1 R e i s e von S. Salvador zum Flusse Espirito-Santo
Gebürge, Der glanzende Spiegel des Flusses, welchen CanoeSj^von Negfern
geführt, durchkreuzen, ist an seinen Ufern mit Gebüschen, kleinen
Wiesen und freundlichen Wohnungen eingefafst: auch ist er hier schon
ziemlich breit. Von diesem Standpunkt aus würde ein Mahler ein sehr
anziehendes Gemähide der Stadt und Umgegend liefern können. Die Reise
war uns heute sehr beschwerlich, theils weil unsere Thiere durch einen
langen Stillstand verwildert -waren, theils weil wir an vielen Fazendas
vorbey kamen, wo wir durch das OefTnen der des Viehes wegen
gemachten Umzäunungen aufgehalten wurden, und unsere Lastthiere
darüber aus dem regelmäfsigen Gange kamen. Wir sahen in der hiesigen
Gegend sehr schönes Rindvieh, wie denn in Brasilien überhaupt
dieses nützliche Hausthier grofs, sehr fleischig, schön und wohlgebaut
ist. Die Ochsenhäute von Buenos-Ayres ^ YOXV Monte-P^ideo ^ von Rio-
Grctnde und andern Gegenden des portugiesischen und spanischen Amerika's,
sind wegen ihrer Gröfse ja berühmt; auch haben die Stiere hier
ungleich gröfsere Hörner, als die europäischen sie zu haben pflegen.
Pferde werden hier ebenfalls häufig gezogen.
Die Gegend war abwechselnd und freundlich; auch zeigten sich
einige naturhistorische Neuigkeiten, unter andern eine grofse Anzahl der
schön bläulichten Eisvögel {Alcedo Alcyon^ LINN.) , deren wir mehrere
erlegten. Gegen Mittag erreichten wir das Haus eines Tenente ^ der
eben abwesend war, dessen Frau uns aber dennoch Obdach gab. Als
wir uns am Morgen zur Abreise anschickten, liefs der in der Nacht
angekommene Herr Tenente ebenfalls sein Pferd satteln und begleitete
uns nach Imilla de S. Jocio da Barra, Das Wet ter war ungemein heifs;
die beynahe ausgetrockneten Pfützen in den Wäldern sahen wir mit
einer dichten Decke von gelben und weifslichen Schmetterlingen bedeckt,
die hier Feuchtigkeit suchten. Diese Anhäufungen der Schmetterlinge
an feuchten Stellen sind immer Zeichen von der Annäherung der heifsen
Fl e i s e von S. Salvador zum FUisse Espirito-Santo. i 5 5
Jahrszeit; man sieht oft grofse Flüge von ihnen, gleich Wolken in der
*Nähe eines Wassers umher schwärmen. Die"Aussicht auf den Paräiha
verdeckten uns Gebüsche; der Sandboden bewiefs, dafs wir uns sehr
dem Meere näherten. Einige schöne Vögel, besonders Eisvögel {Alcedo)
vermehrten hier unsere Sammlungen, und als wir das Ufer des Flusses
erreicht hatten, erschien für uns der Augenblick zu einer völlig neuen
Jagd, die des Jacaré^ oder des hiesigen Alligators, Crocodüas sclerops.
Diese Amphibie lebt in allen Flüssen von Brasilien, besonders in denen,
die nicht viel Fall, und dagegen sumpfige Stellen und todte Arme haben.
Man erkennt die letztern sogleich an gewissen grofsblättrigen Wasserpflanzen
, der Nymphcea, Pontederia und anderen, deren Zweige vom
Grunde des Wassers heraufwachsen und an der Oberfläche ihre Blätter
horizontal ausbreiten. Zwischen diesen mufs man áe^s Jacaré suchen;
da sieht der geübte Beobachter seinen Kopf, den es lauernd über dem
Wasser hervorstreckt; doch findet man sie auch zuweilen in der Mitte
des Flusses, besonders in todten, langsam fliefsenden Bächen. Dichte Gebüsche
von schlankenÄtämmchen eines etwaiSbi s 2oFufs hohen, mit grofsen,
wolligen, herzförmigen Blättern versehenen Baums (wahrscheinlich eines
Crotori) der Tridesmys {IMoncecid) sehr nahe verwandt, bedecken die Ufer
des Pardiha, Zwischen ihnen kann man sich leise dem Ufer nähera und
das Jacaré sehen, wie es sich mit dem Kopf über dem Wasser sonnt,
xmd auf Beute lauert. Da wir anfangs, ohne an diese Thiere zudenken,
und die nöthige Stille zu beobachten, an dem Flufs hinritten, vernahmen
wir nur das Geräusch, das sie im Untertauchen machten; als wir uns
aber nun vorsichtig näherten, um zu sehen, woher dieses Geräusch
komme, entdeckten wir nahe am Ufer die Jacaré''s als Urheber desselben.
es:
(*) Ob Azaba in seinem Jacaré den Crocodilas sclerops besclirieben habe, ist zweifelhaft;
seine Beschreibungen sind zu unbestimmt, besonders giebt er die Farbe sehr verschieden au.
S. Essais sur les Çaadi upèdes da Paraguay etc. î^ol. IL p. 38o.
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