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 8  Pt e i s e  n a c h  Rio  de  Janeiro.  R e i s e  nach  Piio  de  Janeiro  9  
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 Die  ersten  Tage  der  Reise  benutzt  man  gewöhnlich  zu  seiner  
 Einrichtung  im  Schiffe  und  zur  Betrachtung  der  neuen  sich  darbietenden  
 Gegenstände  ;  sie  verfliefsen  daher  sehr  schnell.  Am  zweiten  
 Tage,  als  der  Morgen  anbrach,  hatte  man  die  gegründetste  Hoffnung  
 auf  eine  günstige  Reise.  Stolze  dreimastige  Schiffe  segelten  mit  uns  
 gleichen  Weg?  colossale  Ostindienfahrer,  mit  schwellenden  Segeln  
 bedeckt,  feuerten  ihre  Kanonen  ab,  und  glitten  ruhig  über  den  g^inen  
 Spiegel  dahin  ;  aber  schon  gegen  Mittag  wandte  sich  der  Wind  und  
 ^vlu^de  conträr,  so  dafs  wir  uns  genöthigt  sahen  zu  kreuzen.  ^  Wi r  
 segelten  bey  Margate,  einem  hübschen  Städtchen,  vorbey,  umschifften  
 Cape  North  Foreland  mit  seiner  steil  abgeschnittenen  weifsen  Küste,  
 fuhren  in  den  Canal  ein,  und  ankerten  gegen  Abend  in  den  Domns,  
 Angesichts  der  Stadt  Deal  Die  Küste  von  England  ist  in  dieser  Gegend  
 völlig  offen,  keine  Bucht,  keine  Höhe  schützt  hier  den  Seemann,  wenn  
 Stürme  eintreten.  Die  Menge  der  Schiffe  vor  Deal  war  grofs;  die  
 gröfsten  Ostindienfahrer  und  mehrere  Kriegsschiffe  ankerten  mit  uns  
 zugleich;  ein  Linienschiff  gab  den  Retraiteschufs  {Sunset)  und  auf  den  
 andern  gaJ^  ein  Fhntenschufs  das  Zeichen,  worauf  Zapfenstreich  geschlagen  
 ward.  ~  Ungünstiger  Wind  hielt  unser  Schiff  mehrere  Tage  auf  
 der  Rhede  zurück;  der  Capitain  benutzte  die  Zeit,  um  frisches  Fleisch,  
 mancherley  Grünes  und  einige  lebende  Thiere  zur  Verproviantirung  zu  
 nehmen.  Nach  einigen  Tagen  ,  da  der  Wind  etwas  günstiger  schien,  
 lichteten  wir  ^ie  Anker  und  segelten  um  Cape  South  Foreland  herum,  
 begleitet  von  dem  Brigg  Albatros,  geführt  von  Capitain  HARRISON.  
 Von  nun  an  wurde  uns  das Wet ter  immer  ungünstiger,  und  da  wir  dem  
 immer  conträrer  werdenden  Winde  nicht  mehr  widerstehen  konnten,  
 so  liefen  wir  wieder  vor  Deal  auf  unserm  Ankerplatze  ein.  Der  Wind  
 nahm  zu,  so  dafs  man  in  der  Nacht  schon  starke  Wache  auf  dem  
 Verdeck  halten  mufste  ;  der  Himmel  trübte  sich  immer  mehr  und  
 verdunkelte  das  nahe  Vorgebürge  South  Foreland.  Der  Sturm  brauste  
 furchtbar  um  uns  her,  und  die  dunkelgrünen Wogen  der  See  erschienen  
 mit  weifsem Schaum  bedeckt.  Man  nahm  die  Segelstangen  {Vards)  herab  
 und  befestigte  sie  in  senkrechter  Stellung,  um  dem  Wind  desto  weniger  
 Fläche  zu  bieten.  So  dauerte  das  stürmische  Wetter  mit  abwechselnder  
 Heftigkeit  einige  Tage  fort  und  gab  den  Reisenden,  die  zum  erstenmale  
 sich  auf  diesem  unsichern  Elemente  befanden,  eben  nicht  den  angenehmsten  
 Vorschmack  von  den  Freuden  des  Seelebens.  An  einem  Nachmittage, 
   als  der  Wind  etwas  günstiger  schien,  erhielten  wir  das  Signal  
 von  einem  Kriegsschiff,  worauf  die  ganze  Flotte  die  Anker  lichtete.  
 Als  die  Dämmerung  eintrat,  bedrohte  uns  eine  neue  Gefahr;  die  Schiffe  
 segelten  zum  Theil  so  nahe  aneinander  hin  imd  drängten  sich  so  zusammen  
 ,  dafs  es  der  gröfsten  Vorsicht  bedurfte,  damit  nicht  eins  das  andere  
 beschädigte.  Einer  noch  gröfsern  Gefahr  waren  wir  um  Mitternacht  
 ausgesetzt,  der  wir  aber  auch  glücklich  entgingen;  ein  mächtiges  Schiff  
 kam  uns  mit  vollen  Segeln  pfeilschnell  entgegen  und  unsere  Wachen  
 auf  dem  Vordertheil  bemerkten  es  wegen  der  Dunkelheit  nicht  eher,  
 als  bis  es  dicht  bey  uns  vorbey  strich.  Der  Wind  nahm  an  Stärke  immer  
 zu,  und  da  der  Morgen  kam,  hatte  sich  die  Scene  sehr  geändert;  trüb  
 und  wie  von  Rauch  umhüllt  schien  der  wolkenleere  Himmel  und  bey  
 stetem  Sonnenschein  wuchs  der  heulende  Sturm.  Unser  ganz  auf  die  
 Seite  gelegtes  Schiff  kämpfte  nur  mit  wenigen  Segeln  gegen  den  Wind,  
 bis  wir  uns  etwa  um  zehn  Uhr  Morgens  dem  Leuchtthurm  von  Dungenefs  
 gegenüber  befanden.  Alle  Passagiere  waren  krank  im  Raum  
 des  Schiffs,  wo  eine  öde  traurige  Stille  nur  durch  das  Tosen  des  
 Sturms  in  dem  Tauwerke  ,  und  durch  das  furchtbare  Brausen  und  
 Schlagen  der  Wogen  unterbrochen  wurde.  Der  Capitain,  der  alles  
 mögliche  versuchte,,  um  die  Reise  fortzusetzen,  mufste  endlich  umkehren  
 und  seinen  Lauf  wieder  nach  Deal  richten.  Jetzt  wirkte  der  Sturm  
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