Als die Abbildungen einiger von mir auf meiner früheren afrikanischen Reise entdeckten
Vögel durch ein Mitglied der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft, in dem öfters
citirten Werke: „Rüppells Atlas zur Reise im nördlichen Afrika“, publicirt wurden, beabsichtigte
derselbe keineswegs alle von mir entdeckten Vögel zu beschreiben, eben so wenig als die von
mir auf jener Reise beobachteten bekannten Vögel aufzuzählen. Warum es also dem Herrn Ehrenberg
eingefallen ist, in seiner Zusammenstellung: „de .avibus scansoribus in Africa boreali et Asia
occidentali in genere, prolusio“ zu sagen, dafs ich in jenen Gegenden in allem nur zwei zu dieser
Classe gehörige Vögel beobachtet habe, während er deren zwölf Arten, als von ihm eingesammelt,
aufführt, weifs ich nicht; es ist aber solches eine um so gröbere Irrung, da in meinem angeführten
zoologischen Werke allein D r e i neue Vogelarten, zur Classe der Scansores gehörig, abgebildet
sind *). Nachstehende Zusammenstellung wird übrigens Herrn Ehrenberg belehren können, dafs
ich in den von mir bereisten nordöstlichen afrikanischen Provinzen, mit Ausschlufs von Asia,
nicht zwei, sondern vier und zwanzig Arten von Aves scansores eingesammelt habe, von denen
acht vor meiner Reise den Naturforschern unbekannt waren. Ehe ich diese übersichtliche
Zusammenstellung gebe, will ich zuerst nachfolgend einige Gattungen derselben durchgehen, um
über verschiedene Arten aus denselben einige Bemerkungen mitzutheilen.
Picus. Lünne.
In Sennaar und Kordofan beobachtete ich im Jahr 1823 zwei Arten von Spechten, die ich
provisorisch zu jener Zeit P. punctatus und P. fuscescens benannte. Erstere erklärten die hiesigen
Ornithologen ohne weiteres für den Picus punctuligerus Wagler **); die letztere fraglich für
den von Levaillant abgebildeten Pic à baguettes d’or ***). Aber bei solcher Zusammenstellung
mufs man ganz übersehen haben, dafs Wagler von seinem P. punctuligerus sagt: „Mento,
g u la , collo postico et laterali punctulis nigris“ ; ferner „loris e t r egi one pa r ot i c a flavido albidis“ ;
denn bei den von mir eingesammelten Individuen der ersten Art ist Kehle und oberer Theil des
Halses in beiden Geschlechtern einförmig gelblich weifs ! ferner sind die Federn der Ohrengegend
schwarz, in ihrer Mitte und auf den Seiten hellgrau gerändert! — Levaillant beschreibt seinen
Pic à baguettes d’or folgehdermafsen: „le mâle a le front d’un brun roux auquel succède un
peu de noir; le dos, le croupion, en un mot tout le plumage du dessus de l’oiséaù sont sur un
fond brun • olivacé, coupés de festons d’un blanc jaunâtre; de chaque côté (de la gorge) on
apperçoit deux balafres noires, tombant sur la poitrine etc. etc.“ Aber von denjenigen meiner
Vögel, welche in Frankfurt auf diese Beschreibung bezogen wurden, hat das Männchen die
Stirne und den Vorderkopf von erdbrauner Farbe, an den Endspitzen der Federnschafte mit
einem isabellfarbigen Flecken; das Ende der Deckfedern des Schwanzes ist rostroth, die Federn
der ganzen vordem Körperseite sind aschgrau, längs ihrer Mitte mit einem graubraunen Streifen,
welche aber keine Zeichnung einer besonderen Binde an der Seite des Halses veranlassen. Man
*) Psittacus Meyeri, Pogonias melanoceplialus und Bucco (Mic ro p o g o n ) margaritatus.
**) Systema avium, P ic i, N®. 36.
***) Ois. d’Afrique Taf. 263, genannt durch Illiger und W agle r: Picu s fulviscapus, und durch Vieillot in der Encyclopédie, pag.
1314: P . fuscescens.
ersieht also leicht, dafs nur eine höchst oberflächliche Vergleichung meiner beiden Spechtarten
mit den erwähnten Waglerischen und Levaillantischen die Meinung von ihrer Identität verursachen
konnte.
Herr Ehrenberg, während seines Aufenthalts an der abyssinischen Küste im Sommer 1825,
erhielt von jeglicher jener beiden Spechtarten ein Individuum, die aber an Ort und Stelle so
wenig einer speciellen Untersuchung gewidmet wurden, dafs man von keinem derselben weifs,
wessen Geschlechts es gewesen; aber der Analogie halber erklärte er beide für Weibchen, und
beschrieb dieselben in einer Note auf Bogen r , zweite Seite seiner Decas 1. Aves der Symbolae
Physicae, unter den Namen Picus aethiopicus und P. Hemprichii.
Ich würde es für eine Verpflichtung halten, genaue Abbildungen der beiden Geschlechter dieser
zwei Arten bekannt zu machen, wenn ich die Tafelanzahl ^meiner zoologischen Publicationen nicht
möglichst beschränken müfste, und ich nicht ferner wüfste, dafs ehestens der Herzog von Rivoli in einem
speciellen monographischen Werke die Abbildungen sämmt^cher Spechtarten bekannt zu machen
beabsichtiget, worin denn unfehlbar die beiden in Rede1 stehenden Arten auch einen Platz finden
werden. Unterdessen will ich nicht ermangeln, deren ausführliche Beschreibungen hier mitzutheilen,
d a, wie schon bemerkt, Herr Ehrenberg dieselben nur fragmentarisch, d. h. in einem einzigen
Farbenkleide bekannt gemacht hat.
Picus aethiopicus. Ehrenberg.
Mas adult. Fronte e t vertice colore schistaceo, pennarum apice coceineo; occipite subcristato lorisque Iaete coccineis; stria supraorbitali,
fascia a naribus tegionem paroticam versus, mento, gulaque ex albo - (lavicantibus ; regione parotica nigricante, pennarum margine
laterali cinerascentè, lateribus colli albidis permultis maculis nigris variegatis. Auchenio, dorso, alis et cauda umbro viridibus,
illis fasciis et'm a cu lis albidis variegatis, interscapuiio e t uropygio subprasinis; caudae apice, rachibus rectricum et remigum
citrinis ; pectore e t abdomine albido (lavicantibus maculis rotundis nigris variegatis ; ro stro , pedibus e t unguibus colore corneo,
iride coccinea; totius corporis longitudine 0°. 8'. 4".
Femina adulta a mari differt: fronte e t occipite nigris maculis albis punctatis; loris e t regione parotica n ig ris, pennarum margine
laterali albo.
Pa tria : arbores frondosae in provinciis Africae Kordofan, Sennaar e t in regionibus torridis Abyssiniae.
Picus Hemprichii. Ehrenberg.
Mas adult. Sincipite glandicolore pennarum apice clario re , vertice e t occipite coccineo, hoc subcristato, fascia superciliari a lb a , regione
parotica totoque gastraeo ex albido-cinerascente, lorigitudinaliter fusco striato; cervice, dorso e t alis umbrofuscis, lincis albidis
transversis variegatis, cauda viride umbrina fasciis flavicantibus, raciiibus rectricum e t remigum flavis, caudae tcctricibus apiccm
versus coccineis; totius corporis longitudine 0°. 5 '. 8".
Femina adulta a mari differt vertice e t occipite nigro fusco.
Avis homotina: pileo, cervice, interscapuiio e t humeris ex cinereo isabellinis, alis et cauda umbro-cinerascentibus, rachibus concoloribus
maculisque albidis variegatis, gastraeo ex albido -isäbellino> fascia superciliari e t regione parotica a lb a; statura avi adulta sexta
, parte minori.
Patria. Eaedem provinciae africanae u t speciei praecedentis.
Der von Stanley in dem Appendix zu Salt’s Reisen sub N°. 14 beschriebene Picus abyssinicus
ist mir nie in jenem Lande vorgekommen.