppe beobachtet worden,
nämlich bei Vertretern der Amphistomiden-Familie (Looss 1892 und 1896 und B rum pt
1929).
*) A n m e r k u n g : Die Autoren schreiben S. 61: „The mature cercaria. Although this stage in development
can be obtained by dissecting the rediae containing the mature larvae out of the inter-hepatic lymphsinuses of the snail,
it is more readily recognized as being actually mature if one places individual snails in test tubes and allows the cer-
cariae to escape of their own accord from the snail. This process is initiated by the cercariae first breaking out of
the mother redia, when the body cavity of the rediae becomes too tightly packed with maturing larvae and by the
completion of their development in the free interhepatic lymph spaces of the host“. Fig. 17, Tafel 3 dieser Arbeit zeigt
eine Redie, die neben unentwickelten Stadien 2 Cercarien mit deutlich ausgebildeten Augenflecken enthält.