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 220  R e i s e  vom  Rio  Doçe  fois  zum  Flusse  Alcofoaça  R e i s e  vom  Rio  Dope  his  zum  Flusse  Alcobapa  2 2 1  
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 den  zweyten  aber,  eine  Lagoa  in  einer  kleinen  Thalvertiefiing  seitwärts  
 vom  We g e ,  die  den  Nahmen  Piranga  hat,  fanden  wir  am  Mittage, 
   da  wir  uns  nach  allen  Richtungen  vertheilt  hatten,  um  Wasser  
 aufzusuchen;  er  gab  uns  und  unsern  Thieren  einige  Erfrischung".  An  
 der  Stelle,  wo  wir  am  Abend  bleiben  mufsten,  war  aber  alles  Suchen  
 nach  Wasser  g-anz  vergebens,  wir  fanden  keins  und  konnten  deshalb  
 auch  unsere  mitgebrachten  Provisionen  nicht  benutzen,  da  diese  harten  
 Speisen  nur  dm^ch  Wasser  geniefsbar  g-emacht  werden.  Es  blieb  uns  
 daher  nichts  übrig-,  als  unsern  Hunger  mit  ein  wenig  trocknem  Maysmehl, 
   und  den  glücklicherweise  von  den  Soldaten  gesammelten  Schildki^ 
 öteneyern,  die  man  in  Seewasser  abkochen  konnte,  zu  stillen.  Als  
 man  sich  beschäftigte  dieses  herbey  zu  holen  und  Treibholz  auf  dem  
 Strande  zu  sammeln,  fanden  wir,  welche  MerkwürdigkeitI  in  geringer  
 Entfernung  von  unserm  Feuer,  eine  colossale  Seeschildkröte  {Testado  
 die  eben  im  Begriffe  war,  ihre  Eyer  zu  legen;  erwünschter  
 konnte  unserer  hungrigen  Gesellschaft  nichts  begegnen;  das  Thier  
 schien  absichtlich  hierher  gekommen  zu  seyn,  um  für  unsere  Mahlzeit  
 zu  sorgen.  Unsere  Gegenwart  störte  sie  nicht  bey  ihrem  Geschäfte;  
 man  konnte  sie  berühren,  und  sogar  aufheben,  wozu  aber  vier  Mann  
 nöthig  waren.  Bey  allen  den  lauten  Zeichen  unseres  Erstaunens  und  
 den  Berathschlagungen,  was  man  wohl  mit  ihr  anfangen  solle,  gab  
 sie  kein  anderes  Zeichen  von  Unruhe,  als  ein  Blasen,  wie  etwa  die  
 Gänse  thun,  wenn  man  sich  ihrem  Neste  nähert.  Sie  ai'beitete  mit  
 ihren  flossenartigen  Hinterfüfsen  langsam  in  der  einmal  begonnenen  Art  
 fort,  indem  sie  gerade  unter  ihrem  After  ein  cylinderförmiges  etwa  
 8  bis  12  Zoll  breites  rundes  Loch  in  den  Sandboden  aushöhlte;  die  
 herausgenommene  Erde  warf  sie  äufserst  geschickt  und  regelmäfsig,  ja  
 gewissermafsen  im  Takte,  zu  beyden  Seiten  neben  sich  hin,  und  fieng  
 alsdann  sogleich  an  ihre  Eyer  zu  legen.  
 Einer  unserer  beyden  Soldaten  legte  sich  seiner  ganzen  Länge  nach  
 neben  die  Versorgerin  unserer  Küche  auf  die  Erde  nieder,  griff  in  die  
 Tiefe  des  Erdloches  hinab,  und  warf  die  Eyer  beständig  heraus,  so  wie  
 die  Schildkröte  sie  legte;  auf  diese  Art  sammelten  wir  in  einer  Zeit  von  
 etwa  10 Minuten  an  looEyer.  Man  berathschlagte  nun,  ob  es  zweckmäfsigsey  
 dieses  schöne  Thier  unsern  Sammlungen  einzuverleiben;  allein  
 das  grofse  Gewicht  der  Schlidkröte,  für  welche  man  ein  besonderes  Maulthier  
 einzig  und  allein  hätte  bestimmen  müssen,  und  überdiefs  die  
 Schwierigkeit,  die  ungefügige  Last  aufzuladen,  bestimmte  uns,  ihr  das  
 Leben  zu  schenken  und  mit  ihrem  Tribut  an  Eyern  uns  zu  begnügen;  
 die  Vignette  des  8ten  Abschnittes  giebt  eine  genaue  Vorstellung  dieser  
 originellen  Scene.  Diese  coiossalen  Thiere,  die  Midas  -  und  die  weichschalige  
 Schildkröte  {Testado  Mydas  und  coinacea),  so  wie  die  Testudo  
 Caretta  oder  die  Caüanne,  legen  besonders  in  diesen  unbewohnten  Gegenden  
 der  Küste,  zwischen  dem  Riacho  und  dem  Macari,  ihre  Eyer  in  
 den  wärmsten  Monaten  des  Jahres  in  den  Sand;  sie  steigen  dazu  in  der  
 Abenddämmerung  ans  Land,  schleppen  ihren  schweren  Körper  auf  die  
 Sandküste  hinauf,  höhlen  ein  Loch  aus,  legen  ihre  Eyer  hinein,  füllen  
 es  wieder  mit  Sand  an,  den  sie  fest  stampfen,  und  eilen  ein  oder  zwey  
 Stunden  nach  Untergang  der  Sonne  dem  Meere  schon  wieder  zu.  Auch  
 diese  Schildkröte,  die  uns  so  reichlich  versorgt  hatte,  fanden  wir  nicht  
 mehr,  als  wir  nach  einigen  Stunden  auf  den  Strand  zurückkehrten;  sie  
 hatte  ihr  Loch  verdämmt  und  ihre  breite  Spur  im  Sande  zeigte,  dafs  sie  
 ihrem  Elemente  wieder  zugekrochen  war.  Eine  einzige  dieser  Schildkröten  
 kann  einer  ganzen  Gesellschaft  mit  ihren  Eyern  eine  hinreichende  
 Mahlzeit  verschaffen,  denn  die  Midas-Schildkröte  soll  gewöhnlich  lobis  
 12  Dutzend,  und  die  weichschalige,  welche  den  gröfsten  Umfang  erreicht,  
 18  bis  2 0 Dutzend  auf  einmal  legen.  Diese  Eyer  sind  ein  sehr  nahrhaftes  
 Essen  und  werden  daher  an  den  öden  unbewohnten  Küsten  von  den