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A CH T E R A B S C H N IT T .
Von der Sicherheit und Bequemlichkeit der Reisenden auf Landstrafsen.
§. 43. Auf guten Strafsen müssen nun auch die Reisenden
1) mit Sicherheit a) gegen das Umwerfen Z>) gegen Räuber.
2) mit Annehmlichkeit in der möglichst kürzesten Zeit
fortkommen.
Das Umwerfen kann aber nur verhindert werden a) wenn
die Oberfläche der Kunststrafse nicht zu convex und nach der oben
angegebenen Form gemacht ist und b) die Strafse bequeme Abfahrten
in Städten und Dörfern oder nach Kreuzstrafsen hat. c )
wenn auf ihr weder tiefe Löcher noch Geleise angetroffen werden,
sondern sie stets gut unterhalten wird, d) Wdnn man sie so
viel als möglich von hohen Schnee und dem Steingerölle rein
hält, e) Die Geleise vor dem Eintritt eines Frostes eingeSeharrt
werden, damit sie nicht frieren, und hohe harte Rücken bilden.
ƒ ) wenn die Strafsen die bestimmte Breite, und Gebirgsstras-
sen eine nach dem Abhange des Berges geneigte Oberfläche erhalten,
g ) wenn des Winters auf stark gewölbten Strafsen alle
10 bis 20 Klafter ein Vorrathshaufen bald rechts bald links auf
den Bankets liegt, endlich wenn h~) längs den Stellen, die
auf den Seiten hohe Futtermauern haben (Fig. 8.) eine Schutz-
roauer, ein und einem halben, bis drey Schuh hoch angebracht
wird , oder wenn die schrägen Böschungen der Strafse mit Bäumen
Fig. 5. besetzt werden, welche dem Fuhrmann zu Nachtszeit
die sichersten Wahrzeichen sind. Diese Bäume, welche italienische,
deutsche und canadaische Pappeln seyn mögen, weil
solche schnell auf jedem Boden, in einem geringen Abstande,
der 1 2 bis 16 Schuh betragen mag, wachsen , ersetzen die Schutzmauern
vollkommen; machen eine bedeutende Ersparnifs, ja
sie werfen sogar für die Strafsenbau-Cassen beträchtliche Einkünfte
ab. Dagegen sind aber die hölzernen Geländer äufserst kostbar,
werden zu Winterszeit grölstentheils entwendet, und ver3.0
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brannt, und faulen in wenig Jahren. Sie erfordern daher eine
stete Aufsicht und Ausgabe , und sichern dennoch den Fuhrmann
gegen das Umwerfen nicht, denn wenn er bey Schneewehungen
oder zur Nachtszeit mit seinem Wagen umwirft, derselbe
auf ein solches Geländer fällt, so bricht es zusammen, ja der
Wagen stürzt in den Abgrund. Ueberdiefs sind die Kosten solcher
hölzerner Geländer auch so beträchtlich, dafs sie von der
Strafsenbaucasse nicht bestritten werden können, daher denn davon
an den Strafsen viele Reste anzutreffen sind.
Werden aber die Bäume auf die Böschung gesetzt
und zwar auf den oben bestimmten Abstand kreuzweise,
so ist das Herabfallen eines Wagens fast nicht zu befürchten,
Wenn der Fuhrmann auch nachläfsig wäre. Uebrigens sind nur
in wenigen Fällen und bey sehr jähen Abgründen Scbutzmau-
ern nothwendig, wenn die Strafsen eine gehörige Breite haben ,
weil eines Theils die Pferde selbst zur Nachtszeit nicht von der
Strafse weichen, und andern Theils auch der Fuhrmann bey
Bereisung gefährlicher Strafsen auf seiner Hut ist. Auch läfst
man wie gesagt Vorrathshaufen auf den Bankets liegen, um das
Abweichen von der Strafse zu verhindern. VUie äusserst selten
auf solchen ohne Schutzmauern und Geländern bestehenden Strafsen
ein Unglück vorfällt, beweisen die Strafsen Tyrols in Kärn-
then, Bourgogne, der Schweiz und in den venezianischen Gebirgen,
wo nur selten dergleichen Mauern und Geländer angetroffen
werden , selbst wann auch die Abgründe noch so schauerlich
sind. So befinden sich z. B. im ersten Lande 28 Meilen
Stützmauern, die gröfsten theils längs der einen Seite der Strafsen
laufen, folglich eben so lange jähe Abhänge bilden. Ohngeachtet
nur wenige Schutzmauern darauf angetroffen werden, so hört
man doch selten von Unglück.
§. 44- Was die oben zum Bedingnifs angenommene Sicherheit
der Reisenden gegen Räuber anbetrift, so gehört sie zwar
für dieStrafsenpolizey; indessen sollten doch auch dieStrafsenbau-
beamte und Wegemacher angewiesen seyn, auf verdächtige Per-
V. Band' 3 g, s