
wir sie eine im Allgemeinen mehr materielle als ideelle
nennen. Das gewisse Mittlere oder richtiger Mittel-
mässige der Seele macht sich vorzüglich als charakteristisch
in ihnen bemerklich; ein derbes und geschicktes
Anfassen des Allernächsten, Sinn für Ordnung
im Mein und Dëin, nicht ' ohne eine gewisse
egoistische Schlauheit, Liebe zum bequemen Lebensgenuss
und knechtische Unterwürfigkeit unter jede
Gewalt, welche menschliche Schicksale bestimmen
kann, und nur eben in dieser Beziehung, und nicht
sowol aus höherer geistiger Verehrung, auch die Unterwürfigkeit
unter das Göttliche, — hierin möchten
die Grundzüge Dejssen gegeben sein, was man allgemeine
Seelen eigenthümlichkeit dieses Stammes nennen
darf. ^ Erwägt man es recht, so liegt in die'ser
Eigenthümlichkeit allerdings etwas für gewöhnliches
Menschenleben sehr Dauerhaftes, und ein gewisser
conservativer und eben deshalb auch exclusiver Charakter
des chinesischen Volkes, welcher aus so vielen
Momenten ihrer Geschichte und zumeist aus dem 4
bis 5000jährigen Bestehen dieses «himmlischen» Reiches
deutlich hervorleuchtet, wird auf diese Weise
sehr wohl begreiflich ; ich möchte sagen, er wird
deshalb um so mehr begreiflich, weil Geistern dieser
Art Das so viel weniger anziehend sein wird, was
alle höher Erweckte mächtig erregt und bewegt —
ich meine die Idee; in der Idee nämlich ist dem Auserwählten
zwar eines Theils ein erhabenes Ziel seiner
reifenden Seele gegeben, andern Theils aber auch
wird sie dort als Ferment wirken, wodurch das Leben
in steter Aufregung erhalten und zu vielfachen
Verirrungen vörleitet werden kann. Diese Aufregung
und Verirrung vermeidet, wer ohne das Licht der
Idee lebt — aber sein Leben im Ganzen wird immer
nur ein dumpfes, weniger göttliches sein.
Um eine solche besondere Geistesstimmung und
Haltung recht anschaulich zu machen, darf ich hier
wol noch auf einen Unterschied verweisen, welchen
ich in Bezug auf Seelenentwicklung bereits an einem
andern Orte 45 in folgenden Worten angedeutet habe:
«Es ist dem Psychologen sehr wichtig, darauf zu achten
, wie ausnehmend verschieden in Verschiedenen
die Ausdehnung der geistigen Entwicklung ist, wie
gewisse Geister schon sehr zeitig aufhören sich fortzubilden
, sehr zeitig zu einer gewissen Starrheit gelangen,
wo weitere Entfaltung, neues Hervorbilden,
lebendiges Assimiliren des Fremden nicht mehr möglich
sind, wo nur das einmal Gewohnte und Erlangte
gültig und wirksam bleibt und das Verlangen völlig
aufhört, in neuen Regionen sich zu versuchen. Dagegen
finden sich andere Individualitäten, deren Geist
fortwährend eine gewisse Weichheit behält, nie mit
sich abschliesst, nie fertig wird, darum zwar nie gegen
Irrthum und Schwankung ganz sicher gestellt