Wien und nirgends kostet die Unterhaltung der Kiesstrafsen
mehr! Die gepflasterten Strafsen sind auch, wenn sie stark befahren
werden, und man die Anzahl des zu gebrauchenden Zugviehes
in Erwägung zieht, die Besten, so lange nämlich die Räder
noch schmale Felgen haben, weil diese ein stärkeres Eindrücken
der Fuhrwerke zulassen, mithin die Friction, welche sie
auf Pflasterstrafsen verursachen, geringer ist, als der breitfelgig-
ten. Für die Hufe des Zugviehes und die Dauer ihrer Knochen
oder Füsse sind jedoch die Steinpflaster nicht gut, und es ist daher
vortheilhaft, wenn neben denselben noch Sommerwege gehen,
wie Fig. 1 zeigt. Vergleicht man indessen alle die Vortheile
und Nachtheile der Kies-und beyderley Bruchsteinstrafsen
mit denen der geflasterten so behalten die letztem den Vorzug
für Städte, jene zwo Arten aber für die Landstrafsen selbst,
eben weil das Zugvieh von dem Aufstampfen auf das Pflaster in
seinen Gebeinen und Zugnerven eine starke Erschütterung leidet.
Auch sollten die über Berge führenden Strafsen niemahls
gepflastert seyn, weil die Fuhrwerke darüber zu schnell abgleiten
und beym Herauffahren das Zugvieh nicht so tief auf das
Pflaster mit seinen Klauen oder Hufen eingreifen kann als in
Kies-und Bruchsteinstrafsen. Die Steinpflaster müssen übrigens
alle die den Bruchstein - und Kiesstrafsen nothwendigen Eigenschaften
haben, und mit der gröfsten Sorgfalt unterhalten werden;
dann entstehen Löcher darin, so werden diese gleich tiefe
Gruben, worin die Fuhrwerke einfallen. Nie habe ich gepflasterte
Chausseen nachläfsiger unterhalten gefunden, als einige von
denen in den Niederlanden während des Krieges vernachläfsigten
und das jetzige Pflaster der Stadt Augsburg und vieler kleinen
Städte in der Ober-Pfalz, Mähren, Steiermark und Schwaben!
Oefters mufs man sie auch des Materials wegen anlegen;
denn es gibt Gegenden, denen es an Bruchsteinen und Kies,
nicht aber an Pflastersteinen gebricht. Lächerlich ist es endlich,
wenn alte Pflasterstrafsen dadurch in Bruchstein - oder Kies-
Strafsen umgewandelt werden sollen, dafs man sie mit zerschlagenen
Bruchsteinen oder Kiesel beschüttet: denn dieses Material
kann sich auf der glatten Oberfläche der Pflastersteine nicht
halten, sondern wird davon vom ersten Regen abgespühlt, und
von den Rädern abgerissen. Um dieser Ursache willen darf der
Grundbau einer Bruchsteinstrafse nie vom Deckmaterial ent-
blöfst liegen, weil nämlich derselbe bald abgeschliffen wird
und alsdann das Deckmaterial darauf nicht haftet.
§. 5. Die vorzüglichsten Bestandtheile einer jeden Kunst-
strafse oder Chaussée sind :
1.) Die Gründung d. i. der Stein-oder Kieskörper aba. Tab.
ioi.Fig.2. 2.) Der Fahrweg oder das Fahrlett cd. 3.) Die zwey
Bankets, Bermen oder Bänke d e und e f , welche die Widerlager
des Fahrweges ausmachen. 4.) Die zwey Seiteng-räben ', welche
bey einigen Chausseen auch entbehrt werden können. 5.)
Stützmauern Fig. 8. D sind an solchen Strafsen, die längst dem
Abhange eines Berges gehen, nothwendig. 6. ) Wird eine solche
Mauer Cd aufgeführt, um das Einstürzen eines Berges, oder
das Abrollen des Steingerölles zu verhindern : so heifst sie eine
Wandmauer. 7.) Ist eine Stützmauer hoch , mithin der Abgrund
längs welchem die Strafsè führtr tief: so wird auf dieselbe ein
Aufsatz a e von zwey bis drey Schuh gemacht, welcher eine
Schutzmauer heifst. 8.) Sind die Mauern wegen Mangel an Steinen
zu kostbar, so werden statt Stützmauern Holz-oder Balkenwände,
oderauch Terrassen, d. h. Erdböschungen endlich auch
Verzäunungen von Pappeln oder Weidenholz und Faschinenwerken
, letztere beyde jedoch nur im äufsersten Nothfalle und
ad Interim, unten am Fufse der Strafse aber öfter gemacht.
9-) An die Stelle der Schutzmauer legen manche auch hölzerne
Geländer an, die aber den einzelnen Bäumen weit nachstehen,
da ihre Unterhaltung kostspielig ist, und sie dennoch fast keine
Sicherheit gewähren. Andere setzen etwa i\ bis 2 Schuh aus
der Strafsen - Oberfläche hervorstehende Steine nahe am Rande
der Strafse, entweder einen Stein neben dem andern, oder auf
einige Schuhe Abstand; welche Steine in den gebirgigten Län-
V. Band. 0 /j.