56 A u f e n t h a l t in Rio de Janeiro
lieh die der Thiere, besonders in M A R C G R A F ^ S Naturgeschichte. Indessen
sind durch die Aufnahme solcher Provinzial-Benennung^en in den Systemen
nicht selten schädliche Irrungen veranlafst worden ; denn obgleich
in der Regel dieselben Nahmen in einem weiten Umkreise längs der Küste
hin gelten, so kommen dennoch grofse Abänderungen darin vor, wie sich
dies in der Folge meines Reiseberichts zeigen wird. Einige Beyspiele von
Worten und Nahmen aus dieser Sprache sind: Jaüarété (/^E/ZS O/îca, L I N N . )
Tamanduá (Myrrnecophagci)^ Pécari (Schwein), Tapiirété {Tapirus americanuSj
L I N N . ) Cúia (Cabasse) (=•') , Tapyyia (Barbar oder anderes feindseliges
Volk) , woraus man nachher Tapuyas gemacht hat, Panacuni
länglichter Korb), tinga (weifs), uassá oder assú (grofs), rniri (klein) etc.
Eben so haben die Portugiesen für die verschiedenen efsbaren Gewächse
und die daraus zubereiteten Speisen die alten indischen Benennungen
angenommen und beybehalten. Sie essen z. B. den Mingau der alten
Küstenstämme.
Dafs diese Sprache in Brasilien und in den angränzenden Provinzen
Südamerika's weit verbreitet war, beweisen unter andern die Nahmen
der Thiere, welche AZARA in seiner Naturgeschichte von Paraguay
anführt. Sie sind aus der Sprache der Guaranis aufgenommen, stimmen
aber mit denen der Lingoa geral mra Theil ganz überein.
Die erste Klasse der Indier (nach VA S C O N C E L L O S Eintheilung) hat
demnach ihre Lebensweise gänzlich verändert und dadurch ihre Originalität
verloren. Anders ist es mit der zweyten, den Tapuyas j diese
befinden sich noch unverändert in dem Urzustände der Rohheit. Durch
j
(=•') Diese Cuias sind Abschnitte von der Schaale einer gewissen Art Kürbis, die, ausgeleert
und gesäubert, gute leichte Schüsseln, Näpfe zum Essen und Trinken geben. Ist der ausgehöhlte
Kürbis noch ganz und stellt eine Flasche vor, so nennt man das Gcfäfs Cabaça. Dieser
Gebrauch, so wie das Wort Ctda stammt, wie schon gesagt, aus der Lingoa gerat, und ward
auch von den Europäern in Brasilien angenommen.
A u f e n t h a l t in Rio de Janeiro
ihre Wohnplätze im Innern der grofsen Küstenwälder dem Auge und dem
Einflüsse der europäischen Ankömmlinge entzogen, lebten diese rohen
Barbaren sicherer und ungestörter als ihre an der Küste wohnenden
Brüder, mit denen sie, wie mit den Europäern, in beständige Kriege
verwickelt waren. Sie theilen sich in viele Stämme, wobey es dem
Forscher sehr merkwürdig seyn mufs, dafs alle diese kleinen Horden
völlig verschiedene Sprachen reden. Ein einziger, sehr wilder Stamm
der Tapuyas, die Uëtacas oder Goajr/ac^^e^, wie die Portugiesen
sie nennen, wohnte zwar an der Ostküste zwischen den Völkern der
Lingoa geral, redete aber eine von der ihrigen völlig verschiedene
Sprache, lebte in beständigen Kriegen mit denselben, und ward auch
von ihnen, wie von den Europäern, gefürchtet, bis die in der Bildung
jener rohen Horden so erfahrenen Jesuiten durch Geduld, Math und
Ausdauer endlich auch diesen wilden Stamm bändigten.
Das Dorf Lourenzo hatte MEND O DE SA 1667 bey der Erbauung
von 5. Sebastiam (Rio de Janeiro) unter einem gewissen MARTIM
APONSO für die Indier, welche sich in den verschiedenen Gefechten
gegen die Franzosen und die mit ihnen verbundenen Tupinambas, und
bey der Vertreibung derselben sehr tapfer gezeigt hatten, angelegt.
Nach dieser Zeit haben die Jesuiten neubekehrte Goa^i^ca.e. dahin
geführt, um den Ort durch sie neu zu bevölkern. Die jetzt daselbst
wohnenden Indier stammen also von jenem Volke ab.
Nach dieser Abschweifung kehren wir zu den stillen Wohnungen
von 5. zurück. Gatterwerk von Stäben, die Zwischenräume
mit Lehm ausgefüllt, bildet die Mauern der Hütten, deren Dächer mit
Coeosblättern gedeckt sind. Der Hausrath ist sehr einfach. Kohrmatten
( ^ . t o . . . ) , auf Pritschen von Stangen gelegt,, vertreten die Stelle der
(*) LEnr pag. i5. .