Schiffbahrmachung des Marchflusses vor Augen gehabt habe
und wie dies oben vorgetragen ist.
§. 252. Wenn gleich die nach diesen Vorschriften angelegten
Schiffsdurchlässe weniger als Kammerschleusen kosten und
die Schifffahrt bey einem 4§ schuhigen Fall noch durch dieselben
bequem geschehen kann : so stehen sie doch den Kammerschleusen
weit nach, und es wird nur wenige Fälle geben, wobey sie
zurSchiffbahrmachung eines Flusses mit Vortheil anzu wenden sind.
Nicht allein, dafs bey Durchlässen die jedesmalige Gegenfahrt des
Schiffes vielZeit und die Anwendung von mehreren Menschen und
von Zugvieh, folglich Ausgaben erfordert, die man bey den Kammerschleusen
erspart, sondern dafs auch dabey das Leben der Menschen
öfters in Gefahr kömmt und viel Wasser verlohren geht,
weil sie nicht früher als in 3o Minuten zugeschlossen werden
können. Ein solcher Durchlafs erniedrigt daher öfters den Strom
bis zum nächsten dergestalt, dafs um einem zweyten Schiffe hinreichendes
Fahrwasser zu geben, der obere Durchlafs gleichfalls
geöffnet werden mufs; oder dessen Strom ist so reissend, dafs
man den darauf folgenden untern zusetzen mufs. Fälle, die sogar
bey den Stauschleusen auf der Steckniz eintreten.
$. 253. Die gleichfalls eine bedeutende Wassermasse durchlassende
Stauschleusen bestehen entweder aus einem Aufziehschütz,
aus einem Thorflügel oder zweyen gegen einander stemmenden
Thorflügeln. Was die verticalen Aufziehschütze anbetrifft, so
können begreiflich darunter nur Schiffe durchgehen, deren Mast
sich niederlegt, und keinen hohen Oberbau haben, der bey hohen
Wasserständen das Schiff zu hoch stellt. Wegen ihrer Länge
gilt alles dasjenige, was bey denen mit Balken zu verschlies-
senden Durchlässen im 248 $. vorgetragen ist. Da sie äufserst
unbequem und wandelbahr sind, so legt man sie jetzt nirgends
mehr an.
Auf dem Bachiglione im ehemaligen Venezianischen habe
ich noch die gröfste Aufziehschütze zum Behuf der Schiffahrt
angetroffen. Das Schütz hat eine Breite von 17 Schuh und wird
mittelst zwo sich auf einer Rolle, die man durch ein Haspelrad
herum dreht, aufwickelnden Ketten gehoben. Die Seitenwände
solcher Stauschleuse (sostegno) bestehen aus zwo Pfahlreihen und
nach der Seite gegen dieMühle zu steht eine ableitende Pfahlwand.
D ie merkwürdigste Stauschleuse der Art, welche ich kenne ist
der sogenannte Traunfafl in OeStreich ob der Ens. Das 18'breite
in Falzen bewegliche Schütz wird mittelst zweyer Flaschenzüge
in die Höhe gehoben. Die Länge des zwischen Balken-
Wänden eingeschlofsenen Falles oder Wassergerinnes beträgt
1064 Schuh und ist oben gleichfalls 18' und am Ende 16' breit.
Dessen Abhang ist so beträchtlich, dafs ein 394 Zentner tragendes
Schiff durch denselben mit einer Geschwindigkeit von H 9
Fufs in der Secunde durchschiefst. Die Höhe des Wassers in
dem Gerinne beträgt bey-der Schutzöffnung 2\ Schuh und am
Ende 2 Schuh,' so dafs also die Schiffe fast dessen Sohle berühren.
Längs der Leibach im Herzogthum Krain sind zu Umgebung
der Wehre mehrere Canalstücke mit Aufziehschütze, unter
der grofsen Maria Theresia, die sehr-viel auf die Schiffbahrmachung
der Flüsse und Austrocknung der Moräste verwendete
und auf deren Befehl man gröfse Anlagen dieser Art in der Oest-
reichischen Monarchie (auf Kosten des Aerariums) ausgeführt
hat, angelegt worden. Bey dem Schlofse Kaltenbrunn hat man
nämlich einen 480° langen Canal mit .sechs Schleusenkammern.
Diese werden mit AufZiehschützen verschlossen. Es sind daher
zwarSchleusen mitKammern aber ohne die bequemenStemmthore,
die also im J. 1739, als dieser Canal gemacht wurde;,„in Krain
nicht bekannt waren. Oberhalb den einen Fall habenden Schleusen
liegt eine Stauschleuse ohne Fall, die das überflüssige Wasser
von den übrigen Canaltheilen abhält und Weiter aufwärts ist
in dem 14 Schuh breiten Canale ein Seitenablafs angebracht. Das
Schütz wird mit einem Rade, von i8‘ im Durchmesser, aufgezogen,
auf dessen Welle sich das Zugseil aufwickelt. Damit dieselbe
aber an dem dem Rade entgegengesetzten Zapfen leichter gehe
und sich nicht hebe, so ist daselbst ein Gegengewicht angebracht.
V. Band. 29.