Wenn auch die verschiedenen Beschäftigungen der Staatsbeamten nach denen daraus
für das allgemeine Beste resultirenden Vortheilen; nach dem Ruhme den die Regierung davon
einerndtet und endlich nach dem Genie, den Kenntnissen, der Anstrengung und Erfahrung,
die sie erfodern, gewürdigt werden: so ist es unerklärbar, warum man noch in manchem Lande
in unsern Zeiten dem ein so grofses Feld der menschlichen Kenntnisse und Erfahrungen
«innehmenden Wasser-Brücken-und StraXsenbau, andere Abtheilungen der Staatsöconomie
vorzieht, und ihn zur Technologie zahlt. Minister, welche dessen Umfang und Werth, so
wie die Resultate davon einsehen, machen ihn daher zu ihrer eignen Sache. Die Minister
Colbert, Turgot und Cretet in Frankreich; der Commerz - Minister RomanzofE in Rufsland,.
und andere Minister unserer Zeit geben hierin Beispiele. Eben so haben die Griechen und Römer
gedacht und gehandelt; ganz entgegengesetzt denken und handeln aber mehrere Geschäftsmänner
! ln Athen wachte selbst der Senat über die Strafsen und Häfen, und man stellte sie unter
den Schutz gewisser Gottheiten. Merkur, Apollo, Diana wurden als Schutzgötter der W ege
verehrt, und um die Statuen des erstem Sammelten die Wanderer die auf den Strafsen liegenden
einzelnen Steine, ohne Zweifel desNachtheils wegen, den sie denselben verursachen.
Bey den Lacedämöniern war den Königen die Obsorge über die Strafsen auvertraut. Bey den
Römern, welche sie von den Soldaten anlegen liefsen, und deren Länge viele tausend Stunden
betrug, hatten die ersten Magistrats-Personen- und Bürger die Oberaufsicht. Anfänglich befanden
sie sich in den Händen der Triumphirn, welche sogar die reichen Bürger zwangen, einen
Th eil ihres Vermögens zum StraXsenbau herzugeben.; dann wurden sie von den Aedilen
und endlich von den Censoren besorgt. Ja im Jahre 734 der Stadt Rom, übernahm sie August
selbst. Er liefs neue Strafsen anlegen; verbesserte die alten; setzte Meilenzeiger und kleinere
Steine, welche die Strafsenabtheilungen von 1000 Schritten bezeichneten. Über die Strassen
aufserhalb Rom stellte er vier Curatoren (Curatores Viarum) und zu den Wegebau-Aufsehern
der übrigen Strafsen wählte er nur angesehene Bürger , denen er, um ihr Amt glänzend
zu machen, zwo Lictoren beygab; und in den Provinzen war die Anlegung und Ausbesserung
der Strafsen den Proconsuln, späterhin den Legaten anvertraut. Zuvor schon
waren die Wege-Curatoren, Personen vom ersten Range, und Julius Cäsar, als er diese
Würde erhielt, empiieng dazu die Glückswünsche seiner Freunde. Wiewohl die Nachfolger
Augusts, als Trajan und Marcus-Aurelius neue Strafsen anlegen und die alten verbessern Hessen
r so wandten doch einige, als Claudius, Caligula und Jusiinian auf "Werke anderer Art zu
viel Geld, die aber nicht nützlich waren; folglich weder die Dankbarkeit der Zeitgenossen
noch die der Nachwelt zur Folge hatten.
Ganz anders dachte das Volk von der Anlage der Strafsen, Brücken und Häfen. Es
setzte nämlich dieser wegen dem Cäsar, August, Vespäsian, Domitian und Trajän
Triumphbögen, und Hefs auf solche das allgemeine Beste befördernde Werke, Münzen schlagen,
die Triumphbögen mit Inschriften versehen und Säulen errichten. Der Aedil Agrippa
Setzte seinen Ruhm in Ausbesserung der Strafsen und Clöacken, welche letztere unter dem
Könige Tarquinius von den Bürgern, leider selbst mit Anwendung grofser Strenge gemacht
worden waren.
Peter der Grofse und Friedrich der Grofse beschäftigten sich öfters mit den Werken
der Baukunde und denEntwürfen dazu; W^erke, die ihr Andenken verewigen. Beide bereifs-
ten und untersuchten die im W^erke seyenden Austrocknungen, Canäle undBrüken; beyde
nahmen die Chefs dieser Anstalten in vorzüglichen Schutz gegen den Neid und die Cabale der
Unwissenden: Brenkenhof und der Gr. Munich davon Beweise geben. Ja es ist eine bekannte
Sache, dafs Peter der Grofse sich oftmahls zum Canal Ladoga verfügte, und Munich auf-
munterte, standhaft zu bleiben.
Die Geschichte des römischen Staats und fast aller Reiche zeigt uns auch, dafs, je nachdem
der Staat blühte oder sich in Verfall befand, entweder gute Strafsen und Brücken oder
schlechte anzutreffen waren. Ein Beweis, dafs der Zustand dieser öffentlichen Werke, den der
Staaten und ihrer Civilisation deutlich bezeichnet. Von der Länge der römischen Strafsen kann
man sich einen BegrifF machen, wenn man bedenkt, dafs.auf ein vom Cäsar und Marcus Antonius
entworfenes Senatsdecret die Strafsen ausgemessen und eingetheilt werden mufsten,
woran Zenodoxius, Theodotus und Polyclytos ( wahrscheinlich Geometer) 20 bis 32 Jahre
.arbeiteten, und dafs August 25 Legionen oder 173000 Soldaten zum StraXsenbau zugleich verwendete;
überdies aber noch das Volk in den Provinzen zurBeyfuhr der Materialien anhalten
liefs. Die Reichen und ganze Comunen glaubten sich den Kaisern nicht besser zu empfehlen-,
als wenn sie Strafsen und Brücken anlegten. Mit der Abnahme des römischen Reichs gerie-
then auch die Strafsen in Verfall, worin sie bis zu Carl des Grofsen Zeiten blieben. Dieser
liefs, wie es von ihm zu erwarten war, die römischen Strafsen ausbessern und verwendete
dazu nicht nur das Volk, sondern seine Soldaten, und von allen Besitzern der Grundstücke
wurden Auflagen für die Heerstrafsen erhoben. Niemand wurde von ihm zum Beytrage zu
den Strafsen ausgeschlossen, selbst nicht der geistliche Stand. In den Städten mufste jeder
vor seinem Hause das Pflaster anlegen, und die Vicinalwege wurden allein durch Frohnden,
d. i. durch Natural-Concurrenz von der niedern Volksklasse und durch Geldbeiträge von den
vornehmem Grundbesitzern gemacht. Dessen Nachfolger, von gleichem Geiste nicht beseelt,
liefsen die Strafsen verfallen, und erst im Jahre 1184 wurde Paris unter Philipp-August mit
Strafsenpflaster versehen, welche die Offiziers des Brücken - und Wegebaues dirigirten. Zum
Unglück dar Strafsen Frankreichs wurde nachher der Wegebau den Ortsrichtern und endUch
dem Schatzamte, also Personen übergeben, denen es an Sachkenntnifs fehlte, bis endlich
Heinrich IV. und nach ihm Ludwig XIV. einen Oberwegbau-Director (Grand Voyer) creiirte,
welche Stelle jedoch als eine der ersten Stellen des Reichs zuweilen solchen Personen anvertraut
wurde, die, wiewohl sonst geschickte Staatsmänner, aber keine Wasser'-Brücken- und
Strafsenbau-Ingenieurs waren. Der als Staatsmann berühmte Sully ist als Grand -Voyer hievon
ein Beweis. Es konnte daher nicht fehlen, dafs dieses Departement in Frankreich, als
dessen Vorsteher aufhörten, die geschicktesten Ingenieure zu gebrauchen, und ihnen unbedingtes
Zutrauen zu schenken, welches noch mit dem berühmten Vauban der Fall war, in Unordnung
und Verfall gerieth. Die Regierung sah sich daher genothigt, einen Ingenieur zum
General-Director dieses Departements zu ernennen. Jetzt hat dieses Reich über dreyzehn.
tausend Stunden Chausseen. „ l ib e r a l sagte der Minister Champagny in seiner berühmten
Rede, li sieht man neue Canäle, neue Landstrafsen, neue Städte, neue Häfen, und neue
Brücken anlegen. Der jetzige Minister des Innern, H. Cretet, welcher noch vor Kurzem
Generaldirector des Wege- und Brückenbaues war, hat in seiner fetzten treflichenRede in gleichem
Geiste gesprochen und auch die Verbesserungen an 18 Flüssen zur SchifFahrt erwähnt.
Der Kaiser Napoleon der Grofse besichtigt die' neuesten Bauanlagen, überall, wo er
sich hin begiebt. Kaum war er vom Schlachtfelde — 5oo Stunden von der Hauptstadt entfernt
— zurück gekehrt, so wurden von ihm vielfache Beschlüsse zu neuen W erken gemacht;
kaum ist der Frieden geschlossen, so werden neue Befehle zur Verdoppelung der öffentlichen
Arbeiten, worinn dieser ausserordentliche Mann seinen Ruhm setzt, gegeben. Der Kaiser
von Rufsland, Alexander, läfst während des Kriegs an den Canälen fortbauen und Sr. Majestät
der König von Bayern hat den Brücken-Strafsen - und Flufsbau während eben dieser
Kriege nicht eingestellt, sondern viele Anlagen machen lassen, welche, wenn ich mir
nicht zu viel schmeichle, zum Nutzen und zur Ehre des Staats gereichen, auch die Zufriedenheit
des Ministers vom Innern Frh. von Montgelas bewirken werden. Friedrich der Grofse und