
eben die bleibende absolute Gleichheit dieser Zellen,
wie sie Corda 2 so schön darstellte, deutet auf die
Niedrigkeit des ganzen Geschöpfs, und sie ist es auch,
der wir wieder begegnen, wenn wir selbst den ersten
kleinsten embryonischen Anfang eines menschlichen Organismus
zergliedern.
Geht nun eine solche Anordnung durch alle organische
Bildung auf Erden hindurch, ist überall ein
ursprünglich vollkommen gleicher Zellenbau, nach dem
merkwürdigen und so folgereichen Aperçu von Schwann6
nur die Grundlage — Verwandlung desselben zu verschiedenartigsten
andern Gebilden aber erst der Ausbau
und die Vollendung eines lebendigen Geschöpfs,
so darf es als ein allgemeines bedeutungsvolles Gesetz
nun ausgesprochen werden, dass möglichst grosse Man-
nichfaltigkeit, d. h. U n g l e i c h h e i t der Theile, bei möglichst
vollkommner Einheit des Ganzen, überall als Beleg
und als Maassstab höherer Vollkommenheit eines jeglichen
Organismus erscheine.
Ist es mir gelungen, die Eigentümlichkeit dieses
grossen Gesetzes in dem Vorhergehenden überhaupt
zu näherem Verständniss und Erkenntniss zu leiten,
so darf ich nun auch übergehen auf die Geschichte
der Menschheit und es zur Anschauung bringen, wie
auf die möglichste Verschiedenartigkeit, und keineswegs
auf die vollkommne Gleichartigkeit der Menschen
die Vollendung der Menschheit gegründet ist.
Dass man hierüber gewiss werde, versuche man es
nur für einen Augenblick, die Umkehrung dieses Satzes
zu denken, und als eigentlichen und wahren Zustand
der Menschheit ein vollkommnes Sich-gleich-sein aller
ihrer Glieder zu setzen. Ich glaube, keinem noch so
beängstigenden Traume mag es gelingen, diese Qual
und diesen Schrecken in der Seele zu erregen, als
die nähere Zergliederung des Gedankens an ein solches
Gleichsein, wenn man es deutlich denkt, hervor-
rufen muss. Ist doch schon im Munde des Volks nicht
ohne Grund als eine Todesahnung und als ein Furchtbares
bekannt, der Gedanke, nur einmal sein Selbst
sich selbst gegenübergestellt wirklich gewahr zu werden!
— Schon vor dieser einfachen vollkommnen Wiederholung
eines Individuum als eines zweiten entsetzt
sich und erschrickt die Natur — wie vielmehr, wenn
millionenfältig immer das eine und immer nur dies
in menschlicher Gestalt und im menschlichen Geiste
sich wiederholen müsste! — Klar ist es sogleich, dass
bei solcher Einförmigkeit und solchem Einerlei alle
höhere Wechselwirkung zwischen den Gliedern der
Gesellschaft aufhören müsste, welche ja nur auf ein
stetes Tauschen, ihrem Wesen nach, gegründet sein
kann, auf ein Geben eines Etwas, das dem Andern
fehlt, und auf ein Erhalten eines andern Etwas, dessen
der Eine, entbehrt. — Nicht aus dem Sich-gleich-
sein also, sondern aus dem Ungleichsein gehl das ge