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 i 4 8  A u f e n t h a l t  zu  Villa  de  S.  Salvador  
 ten  wir  Herrn  Pater  Jo i  o.  Vor  den  Fenstern  seiner  Wohming  fliefst  der  
 schöne  Paraiba  vorhey,  auf  den  man  hier  die  herrlichste  Aussicht  hat;  
 er  ist  der  beträchtlichste  Flufs  in  der  Capitanía  von  Rio  de  Janeiro^  der  
 bis  zu  seiner  Caxoeira  über  5.  Fidelis  72  Inseln  zählen  soll;  er  kommt  
 zwischen  der  Serra  dos  Orgäos  und  der  von  Mantiqueira  herab.  Der  
 Strom  hatte  jetzt  seine  geringste  Höhe,  allein  in  der  Regenzeit,  December  
 und Januar,  tritt  er  weit  aus  seinen  Ufern.  
 Von  hier  führt  über  das  Gebürge  hin  ein  We g  nach  Canta  Gallo  
 ein  anderer  nach  Minas  Geraés,  Canta  Gallo^  von  einigen  Gold  suchenden  
 Paulisten  angebaut,  blieb  in  den  grofsen Waldungen  lange  unbemerkt,  
 bis  es  endlich  durch  den  Ruf  eines  Hahns  entdeckt  wurde  und  davon  seinen  
 Nahmen  erhielt(-).  Als  sich  die  Jesuiten  in  Brasilien  festsetzten,  solj  in  
 der  Gegend  von  Canta  Gallo  ein  sehr  weifser  Stamm  von  Indiern  gewohnt  
 haben.  Erstere  fanden  dort  Goldsand  und  liefsen  sich  ihn  von  den  Indiern  
 in  Papierpatronen  nach  áem  Paraiba  hinabbringen,  wofür  sie  ihnen  unbedeutende  
 Kleinigkeiten  gaben.  Unsere  Trennung^  von  Pater  J O A O  war  
 freundschaftlicher  als  die  erste  Zusammenkunft;  herzlicher  jedoch  war  
 unser  Abschied  von  dem  guten  alten  Manne,  der  uns  hier  mit  vielem  
 Wohlwollen  bewirthet  hatte.  Wir  kehrten  über  den  Pardiha  nach  der  
 Fazenda  des Herrn  Furriel  zurück  und  sahen  da  die  Paris  wieder  nach  
 dem  Zucker-Engenho  kommen,  um  Zuckerrohr  zu  saugen.  Man  brachte  
 den  von  Herrn  F R E Y R E I S S  gestern  gekauften  Knaben  unter  sie,  um  zu  
 sehen,  welchen  Eindruck  er  auf  seine  Verwandten  machen  würde;  allein  
 zu  unserer  Verwunderung  würdigte  ihn  kein  einziger  nur  eines  Blickes,  
 und  auch  er  sah  sich  nicht  nach  seinen  Eltern  und  Verwandten  um,  sondern  
 setzte  sich  ohne  weiters  in  unserer Mitte  nieder.  Solche  Gleichgültigkeit  
 habe  ich  bey  keinem  der  andern  Stämme  gefunden.  Sie  scheint  indessen  
 nur  gegen  schon  etwas  herangewachsene  junge  Leute  statt  zu  finden,  
 (*)  Siehe  die  Beschreibung  von  Canta  Gallo  in  J.  MAWE'S  Iravels  etc.  Cap.  IX.  p.  120.  
 A u f e n t h a l t  zu  Villa  de  S.  Salvador  4 9  
 denn  gegen  kleinere  Kinder  fehlt  es  ihnen  nicht  an  Zärtlichkeit.  Bis  der  
 junge  Mann  sich  selbst  ernähren  kann,  ist  er  ganz  das Eigenthum  seines  
 Vaters.  Sobald  er  aber  einigermafsen  im  Stande  ist,  sich  seinen  Unterhalt  
 selbst  zu  verschaffen,  bekümmert  sich  der  Vater  wenig  mehr  um  ihn.  
 Einige  zogen  mit  ihren  völlig  bepacktenWeibern  an  uns  vorbey.  
 Ihr  ganzes Gepäcke  bestand  in ihren Kindern  und  einigen Körben  v,on Palmblättern, 
   die  voll Bananen,  Orangen,  Sapucaya-Nüssen,  Rohr  zuPfeilspitzen,  
 baumwollenen  Schnüren  und  einigen  Putzsachen  waren.  Der  Mann  trug  
 ein  Kind,  seine  drey  Weiber  die  andei'n  und  die Köx^be.  Die  2te Tafel  giebt  
 die  Abbildung  einer  wandernden  Truppe  von  Paris  im  hohen  Urwalde.  
 Wir  nahmen  nun  ebenfalls  Abschied  von  unserm  Hauswirthe  und  den  
 Indiern,  und  ritten  an  dem  linken  Ufer  des  Pardibahindh^  um  auch  dieses  
 kennen  zu  lernen.  Es  ist  eben  so  schön  abwechselnd  und  wohl  angebaut,  
 als  das  rechte.  Wir  sahen  hier  grofse  Fazenda!s  von  herrlichen  Bäumen  
 umkränzt,  unter  denen  wi r  den Sapucaya  mit  dem  jungen  rosenroth  gefärbten  
 Laube  und mit  schönen  sonderbar  geformten,  grofsen  Hllafai-benen  Blumen  
 überdeckt,  in  voller  Blüthe  fanden  Bey  dem  Hause  des  S E N H O R  
 Mo  RAES  hielten  wir  an.  Dieser  wohldenkende  Pflanzer  hatte  einige  naturhistorische  
 Gegenstände  für  uns  bereit,  die  er  uns  anbot;  auch  liefs  er  sogleich  
 seinPferd  satteln,  um  uns  zu  begleiten.  Während  wir  uns  hier  aufhielten, 
   kamen  einige Familien  der  P M ^ Z S  angezogen  und  lagerten  sich  in  der  
 Nähe  des Hauses.  Sie  haben  eine  ganz  eigene  Liebe  für  den biedern  Mann,  
 der  sie  stets  aufrichtig  und  freundschaftlich  behandelte.  Ohne  auf  den  Schaden  
 zu  sehen,  welchen  sie  ihm  zufügten,  gestattete  er  ihnen  immer  die Plünderung  
 seiner  Orangen-  und  Bananenbäume,  so  wie  seiner  Zuckerfelder;  
 und  oft  fügten  sie  ihm  bedeutenden  Schaden  zu.  Einem  solchen Manne,  der  
 ihre Achtung  und Liebe  besitzt,  und  gut  mit  ihnen  umzugehen  weifs,  würde  
 (*)  In  einem  Aufsatze  des He r r n  Hauptmann  MARHER  in  V.  ESCH  WEGB' S  Journal  S. 1 I 3  
 -wird  dieser  Baum  falschlich  Cocus  de Sapucaya  genannt,  denn  er  hat  nichts  mit  denPalmen  gemein.  
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