Das Überwiegen der dorsalen Längsmuskeln über die Muskeln der anderen Kategorien
erklärt sich mit dieser Doppelfunktion und hat eine Parallele bei den Cicadinen
und Psyllinen, bei denen allerdings die Dorsoventralmuskeln als indirekte Flugmuskeln
nicht in dem Maß zurücktreten, wie bei unserem Objekt, bei denen aber dafür die Mechanik
des Tergums im Zusammenhang mit der andersartigen Ausbildung des Phragmas
und dem Auftreten eines Phragma und Furca verbindenden starken Muskels (Ilism )
stärker von der Norm abweicht als bei diesen.
b) Die S e gm e n t a lm u s k e l n de s Me s o t h o r a x (Tafelabb. 11, 12, 14, 15) bestehen
aus Dorsoventralmuskeln, Pleuralmuskeln und Beinmuskeln, der Zwischenmuskel
zm fehlt, wohl im Zusammenhang mit der Rückbildung der Pleuralleiste und dem Fehlen
des Pleuralarms.
a) I I dvm, Dorsoventralmuskeln. H d vm i, entspringt am Scutum dicht hinter dem
Praescutum und endet als Promotor der Hüfte an dem seitlichen Teil der Vorderwand
derselben. Mit ihm zusamen verläuft der I I dvm2, der, dem dvm$ des Grundschemas homolog,
zur Trochantersehne geht (Tafelabb. 14), wo er als Abduktor des Trochantero-
femurs zusammen mit dem I I bm2 und dem 11 m.cox2 wirkt, dvmi+2 können aber, falls
das Bein fest liegt, auch als indirekte Flügelheber den I I dlm2 unterstützen. Im gleichen
Sinne scheint der schwächere 11 dvm3 zu wirken, der von der Fläche des Sternums nach
dem Tergalhebel geht. Vielleicht ist dieser Muskel aber auch ausschließlich ein Steuermuskel,
wie der I I dvm4 es neben seiner Funktion als Remotor der Hüfte ist. E r geht als
schwacher Zug vom Meron zum tergalen Teil des Flügelgelenks.
ß) 11 pm, Pleuralmuskeln (Tafelabb. 12). IIpmi+2 gehen vom Sternum und zum Teil
vom Basicoxale zum Praeepisternum und wirken, indem sie dieses nach innen ziehen,
durch Vermittlung des Basalare auf den Vorderrand des Flügels ein, den sie aus der Ruhestellung
nach vorn und, wenn er in Flugstellung ist, nach abwärts ziehen können. I I pm*
geht als ein schwaches Faser bündel am Vor der r and des Episternums entlang. 11 pm* geht
von der Kante des Scutums nach dem Vorderrand des Episternums und unterstützt wahrscheinlich
den 11 dlm2 im Abüachen des Tergums. 11 pm5 ». 6 entspringen dicht nebeneinander
am dorsalen Teil der Winkelnaht WN, sie gehen nach dem Analgelenkstück und sind
Remotoren des Flügels. I I pm-i entspringt am ventralen Teil der Winkelnaht, überkreuzt
die beiden genannten Muskeln und geht zum mittleren Teil des Flügelgelenks. I I pm& geht
vom Meron nach dem Subalare, ist ein Remotor des Flügels und ein Senker seines Hinterrandes.
Ilpm» geht von der Innenfläche des Polsters 2Po2 nach dem vorderen Teil des
Flügelgelenks und wirkt wahrscheinlich mit als Promotor des Flügels. I I pmw, dessen
Deutung als Pleuralmuskel unsicher ist, geht vom Tergalarm zum Rand des Scutums,
pmivi.2 sind nebenbei, pms, e, 7,su. 0 ausschließlich Steuermuskeln. Sämtliche Pleuralmuskeln
mit Ausnahme von llpm z , 4u.io sind also direkte Flugmuskeln.
y) I I bm, die sternalen Beinmuskeln, sind im Mesothorax vollzählig vertreten
(Tafelabb. 14). Ilbm i geht in drei getrennten Zügen als Promotor der Hüfte an deren
Vorderrand, I I bm2 geht vom Furcaast zur Trochantersehne und greift dort als Adduktor
des Beins neben dem I I dvm2 an, 11 bmz geht als Remotor der Hüfte vom Sternalgrat
nach deren Hinterrand.
ö) Die Eigenmuskeln des Beins unterscheiden sich, wenn man von der etwas geringen
Differenzierung des m. ext. ti und m. fl. ti absieht, nicht von denen des Prothorax (Tafelabbildung
13).
IV. Der Metathorax.
Der Metathorax ist nicht nur der Träger der relativ großen und von den Vorderflügeln
unabhängigen Hinterflügel und der Sprungbi iine, er hat nicht nur die zur Bewegung
der Flügel und Beine dienende starke Muskulatur zu beherbergen und ihr Ursprungsflächen
zu stellen, sondern er ha t auch die Aufgabe, den Thorax nach hinten abzuschließen
und so die Überleitung zu dem ersten Abdominalsegment herzustellen, das,
als Hinterleibsstiel entwickelt, in der Breite und noch mehr in der Höhe erheblich geringeren
Durchmesser hat als der Pterothorax (Tafelabb. 6, 8). Diese dreifache Aufgabe
spiegelt sich im Bau des Segmentes. Der Metathorax ist auf der Ventralseite, die die
riesigen Hüften der Sprungbeine trägt, das weitaus mächtigste Thorakalsegment. Das
Tergum ist zwar kleiner als das des Mesothorax, aber der Größe und freien Beweglichkeit
der Hinterflügel entsprechend doch unvergleichlich viel umfangreicher als das Me-
tatergum der anderen Homopteren, bei denen, wie bei den Heteropteren, die Hinterflügel
während des Flugs mit den Vorderflügeln gekoppelt und kleiner als diese sind. Die Ter-
galpleuralregion ist außerdem ebenso wie das Sternum im Zusammenhang mit der Verengerung
des Segmentlumens im hinteren Teil des Segments eigentümlich verändert.
1 . Das Metatergum zeigt die übliche Gliederung in Notum und Postnotum:
a) Am N o t um ist, wie das auch bei den anderen Hemipteren und überhaupt bei
allen Formen mit stärker hervortretendem Mesotergum die Regel ist, kein Praescutum
abgegliedert. Das S c u t um (Sct3), dessen Vorderrand eingebuchtet ist und dessen gewölbte
Seitenteile sich nach vorn etwas über das Mesopostnotum schieben, bildet an seinen
Seitenrändern jederseits einen vorderen Tergalhebel (THa3). Tergalspalt und hinterer Tergalhebel
fehlen wie im Mesothorax, ein hinterer Gelenkfortsatz (I1GF3) ist dagegen vorhanden
oder, anders ausgedrückt, das 4Ax3 ist im Gegensatz zum Mesothorax nicht abgegliedert.
Das S c u t e l l um (ScL) springt ähnlich wulstförmig vor wie das Mesoscutel-
lum, hat aber, da das Notum nach hinten abfällt, ganz andere Lage als jenes (Tafelabb. 6).
b) Ist durch das Abfallen des Notums die Höhe des tergopleuralen Teils des Segments
schon stark vermindert, so wird der hintere Abschluß des Thorax auf der Dorsalseite
vollends erreicht durch die Stellung des P o s t n o t ums , das ebenso umfangreich ist
wie das Metapostnotum, dessen Fläche aber senkrecht zur Fläche des Notums steht. An
der Bildung der Hinterwand beteiligt sich (Tafelabb. 16 a) seitlich das Epimerum, in
dessen Fläche das Postnotum in breiter Bahn und ohne jede Naht übergeht. Die eigenartige
Stellung ermöglicht es dem Postnotum auch, die Funktion eines Postphragmas voll
zu übernehmen und dem I I I dlm Ansatz zu gewähren. Als Rest des Phragmas kann man
allenfalls eine niedere Innenleiste betrachten (Tafelabb. 7, P h r3), an der ein P a a r von Gelenk
vor Sprüngen (Tafelabb. 16 a, GV) die Artikulation mit den beiden längslaufenden
Chitinspangen des ersten abdominalen Tergums übernehmen (Tafelabb. 8, Stabx). Die vollkommene
Verschmelzung des Postnotums mit dem Epimerum, die dem Verhalten desMeso-
postnotums entspricht, klingt, wenn man sie zusammen mit der besonderen Stellung des
Postnotums betrachtet, stark an das Verhalten des sogenannten Mittelsegments der apo-
criten Hymenopteren an, das ebenfalls die Hinterwand des Thorax bildet und zur
„Wespentaille“ überleitet. Selbst die beiden Gelenkvorsprünge haben hier ihre Parallelen.
Da das Mittelsegment aber das erste Abdominalsegment ist, handelt es sich um einen interessanten
Fall von Konvergenz.
Zoologica, Heft 89.