§. 38. Eine gute Kunststrafse mufs auch dergestalt angelegt
werden, dafs die Passage weder von den Anschwellungen
der Flüsse und Wildbäche, noch von Schneelavinen oder dem
Steingerölle und Erdgeschiebe, (*) welches von den Bergen bey
heftigen Regengüssen und dem Aufthauen des Schnees herabstürzt
oder gleitet, unterbrochen wird und austrochne. Insonderheit
sind in gebirgigten Ländern die Wildbäche, welche
ungeheure Steine führen , so wie die aus Sand, Thon und Sandsteinen
bestehenden und mit Wasser geschwängerten Berge gefährlich
für die Strafse. Diese müssen also , wo es nur immer
thunlich ist, vermieden werden, welches jedoch in Gebirgs-
ländern nur selten geschehen kann.
Der oben angeführten Absicht wird sich der Strafsenbau-
kundige also so viel, als die Localität und der Zustand des W e gebaufonds
es gestatten, nähern; a) wenn er die Dammstrafsen
Fig. i 3 wenigstens zwey Schuh über den höchsten Wasserstand
der nahen Gewässer anlegt; b} dafs er diese Straßen mit einer
zur Abführung des Wassers hinreichenden Anzahl Von dauerhaften
Brücken und Durchlässen versieht, die sich nach der
Wassermasse, welche sich vor der Strafse sammelt, richten muß.
Bey der Bestimmung der Anzahl von Brücken und Durchlässen
und ihrer Größe ist besonders auf die Größe der der Strafse na-
( * ) Für die Plätze, auf denen das von solchen Bergen, welche aus einzelnen
grofsen und kleinen Steinen bestehen, herunter róllende Steingerölle
sich sammelt, giebt es im Hochdeutschen keine Benennung.
In Tyrol, welches das Land ist, worin die Steine von den Bergen in
ungeheuren Massen herunter rollen, heifst man solches an der Berglehne
liegende Steingerölle: eine Bergmuhre. Bringt ein Wildbach diese
Steine, so heifst die Steinmasse: eine Bachmuhre. In diesem Lande
wird zu Frühlingszeiten von den Berg- und Bachmuhren die Passage zuweilen
auf einige Strafsen gesperrt. Denn es rollen von den Bergen
selbst Steine, die mehrere hundert Centner schwer sind, in kleinen
und grofsen Haufen. Es bedarf daher gut gewählter Mittel, um dieses
Steingerölle unschädlich für die Strafsen zu machen. Ich will hier nun
eine Bergmuhre durch Berggerölle, und eine Bachmuhre durch Bach-
serölle übersetzen.
he liegenden Thäler und Bergschlubhten, so wie der Bergabhänge
zu sehen, welches so oft versäumt wird: denn lange Thäler,
in denen sich viel Wasser sammelt, machen in der Straße
mehrere Oeffnungen, als kurze und kleine Thäler nothwendig.
Ueberhaupt ist es ralhsamer, eher einige Brücken und Durchlässe
mehr und zu groß, als zu klein und in zu geringer Anzahl
anzulegen, c) Wenn längs dem Steingerölle und solchen Bergen,
welche aus Thonboden, einem kleinen Geschiebe und Sand
bestehen, die überdiefs mit Wasser angefüllt sind, Stützmauern,
Yerzäumungen und Pflanzungen von Weiden und Pappeln angelegt
werden, das Gewässer abgeführt, die Strafse so weit als
möglich von der Berglehne entfernt, und dasjenige befolgt wird,
was hierüber in einer zweckmäßigen entworfenen Strafsen-und
Brückenbaupolizey Vorkommen kann, und d) wenn man die
längs Bergen gehenden Strafsen, wie vorher gelehrt wurde dergestalt
anlegt, dafs sie der Mittagssonne ausgesetzt sind, e) In
Gebirgsgegenden muß der Strafsenzug auch noch so gewählt
werden, dafs er so lange in Krümmungen und Wendungen
geführt wird, damit das S.teigen der Straßen selten auf die Klafter
mehr, dann drei, höchstens vier Zoll beträgt. Also mufs
man , um die Kosten zu sparen , und der Erleichterung des Zugviehes
wegen, die Strafsen in Ebenen verlegen, wenn sie gleich
etwas umgehen. Dabey müssen so viel als möglich, die tiefen
Einschnitte in Berge vermieden, und lieber in Thälern höhere
Aufdämmungen gemacht werden, weil solche Hohlwege naß
bleiben und mit Schnee verwehen. Verursachen aber hohe Aufdämmungen
große Kosten, so mufs untersucht werden, ob
Wendungen nicht besser, als solche Dämmungen sind. Eine
genaue Kenntnifs des Locals, Profile, Nivellements und Bauanschläge
müssen überhaupt über die specielle Richtung der Stra-
fsenzüge entscheiden, f ) Bey den Wendungen öder Zirkeln einer
Straße F. 19. d, c, b, ist aberfolgender Umstand nie außer
acht zu lassen. Sie müssen nämlich eine solche Breite erhalten,
daß darauf alles an den schwersten Lastwägen gespannte Zug