§. 3. Oefters wird eine künstliche momentan verursachte
Anschwellung der Flüsse und Bäche im Kriege ein wichtiges Hülfs-
mittel, die Gegenden unwegsam zu machen, militärische Positionen
und verschanzte Läger zu sichern; ja selbst den Feind aus
Städten und Positionen zu delogiren : auch wohl belagerte Festungen
dergestalt zu überschwemmen, dafs ihre Casematten,
Wohnungen und Wälle unbrauchbar werden. Es giebt mehrere
Festungen , in denen man die ihnen Anfangs zur Vertheidi-
gung dienenden oder durch sie fliefsenden Gewässer zu ihrem eigenen
Verderben noch höher zurückstauen kann. Bey allen Festungen
, die an solchen Flüssen und Bächen liegen , welche etwas
hohe und in eine Pläne auslaufende-Ufer haben, kann dieses
Mittel angewendet werden , wenn die Militär-Ingenieurs mit der
wahren Construction des Faschinenbaues vertraut wären. Beli-
dor führt in seiner W . B. §. g34- zwey Beyspiele hierüber an:
nämlich von La Fere und Coevoerden. Er erwähnt auch einer
der wichtigsten Festungen Europens, der man auf diese Weise
beykommen könnte und ich vermuthe, dafs er hiermit Landau
meint, zu dessen Inondation der Obrist von Traiteur, wenn ich
nicht irre, im J. 179?., im Revolutionskriege, den Vorschlag machte.
Dieser mufste freylich den Militär-Ingenieurs , denen gewöhnlich
der trefliche Faschinenbau, wie er seit meiner Anstellung
in die K. B. Dienste hier in Bayern mit dem besten Erfolge
ausgeführt wird; wie ich ihn im Darmstädtischen einführte und
wie er in Holland und am Niederrhein schon längst im Gebrauche
war, fremd ist — sonderbar Vorkommen , da er sich weder
mit Erddämmen noch mit Mauerwerk ausführen lies. Dem Umstande,
dafs der Faschinenbau den Militär-Ingenieurs nicht hinreichend
bekannt ist, kann auch wohl nur allein die geringe Benutzung
der Gewässer bey militärischen Positionen und Angriffen
zugeschrieben werden. Wüfsten dieselben nämlich durch die
Praxis, dafs man in einer Nacht einen io'hohen Faschinendamm
auf eine Länge von 1000 Fufs mit 25oo Mann; den nöthigen Wl£-
gen zur Beyfuhr des Beschwerungsmaterials und mit dreifsig Faschinenlegern
aufführen kann: so würde mancher Flufsbezirk im
Kriege eine andre Richtung erhalten haben, von Festungen und
Redouten abgeleitet oder davor aufgestaut worden seyn. Hätten
die Macedoniër den jetzigen Faschinenbau gekannt, so würde die
Belagerung von Tyrus nicht solche Schwierigkeiten gemacht haben.
Wie manche militärische Position ist nicht an einem oder
dem andern Armeeflügel mittelst schleunig zu bewerkstelligender
Inondation äufserst vortheilhaft zu machen? Eine in einem Thale
liegende Wiese, durch die ein Bach sich schlängelt, ist schon geeignet,
solche Ueberschwemmungen aufzunehmen. Als Wiese deckt
sie keinesweges eine Stellung, aber als Inondation vollkommen !
II. Fon den Grundsätzen und Maximen bey Anwendung militärischer
Inondationen.
§. 4- Die Inondation vor und um eine Festung mufs, wo
möglich so hoch über dem Terrain stehen , dafs sie nicht durchs
watet werden könne. Ihre Tiefe betrage demnach , wenn es nur
immer thunlich ist, 4 P. Schuhe. -
§. 5. Die über einen grofsen Landesbezirk sich ausdehnenden
Ueberschwemmungen stehen hoch genug, wenn sie den Boden
drey Schuhe hoch mit Wasser bedecken , folglich dem Feinde
das Fortbringen des Geschützes und das Marschiren verhindern.
Eine seichte Ueberschwemmung bleibt aber immer besser als keine,
weil sie den Boden unwegsam macht. Dasjenige Terrain, welches
also nicht vollkommen mit Wasser bedeckt werden kann,
mufs mit Gräben durchschnitten werden, worin das Wasser sobald
die Berennung der Festung denkbar ist, eingelassen wird.
§. 6. Kann aber die Inondation tiefer als 4 Schuh bewerkstelliget
werden , so ist dies desto besser, weil darauf der Belagerte
Blockschiffe und grofse Fahrzeuge, die er ehe die Blokade der Festung
angeht, vorräthighaben mufs, gebrauchen wird; deren Anwendung
dem Belagerer von der Festung und den aufsern Forts
aus unmöglich gemacht wird.