
Die S i n n e s p a p i l l e n der Metacercarien bleiben während des Heranwachsens
erhalten. Allerdings scheinen die kleinen Stiftchen, die ich bis zum 20-Tage-Stadium
nachweisen konnte, späterhin verlorenzugehen. An den S a u g n ä p f e n und am gesamten
V e r d a u u n g s s y s t em ist nur eine Größenzunahme zu beobachten.
Wir hatten bei der Metacercarie eine Anzahl von K o p f d r ü s e n kennengelernt und
als identisch mit den Bohrdrüsen der Cercarie erkannt. Interessanterweise bleiben diese
larvalen Gebilde auch während des weiteren Lebens im Endwirte erhalten. Ich fand sie
bei 9, 11 und 20 Tage alten Egeln an der gleichen Stelle wie bei der Metacercarie, d. h.
zwischen der Darmgabelung und dem B.S. N. (T.VII u .V III, Abb. 40 u. 41). Sie sind auch
beim ausgewachsenen Wurme vorhanden, wenn auch wegen der größeren Körperdicke
schwerer sichtbar. Daß es sich nicht etwa um funktionslose Überreste aus der Larvenzeit
handelt, sondern um aktive Organe, geht aus der dichten Füllung der Drüsenkörper
und Ausführgänge mit Sekretkörnchen hervor. Bei stärkerer Pressung sah ich
das Sekret wiederholt aus den Mündungsstellen am Kopf austreten. Eine Vermehrung
dieser aus dem Cercarien-Stadium übernommenen Drüsen findet offenbar nicht statt.
Dagegen erfahren die zuerst im Metacercarienstadium in relativ spärlicher Zahl aufgetretenen
H a u t d r ü s e n beim geschlechtsreifen Wurme einen bedeutenden Zuwachs.
Sie bilden schließlich einen dichten Kranz um den seitlichen und ventralen Rand des
M.S.N. herum (T.VIII, Abb. 41). Der dorsale Abschluß dieses Drüsenringes wird von den
Ausführgängen der eben genannten Kopfdrüsen gebildet, die jetzt an Masse stark hinter den
Hautdrüsen zurücktreten. Auch in den lateralen Partien der Ventralfläche sind die Hautdrüsen
wesentlich zahlreicher geworden als bei der Metacercarie. Nach hinten reicht die
Ausbreitung der Hautdrüsen nur bis zur Mitte des Bauchsaugnapfes. Die Kopf- und Hautdrüsen
sind nur am lebenden Wurme und auch dann nur an frischen Exemplaren deutlich
erkennbar, verschwinden hingegen am fixierten und gefärbten Totalpräparat so gut wie
völlig. Nur so erklärt es sich wohl, daß dieses stark entwickelte Drüsensystem bei Opisthor
chis bisher noch nicht beschrieben worden ist. Bei Clonorchis sinensis sind derartige
Drüsen von J j im a (1886) und L e u c k a r t (1886—1901) gesehen worden. Es handelt sich
nach L e u c k a r t um große, flaschenförmige Drüsenzellen von derselben Beschaffenheit,
wie sie bei Dicrocoelium lanceatum Vorkommen. Sie besitzen lange, nach vorn gegen den
Kopfrand gerichtete Ausführgänge und liegen vorwiegend in den Seitenteilen des Kopfes.
L e u c k a r t hat diese Gebilde als „Kopfdrüsen“ bezeichnet. Aus ihrer Lage scheint aber
hervorzugehen, daß es sich nicht um die eigentlichen bei Opisthorchis hinter der Darmgabelstelle
gelegenen Kopfdrüsen im Sinne von Looss handelt, sondern um am Kopfe ausmündende
Hautdrüsen. Im Gegensatz zu J j im a und L e u c k a r t verneinen F a u s t und K h a w
den Befund derartiger Organe bei Clon orchis, „we have seen no traces in the adult Clon orchis
of special digestive or secretory glands (histolytic glands) which might serve the function
of digesting host tissue. The worm, nevertheless, appears to produce a substance some-
what toxic to the h o st. . . “ Bei der weitgehenden morphologischen Übereinstimmung, die
zwischen Opisthorchis und Clonorchis besteht, hege ich kaum einen Zweifel, daß Kopf-
und Hautdrüsen in beiden Gattungen, wahrscheinlich sogar bei allen Opisthorchiiden
Vorkommen.
Über die F u n k t i o n d i e s e r D r ü s e n lassen sich zunächst nur Vermutungen
anstellen. L e u c k a r t dachte bezüglich entsprechender Drüsen bei Dicrocoelium lanceatum
an eine „reizende Einwirkung auf die Gewebsteile des Wirtes“ . Looss (1894) bestätigte
diese Ansicht und setzte die Trematoden in Analogie zu anderen Parasiten, „welche durch
das Sekret gewisser Drüsen einen verstärkten Zufluß von Säften zu ihrem Sitz veranlassen“.
F ü r eine Beziehung dieser Drüsen zur Nahrungsaufnahme spricht nach Looss auch ihre
Anhäufung im Vorderkörper und besonders in der Umgebung des Mundes. Diese Beziehung
zur Mundöffnung sehen wir auch bei den Kopf- und Hautdrüsen von Opisthorchis. Ich
möchte annehmen, daß das Sekret dieser Drüsen proteolytische Fermente enthält, die das
Epithel der Gallengänge auflockern und zur Ablösung bringen. In stark befallenen Gallenwegen
erkennt man histologisch in Nachbarschaft der Parasiten einen Brei von zerfallenden
Epithelzellen und Entzündungszellen (T.VIII, Abb.42), der möglicherweise den Würmern
als N ahrung dient. Die R ichtigkeit dieser Deutung vorausgesetzt, die ich noch durch
künftige Experimente zu stützen hoffe, hätten wir also eine Art von extraintestinaler Verdauung
vor uns, wie sie H o e p p l i (1927) bei manchen parasitischen Nematoden und S z i d a t
(1929) bei Holostomiden angenommen haben. F ü r die Bohrdrüsen der Cercarien, die, wie wir
gesehen haben, bei Opisthorchis mit den späteren Kopfdrüsen identisch sind, wird eine
gewebslösende Wirkung des ausgeschiedenen Sekretes schon allgemein angenommen. Das
Drüsensekret erwachsener Opisthorchis ist vielleicht auch eine der Ursachen für die p a t
h o l o g i s c h e n V e r ä n d e r u n g e n der Gallenwege, insbesondere der Bindegewebsvermehrung
in den Wandungen und der Hypertrophie oder in schweren Fällen karzinomatosen
Entartung des Epithels.
Das E x k r e t i o n s s y s t em des heranwachsenden Wurmes besitzt im wesentlichen
den gleichen Bau wie das der encystierten Jugendformen. Einige 9 Tage alte Würmer,
deren Exkretionssystem ich vollständig untersucht habe, zeigten dieselbe Zahl von
Wimperzellen innerhalb der einzelnen Gruppen wie die Metacercarie, mit Ausnahme
eines einzigen Exemplares, dessen hinterste Gruppe bereits aus 7 sta tt 6 Terminalorganen
zusammengesetzt war. In älteren Würmern stößt die Untersuchung der feineren
Kanälchen und der Wimperzellen infolge der Entwicklung der Fortpflanzungsorgane auf
Schwierigkeiten. Der von der Exkretionsblase eingenommene Raum wird innerhalb der
ersten Infektionswoche durch die zunehmende Entwicklung des Testes immer mehr eingeengt.
Hierdurch nimmt die ursprünglich breit sackförmige Blase allmählich die Gestalt
einer schlanken Röhre an, die sich in einer S-Kurve zwischen den männlichen Keimdrüsen
hindurchwindet.
Die F o r t p f l a n z u n g s o r g a n e lassen bereits im 9-Tage-Stadium alle Bauelemente
des erwachsenen Wurmes erkennen (T.VII, Abb. 40). Keimdrüsen und Leitungswege sind
vollständig angelegt, Eier und Spermien aber noch nicht vorhanden. Nach 11 Tagen enthält
etwa die Hälfte der jungen Würmer bereits eine Anzahl von Eiern im proximalen
Abschnitt des Uterus und spärliche Samenfäden in der Vesicula seminalis. Die weiblichen
Geschlechtswege, insbesondere das Receptaculum seminis sind dagegen noch völlig frei von
männlichen* Keimzellen. Eine Befruchtung der Eier kann also offenbar noch nicht sta ttgefunden
haben. Eier und Samenfäden treten etwa zur gleichen Zeit erstmalig auf. Von
einer Protandrie, die bei Trematoden als das übliche Verhalten bezeichnet wird, kann bei
Opisthorchis also kaum die Rede sein.
Im 20-Tage-Stadium gleichen die Würmer, abgesehen von der Größe, schon vollständig
ausgewachsenen Exemplaren. Der Uterus ist bis zu seinem Ende prall mit Eiern
gefüllt. Spermien lagern in dichter Masse in der Vesicula seminalis und im Receptaculum
seminis. Im Uterus fand ich auffallenderweise keine Samenfäden, was in einem gewissen
Gegensatz zu der Beobachtung von Looss steht, daß das Sperma zunächst ausschließlich
Zoologica, Heft 86.