§. 204- Eine andere Art Stauthore bewegen sich um ihre
Wendesäule, bestehen aus einem Flügel und unterscheiden sich
von den gewöhnlichen Flügelthoren dadurch, dafs sie, während
man sie gegen den Strom öffnet, nur aus einem Rahmgerippe,
welches aus der Wendesäule, dem Anschlageständer und dem
obern und untern Riegel zusammen gesetzt ist, besteht, und zuweilen
noch eine oder zwo verticale Mittelsäulen hat. Die Umfassung
des obern Riegels macht den Drehbaum des Thores aus,
dessen Ende, um dem Thorflügel mehr Stabilität zu geben, mit
einem einige Zentner wiegenden Stein beschwert wird. Oberhalb
demselben ist zum Hin-und Hergehen ein Geländer angebracht.
Soll dieses Thor den Strom zur schiffahrtsfähigen Höhe aufschwellen,
so wird das beschriebene Gerippe queer gegen den Strom an
einem in der einen Wand solches Durchlasses befindlichen Vorsprung
angelehnt und die Füllungen oder Falzen werden mit
Schutzbrettern zugesetzt, die der Strom daran prefst und die man
wieder in die Höhe hebt, so bald das Thor geöffnet werden soll.
Solche Stauschleusen liegen in Frankreich bey dem Fort Francois
d’aire auf den Lys und ohnweit Quesnoy, welche Belidor in seiner
Wasserbaukunst §. io 53 beschrieben hat. In Deutschland
sind sie auf dem die W'asserstrafse von Lauenburg bis Lübeck
ausmachenden Stecknitzflusse bereits im 14 Jahrhundert erbaut
worden.
§. 255. Man sieht sogleich: dafs diese Thore bey breiten
Oeffnungen, an eine im Winkel gelegene Schlagschwelle angelehnt
werden, folglich ein Stemmthor machen können, welches
auch bey Oeffnungen, die weiter als 16' sind, zweckmäfsig ist.
Der Ingenieur Oberst Hogreve hat daher die Duckerschleuse auf
der Stekniz mit einem Stemmthore erbaut, dessen Füllungen von
Anlegeschütze zugesetzt werden, wenn der Strom angeschwellt
werden soll. Die Schlagschwelle ist 8 Zoll höher als der Boden
der Stauschleuse: das untere Ende der Wendesäule besteht aus
einer Büchse oder Hülse, wie bey den Stauschleusen auf der Charente,
und der Zapfen, worüber dieselbe sich bewegt, ist in der
Anschlagschwelle angebracht. Eine Vorrichtung, die bey allen
Schleusen, wo der Strom viel Sand bringt, Nachahmung verdient.
Jeder Flügel dieser Stauschleüse hat drey Felder oder Füllungen.
In jedem Felde werden vier, an 3 Zoll starken Stangen befestigte,
einen Zoll dicke Bretter oder Anlegeschütze , in die Falze der
verticalen Säulen jener Felder, eingeschoben. Die Schützstangen
reichen 2 Schuh über den Drehbaum hervor und haben auf
4 Zoll Abstand Löcher, wodurch runde Hölzer gesteckt werden
können, um die Schütze hoch und niedrig, zu stellen.
Die Stauschleusen auf der Stecknitz, oberhalb welchen der
Strom 8 Fufs und unterhalb 4 Fufs tief ist, die daher einen
Fall von 4 Schuh haben, werden gewöhnlich wöchentlich drey-
mal gebraucht, um mehrere Schiffe zugleich durchzulassen.
Dieses Manöver erschwert die .Schiffahrt aber dergestalt, so dafs
die Schiffe' in einigen Wochen nur den W^eg von 7 Meilen
zurücklegen und es bleibt.daher die Anlage der Kammerschleusen
auch für die Steknizfahrt wünschenswerth.
§. 256, Auf der Charente hat der Ingenieur Trasaguet
gleichfalls Stemm - Stauthore angelegt, deren über die schiffahrtsfähige
Höhe des Stromes reichender Theil mit einer Bekleidung
versehen.-ist. Jeder Flügel hat zwey Schütze, die man mittelst
einer gekerbten Stange und. eines Getriebes , folglich mit einer
den gewöhnlichen Wagenwinden ähnlichen Vorrichtung aufwindet.
In der steinernen abgeschrägten Schlagschwelle sind
Oeffnungen angebracht, die den vom Strom herbey geführten Sand
hindurchlassen. Solcher Stauschleusen haben 70 zur Schiffbarmachung
der Charente angelegt werden sollen und zwar gröfs-
tentheils in Seiten-Canälen, die von dem Flufs abgesondert sind.
Sie bilden einen 4 Schuh hohen Fall und werden von einem Schiff
in 12 Minuten pafsirt und nachher geschlossen. Das Schiff wird
von sechs Mann mittelst Erdwinden gegen den Fall angezogen.
§. 257. Die Anwendung der Kammerschleusen zur Schiffbarmachung
seichter und sehr schneller Flüsse hat immer wesentliche
Vorzüge vor allen Stauschleusen. Man legt sie entweder