
wirklich den Völkern östlicher Dämmerung eine bedeutende
geistige Befähigung nicht abgesprochen werden
darf, so bleibt nun doch noch übrig, sie eben
so bestimmter gegen die Befähigung der Tagvölker
abzuwägen, wie wir es hinsichtlich der Capacitäten
ihrer Schädel und der danach abzumessenden Entwicklung
ihres Hirnbaues gethan haben. —- Ich verkenne
nicht die grossen Schwierigkeiten dieser Aufgabe,
zumal in einer Schrift, welche sich nur auf
die äussersten Umrisse der Gegenstände beschränken
muss; allein es giebt vielleicht einen Weg, diese Untersuchungen
abzukürzen und doch zu einem genügenden
Resultate zu kommen; -— man müsste nämlich
im Stande sein, eine. Richtung —- ein geistiges
Streben der Seele aufzufinden, welches als Maass
dienen könnte, wie hoch überhaupt die Energie des
Geistes geschätzt werden dürfte! Ich glaube nicht zu
irren, wenn ich das Verständniss höherer Schönheit
als solches betrachte und aufstelle. — Ich meine aber
hier allerdings, den Sinn fü r Schönheit in. einer weitern
Bedeutung — nicht blos als den vollendeten
Geschmack für das Schöne in einzelnen Leistungen
der Künste, nicht blos die grössere Freude an schöner
äusserer Gestalt — ich meine den Sinn für das
Schöne in der gesammten höhern Form ächt menschlichen
Lebens, oder in Dem, was ich als höchste
Kunst —- als Lehenkunst bezeichnen möchte, und von
welchem das zuweilen wol allein sogenannte Schöne
in den Künsten immer nur der Abglanz und die
nothwendige Folge sein wird.
Wer mich ganz richtig versteht, in welcher erhabenen
Bedeutung ich hier dieses Maass des Schönen
nehme, der wird nie erwarten, dass ein solcher
höchster Schönheitsinn jemals einem ganzen Volksstamme
durch alle seine Glieder eigen sein könne,
im Gegentheil er wird die Ueberzeugung hegen, dass
jene innere Hoheit, wie alle höhere Geistesgäbe, im
vollsten Maasse stets nur einzelnen Individuen eines
Volkes zukommen könne, obwol es dabei nicht aus-
bleiben kann, dass auch so, vereinzelt, sie immerdar
und zugleich ihre Strahlen über das gesammte Volk
auswerfen wird. Ueberhaupt hat man nie zu vergessen,
dass, da das Samenkorn des Genius immer
nur dadurch zur Pflanze aufgeht, dass in seiner Zeit
und seinem Volke schon der fruchtbare Boden für
seine Entwicklung gegeben sei, man allerdings grosse
Ursache habe, nicht nur von dem Genius, sondern
von allen den geistig höher bevorzugten Individuen
eines Volkes einen wohl begründeten Rückschluss auf
dieses Volk und seine geistige Befähigung selbst zu
machen.
Lege ich nun diesen Maassstab, nachdem wir schon
im Allgemeinen das Volk von China als Repräsentan -
ten der ganzen Geviertstrahlung der Menschheit an