Dieses wird noch deutlicher, wenn man sich die Art und
Weise gedenkt, wie die Schleusengänge vor sich gehen. Sobald
nähmlich das hinaufzuschleusende erste Schiff die unterste oder erste
Kammer verlassen hat, tritt es in die zweite. Jetzt mufs also
aus jener eine Füllmasse abgelassen werden, damit das zweyte
Schiff darin eintreten könne. Dann wird die zweyte Kammer
gefüllt und das zweyte Schiff geht in die dritte Kammer. Aus der
zweyten Kammer wird aber die Füllmasse in die erste gelassen,
damit das erste Schiff in die zweyte Kammer treten könne. Man
sieht daher: dafs das erste Schiff acht Füll- und sieben Flottmassen
; das zwote Schiff und jedes der nachfolgenden aber eine Füll-
und Flottmasse erfordert.
§. 92. Wollte man zuerst ein Schiff hinauf, dann ein anderes
hinabsteigen lassen , und so Wechselsweise die Durchschleusung
vornehmen ; so würden bey einem acht Kammern habenden
Schleusenfall, zwölf Schiffe bedürfen : acht und vierzig Füllmassen
und zwey und vierzig Flottmassen, von jenen also 29 , und
Von diesen 42'mehr wie nach der im vorigen zur Durchschleusung
vorgeschriebenen Methode. Man sieht daher, dafs die Durchschleusung
aller in der unteren Haltung liegenden Schiffe erst vor
sich gehen müsse, bis man eines aus der oberen Haltung den
Schleusenfall hinunter schleufst; dafs folglich die Thore von gekuppelten
Kammern (ausser das oberste) offen gehalten werden müssen
, sobald die Durchschleusung geschehen ist.
§. 93. Aber nicht genug, dafs die gekuppelten Schleusen
mehr Wasser als die isolirtliegenden , wie wir gesehen haben,
gebrauchen: so erfordern ihre Schleusengänge auch längeren
Zeitaufwand, welches aus der Beschreibung des Manövers hervorgehet
So ist z. B. auf dem Canal von Loing beobachtet worden
, dafs während fünf Schiffe durch fünf einfache Schleusen
gehen, nur viere einen aus vier Kammern bestehenden Schleusenfall
passiren. Zur Durchschleusung eines Schiffes des achtfachen
Schleusenfalls von Fonserane sind 90 Minuten nothwendig,
und ein Schiff passirt durch acht isolirte Schleusen des mittäglichen
Canals binnen 80 Minuten.
Endlich stören die gekuppelten Schleusen die Schiffahrt; denn
es müfste ein vom Theilungspunkte kommendes Schiff von der
oberen Schleuse liegen bleiben, bis das von unten kommende alle
Kammern passirt hat, da doch dasselbe vor einer isolirten Schleuse
nur 10 Minuten warten darf, und es sich überdiefs nicht immer
so trifft, dafs das abfallende vor einer Schleuse ankommende
Schiff an allen isolirten Schleusen ein steigendes Schiff treffen wird.
§. 94. In Hinsicht des Wasser-Aufwandes und der Zeit
soll man also nicht gekuppelte Schleusen anlegen, wiewohl sie
weniger kosten als eine gleiche Anzahl isolirter Schleusen, indem
man Thore , \^orböden, Flügelmauern und Sturzbetten erspart.
In der Nähe desTheilungspunktes sind sie daher, wo möglich,
zu vermeiden, und nur da zu erbauen, wo der Canal neue
Zuflüsse erhält. Nicht allemahl hängt es aber von dem Wasserbaukundigen
ab, die gekuppelten Schleusen zu beseitigen, wenn
z. B. eine lange Canalhaltung in das natürliche Erdreich eingeschnitten
werden kann , folglich Aufdämmungen und tiefe Ex-
cavationen vermieden werden , dann aber der Canal einen bedeutenden
und kurzen Abhang haben mufs, folglich eine besondere
Haltung zwischen zwo Schleusen nicht gestattet.
§. g5. Da die gekuppelten Schleusen mehr Wasser als die
isolirten Kammern gebrauchen: so können oberhalb und unterhalb
derselben an den erstem darauf folgenden Haltungen Schleusen
mit höherem Falle als in den übrigen Haltungen, angelegt
Werden, .wodurch man Kosten und Zeit bey der Schifffahrt erspart.
Im Allgemeinen kann man die Regel festsetzen , dafs
die Kammerschleusen zum Besten sind , wenn sie einen Fall von
8 bis 10 Schuh erhalten, wobey die Thore nicht zu schwer werden,
die Fallmauer nicht zu hoch ist, die Umläufe keinen zu
grofsen Fall erhalten, und die Mauern nicht zu hoch werden.
In der Haltung, woran gekuppelte Schleusen stofsen, suche man
auch einen neuen Zuüufs einzuleiten, um ihren gröfseren Wasser