Bey der Entschädigung der zum Canal, und zu dessen Anlagen
aller Art sowie zur Ausbreitung unfruchtbarer aus dem Canal genommener
Erde, erforderlichen Grundstücke, ist immer festzusetzen,
a) dafs das Aerarium für dessen Besitzungen darauf Verzicht
thue, weil die Anlage zum Besten des Staates geschieht; bldafs die
Besitzungen der Communen unentschädigt bleiben, weil die an
den Canal stofsenden Gemeinden gröfsern Nutzen als die übrigen
daraus ziehen. Keinem Grundeigner, selbst dem geschmeidigsten
Hofgärtner, sollte es erlaubt seyn, die Beyfuhr der Materialien
zum Bau und zur Unterhaltung, durch Parks und über die Grundstücke
zu versagen, wenn die Canalbau - Commission diebestehenden
Wege, so viel solche von dessen Fuhrwerk verdorben werden
ausbessert oder die aus dem Gebrauch der Gründe erwachsenden
Schaden ersetzt. Wer viele Bauten dirigirte, der wird die Wichtigkeit
dieser Bestimmung nicht verkennen.
Dieses sind die Haupt-Ansichten, nach denen jede Regierung,
die einen Canal anlegen will, bestimmte Normen von den
dazu geeigneten Behörden ausarheiten lassen und sanctioniren
sollte.
Nachdem die Grundsätze und Maximen des Canalbaues vorgetragen
sind, will ich den Leser mit einigen der lehrreichsten Canälen
bekannt machen.
Von den SchiJJahrls - Canälen.
D R I T T E R A ß S C H R I T T .
Darstellung einiger der merkwürdigsten und lehrreichsten Canäle.
§. i 3o. Der gröfste Canal dessen sich Europa rühmen kann,
ist noch immer der Canal von Languedoc (T. 97.), jetzt der Mittägliche
Canal genannt, weicherzwischen dem Ocean und dem Mittländischen
Meere oder von der Garonne bey Toulouse bis Agde,
eine für den Verkehr und das Commerz sehr wichtige Wasser-
strafse abgibt. Hundert Schleusenkammern, drey grofse und
sechs mittlere Brückcanäle; fünfzig Durchlässe ; sieben und drey-
fsig Grundablässe; zwey und fünfzig Ueberfallwehre ; zehn Stauwehre;
hundert und drey Brücken ; drey Bassins ; über 160 Schlammfänge;
die Anwendung von 30,577,912 Livres , nach dem jetzigen
Preise der Arbeitslöhne wenigstens hundert Millionen betragend;
die Länge von 122447 Klafter ; und die Verwendung
von acht tausend Arbeiter täglich während vierzehn Jahren, —
zeugen hinlänglich von der Gröfse und Kostbarkeit dieses Canals,
zu dessen Darstellung ich die vortreffliche Geschichte von Andreos-
sy zum Führer wähle. Dieses Werk hat folgenden Titel: Histoire
du canal du midi ou canal de Languedoc par le général
Andreossy, nouvelle édition 1804. Darin hat der Verfasser seinen
Vorfahr Francois Andreossy die Ehre und den Ruhm zugewendet:
Erfinder und Ausführer des Entwurfes von diesem Canal
zu seyn und erwiesen, dafs Riquet nur der Unternehmer der
Arbeiten war. Beyden gebührt indessen die Ehre dieses Werk
angelegt zu haben; jenem als Erfinder und Ingenieur; diesem als
einen ungewöhnlichen Unternehmer: denn er wandte anfänglich
einen Theil seines Vermögens für die Anlage auf, und hatte daneben
Schwierigkeiten zu bekämpfen, wozu ein grofser Muth,
Beharrl chkeit und viel Verstand nothwendig war.
§. 131. Schon in den frühesten Zeiten der Monarchie erkannte
man die Nützlichkeit einer Wasserstrafse zwischen bey*
den Meeren, wodurch der gefahrvolle Weg zur See um. die
Spitze von Europa vermieden werden möchte und Carl der'Grofse
wünschte sie vergeblich, so auch Franz I. und Heinrich IV.
Die ersten oberflächlichen Ideen unter dem letztem gierigen dahin:
den Sorflufs mit der Aude zu vereinigen und diese Flüsse
sowohl als den Agout und Tarn, der sich in die Garonne ergièfst,
schiffbahr zu machen.
§. i 32. Dem Ingenieur F. Andreossy war das Glück be-
schieden, diesen grofsen Canal zu entwerfen und gröfsten Theils