Erster Hauptteil. Das Skelettmuskelsystem.
A. Der Kopf.
Der Kopf der Homopteren gliedert sieh in der Regel*) deutlich in drei Teile, das
E p i c r a n i um, das. die Angen und Antennen trägt, und, so lange die Lagerungsver-
hältnisse nicht, wie hei den Psyllinen, sekundär stark verändert sind, den dorsalen Teil
des Kopfes bildet, den V o r d e r köpf , in dem die 2 Stechborstenpaare wurzeln und der
der Träger der ventral gelegenen Mundöffnung ist, und schließlich das aus dem Bereich
des Kopfes mehr und mehr in den des Prothorax geratene, abgegliederte L a t i um, das
als Scheide die gebündelten Stechborsten umfaßt und führt.
I. Das Epicranium. (Tafelabb. 6, Textabb. 1.)
Am Aufbau des Epicraniums beteiligen sieh ursprünglich die unpaaren, hintereinander
gelegenen Kopf bezirke Frons (Stirn!, Vertex (Scheitel), Occiput (plinterhaupt) und
Postocciput, sowie die seitlich am-lle anschließenden paarigen Genae (Wangen) und Pöst-
genae. Die S t i r n , bei .den Orthopteroiden und anderen kauenden Insekten ein drei-
Textabb 1 Schematische F rontalansichten dSs Kopfs von: # einem orthopteroiden Inseist, b) e in e r C ix ji
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(Aphü
eckiges, durch den unpaaren Frontalocellus charakterisiertes Sklerit (Abb. 1 a), nähert
sich diesem Verhalten noch am meisten bei den Cicadinen, wo sie wenigstens bei manchen
Formen als dreieckiger, allerdings kleiner (Textabb. 1 e) bis winziger (Textabb. 1 b) Träger
des Frontalocellus deutlich, außen durch Naht, innen durch Leiste, ahgegrenzt ist und sich
*) Der Kopf der Coccidenmännchen, der im Zusammenhang mit dem Fehlen von Mundwerkzeugen und der meist
atypischen Entwicklung der Augen stark abgeleitet erscheint, bedarf noch eingehender Untersuchung und wird daher zum
Vergleich nicht herangezogen.
in den vorderen Randteil des Epicraniums eingliedert. In entsprechender Lage findet
man sie auch hei den Psyllinen als zungenförmigen Streifen zwischen den beiden kegelförmigen
Vorsprüngen Kg des Epicraniums (Textabb. Id), die ich 1929 noch für Teile
der Stirn hielt, die aber in Wirklichkeit, wie die bis zu den Orthopteroiden zurückgehende
vergleichende Betrachtung lehrt, entweder zum Vertex oder, C r a w f o r d s Annahme entsprechend,
zu den Genae gehören. Den Aphidinen fehlt die Grenznaht zwischen Stirn
und Vertex (Textabb. 1 e) und dadurch leiten sie zn den Aleurodinen über, bei denen dasselbe
gilt, hei denen aber auch der Frontalocellus fehlt, der bei den Aphidinen, wenigstens
bei den geflügelten Morphen, vorhanden ist und bei denen zudem die Grenze zwischen
Frons und Clypeus, die allen bisher genannten Formen deutlich zukommt, verwischt und
unkenntlich ist. Daher kann man die Lage der Stirn nur, im Sinne von Textabb. 1 f, vermuten,
indem man die hintere Grenze des Ursprungs der Dilatatoren der Mundpumpe
(Tafelabb. 1,11, m. dil.) als hintere Grenze des Clypens annimmt; daher kann man bei den
Aleurodinen den Vorderkopf wenigstens auf seiner Frontalseite nur annähernd entlang
dieser mutmaßlichen Grenze vom Epicranium scheiden. Der Aleurodinenkopf ist demgemäß
ein in viel höherem Grad einheitliches Gebilde als der Kopf der anderen Homopteren.
Dieses Verhalten ist schon bei der Aleurodinenlarve vorbereitet, deren Vorderkopf extrem hypognath gestellt, d. h. vollkommen
auf die Bauchseite gerückt ist und nach vorn ohne jede Abgrenzung in die weichhäutigen Teile übergeht, die auf
der Bauchseite das Epicranium vertreten. Im Verlauf der Umgliederung, die der Larvenkörper während des 4. Larvenstadiums
erfährt und die zur Ausbildung der imaginalen Körperform und -gliederung führt, kommt es zwar zur Änderung der Kopfstellung
von hypognath zu orthognath mit etwas hypognather Haltung, und die Form der imaginalen Kopfkapsel wird herausmodelliert,
aber eine Abgrenzung des Vorderkopfs stellt sich nicht ein (s. Weber 1934).
Wie Tafelabb. 5 e und 7 zeigen, wird die hintere Grenze des Epicraniums von einer
dorsal sehr niederen, seitlich etwas höher werdenden Innenleiste gebildet. Die Leiste ist,
da an ihr intersegmentale, vom Thorax kommende Muskeln angreifen (Tafelabb. 2,11,12),
als P o s t o c c i p i t a l l e i s t e (poc L) und damit als vordere Abgrenzung des Labialsegments
anznsprechen. Ein skierotisiertes P o s t o c c i p u t ist aber nicht vorhanden; an die
Leiste schließt sich hinten unmittelbar die Nackenhaut (NH) an, die somit das Tergum
des Labialsegments enthält. Auch eine Occipit alleiste oder -naht fehlt, das H i n t e r h
a u p t ist also vom S c h e i t e l nicht abgegrenzt und dieser ist auch nicht, wie das sonst
meist der Fall ist (Textabb. la—d), durch eine mediane Coronalnaht halbiert. Der mittlere
Bezirk des Kopfdaches steigt vielmehr ungeteilt in einer Wölbung vom Nacken auf,
wölbt sich nach den Seiten zu den Ocellen und Komplexaugen herunter und fällt vorn
(frontal), immer schmäler werdend, bis zum Clypeus ab, der nur durch eine seichte Querfurche
in Ante- und Postclypeus geteilt ist (AC1, PCI) und mit dem kurzen, nur undeutlich
von ihm abgesetzten Labrum (Oberlippe, OL) endet. Die Seitenränder des vorderen (frontalen)
Teils dieses im Ganzen dreieckigen, vom Nacken bis zur Oberlippe reichenden
Skleritbands sind eingefaltet und bilden innenskelettale Leisten (RL, Textabb. lf), die
dorsalwärts verstreichen. Links und rechts schließen sich an sie schwach skierotisierte
Felder an, in denen die von H a r g r e a v e s bereits beschriebenen 7gliedrigen Antennen
(s. S. 52) wurzeln und weiter dorsalwärts die beiden ovalen Scheitelocellen (Oc) liegen.
Von den Lateralwänden des Epicraniums, welche die geteilten Komplexaugen (S. 51)
tragen und nach rückwärts durch die seitlichen Teile der Postoccipitalleiste begrenzt
werden, sind jene Felder wenigstens im frontalen Teil durch eine Hautfalte (Fa,
Textabb. 1 f , Tafelabb. 5) geschieden, ventralwärts laufen sie in die G e n a e (G) aus, die
ebenfalls wenig skierotisiert sind und an die sich hinten die lappenförmigen, skierotisier