4 Colobus Guereza.
Die Vagina ist der ganzen Länge nach an der inneren Wand mit vielen kleinen Fleischwarzen
besetzt. Ende December fand sich im Uterus ein beinahe ganz ausgebildeter Fötus. Die
Ruthe ist dünn, ziemlich lang, frei herabhängend, mit kleiner stark gerunzelten Eichel.*)
Der abyssinische Colobus lebt in kleinen Familien auf hochstämmigen Bäumen meist in der
Nähe von fliefsendem Wasser. Er ist behende, lebhaft, und doch nicht lärmend; dabei überhaupt
von harmloser Natur, indem er nicht wie so manche Affenarten grofse Verwüstungen unter
den Anpflanzungen anrichtet. Ich sah einige Individuen, die durch unsere Jäger angegriffen
wurden, von Baumästen 40 Fufs hoch herabspringen. Die Nahrung dieser Thiere bestehet aus
wilden Früchten, Sämereien, Insecten und ähnlichem; mit dem Einsammlen solcher Nahrungsmittel
sind sie den ganzen Tag beschäftiget, Nachts schlafen sie auf Bäumen. In Abyssinien kömmt
dieser Affe nur in den Provinzen Godjam, in der Kulla, und besonders in Damot vor; in lezterer
wurde namentlich von den Landeseingebornen vor Zeiten regelmäfsig Jagd auf ihn gemacht, weil
es zu den Attributen der Auszeichnung gehörte, ein mit dem Theile des Felles eines Colobus,
welcher den Gürtel mit den langen Haaren enthält, verziertes ledernes Schild zu besitzen. Man
bezahlte daher ehemals ein solches Stück Fell zu Gondar bis zu einem Species Thaler. Der
abyssinische Landesname dieses Thieres ist Guereza. Hiob Ludolf in seinem schätzbaren Werke
über Aethiopien erwähnt bereits seiner,**) und publicirte auch eine angebliche Abbildung desselben,
die aber ganz willkührlich nach einem anderen Affen gefertiget ist. Auch Salt erwähnt dessen
in seiner zweiten Reise nach Abyssinien,***) gibt aber davon eine ganz fehlerhafte Beschreibung,
aus der man sieht, dafs er dabei nur die Ludolfische Abbildung, und das Bruchstück einer Haut
benutzte. Zu bemerken ist, dafs in den Abyssinischen Provinzen, die Salt bereiste, dieser Colobus
gar nicht vorkommt.
*) Was man unter dem Namen'Backentaschen verstehet, deren An’- oder Abwesenheit man beider Charakteristik einzelner Genera
der Familie der Affen aufführt, habe ich nie recht verstehen können, denn ich fand in dem Mande keines einzigen Affen an den von
mir. beobachteten Gattungen Cynoscephalus, Macacus, Cercopitbecus, oder Colobus etwas das mit einer Tasche verglichen werden könnte,
obgleich-die naturwissenschaftlichen Schriftsteller solches annehmen. F. Cuvier, in seinem Artikel CynoscépKales ( Mammifères Livraison
12) beschreibt ausführlich die Backentaschen folgendermaßen: L’on trouve de chaque coté des joues l’ouverture d’un sac , qui descend
jusque sous le cou, et ou ces animaux cachent les aliments qu’ils ne 'consomment pas. Alle Affen, die ich gesehen habe, pflegen harte
Nahrungsmittel einige Zeit zwichen der innern Wange und dem Zahnfleisch zu bewahren, wahrscheinlich um durch mechanischen Druck
eine vermehrte Absonderung des Speichels zu bewirken. Hierbei wird äusserlich die Form des Backens aufgeblähet, gleich wie bei jedem
Menschen, der an diese Stelle der Miundhöhle einige Haselnüsse brächte. Wie kann aber so eine ganz mechanische Sache, die bestimmt
allen Affenarten gemein is t, zur Aufstellung von Backentaschen als generischer Charakter einzelner Sippen aufgeführt werden?
**) Historia Aethiopica Lib. I. Cap. 10. 58. Die Abbildung ist wahischeinlich nach einem Hapale ouistiti gefertiget.
***) Salt Appendix pag. XLT.