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F. Zur Abstammung der Amphibien.
Auf Grund dieser Erkenntnisse und der hier erörterten Vorstellungen über die Phylo-
genie der Urodelen ergeben sich auch einige wesentliche Gesichtspunkte über die Abstammung
der Schwanzlurche als Gesamtgruppe. Es ist ja die heute vorherrschende Ansicht, daß
die Urodelen aus den Stegocephalen hervorgegangen seien, und zwar werden die Branchio-
saurier als Stammgruppe betrachtet. Besonders Z i t t e l (1893), M o o d i e (1908), A b e l (1919),
W a t s o n (1926), G o o d r i c h (1930), N o b l e (1930), N a e f (1931) seien hier genannt. Da die
Branchiosaurier als Stegocephalen aber eine bedeutend höhere Zahl an derben Kopf-
knochen aufweisen als die Urodelen, wird angenommen, daß einige dieser Schädeldeckknochen
im Laufe der phylogenetischen Entwicklung verlorengegangen seien; es ist logisch,
daß im Rahmen solcher Vorstellungen die Formen, welche einen derben Schläfenbogen
besitzen, als primitivste Typen angesehen werden, z. B. Diemictylus viridescens von A b e l .
Ich hoffe jedoch, hinreichend dargelegt zu haben, daß diese Annahme nicht gerechtfertigt
ist, daß vielmehr alle anatomischen und biologischen Befunde mit Sicherheit dartun, daß
die Arten, die einen Arcus frontotemporalis besitzen, als hochentwickelte Typen angesehen
werden müssen. Weiter mußten wir feststellen, daß ein geschlossener Schläfenbogen in verschiedenen
Gattungen der Salamandridae anzutreffen ist. Es muß somit als sicher angenommen
werden, daß die Abstammung der Urodelen von Stegocephalen mit diesen Befunden
nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann. Weiterhin ist bemerkenswert,
daß auch die ältesten Stegocephalen dem Carbon entstammen, aus dieser Schicht in drei
getrennten Ordnungen erhalten sind (W a t s o n 1925), also mit den Urodelen gleichzeitig
auftreten, die in zwei Gattungen im Carbon Vorkommen.
Aber auch andere Forscher haben Einwände gegen die Annahme einer Abstammung
der Urodelen von den Stegocephalen erhoben. Besonders W i n t r e b e r t (1910, 1922) kam
auf Grund vergleichend-anatomischer Untersuchungen zu dem gleichen Schluß. E r weist
darauf hin, daß der Schädel der Urodelen nicht n ur durch die Abwesenheit der seitlichen
Schädelverknöcherungen von den Stegocephalen verschieden sind, sondern daß auch die
Entwicklung des Parabasale von diesen abweiche. Im Zusammenhang mit diesen Eigenarten
stehe das Verschwinden des Palatinums der Urodelen während der Metamorphose.
S t a d t m ü l l e r hat zwar darauf aufmerksam gemacht, daß die knappen Darlegungen WiN-
t r e b e r t s allein wenig Überzeugendes haben; er selbst kann sich allerdings auf Grund
seiner Studien am Salamandra salamandra-Schädel zu den Angaben W i n t r e b e r t s nicht
endgültig äußern. A o y a m a konnte jedoch bei seinen Untersuchungen am Meqalobatrachus-
Schädel W i n t r e b e r t s Angaben bestätigt finden. Somit muß man sich auch W i n t r e b e r t s
wichtigen Argumenten anschließen und die Abstammung der Urodelen von den Stegocephalen
ablehnen. Wir müssen vielmehr mit größerer Berechtigung die Schwanzlurche