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zu können. Zwey Deutsche, die Herren P K E V R E I S S u n d S E L LOW,
welche noch mehrere Jahre hindurch in Brasilien zu reisen gesonnen
s ind, haben an Sr. Majestät dem Könige von Portugal und Brasihen
einen grofsmüthigen Unterstützer gefunden; besser als sie wird nicht
leicht ein Fremder in dieses Land eindringen können, da sie mit Sprache
und Sitten desselben bekannt, und durch ihre mehrjährigen Reisen hinreichend
vorbereitet sind. Einen Theil der von mir vollbrachten Reise
machte ich in ihrer Gesellschaft, und von Herrn F R E Y R E I S S erhielt
ich selbst manche interessante Notiz , wofür ich ihm' meinen Dank hier
öffentlich ausdrücke. Herr F R E Y R E I S S wird mir auch in der Folge den
Ber icht seiner fortgesetzten Reisen, so ^vie naturhistorische Beobachtungen
mittheilen , und ich werde mich glücklich schätzen, sie alsdann den
Freunden solcher Forschungen vorzulegen. Mein gegenwärtiger Reisebericht
wird demnach nur als Vorläufer interessanterer Beobachtungen
anzusehen seyn. Wei tere Nachrichten und wiederholte Beobachtungen
werden die Lücken ausfüllen, die sich in diesen Blättern finden müssen,
und die der gütige Leser hoffentlich mit Nachsicht übersehen und verzeihen
wird. Wohl fühle ich, wie gewagt es i s t , nach der glänzenden
Erscheinung jenes hellen Sterns an unserm wissenschaftlichen Horizonte
— ich meyne unsern grofsen Landsmann, den ausgezeichneten A L E X A N -
. D E R VON H U M B O L D T , — mit diesen Reisebemerkungen über einen
Theil von Südamerica öffentlich aufzutreten ! Indessen ist doch der reine
gute Wille, auch bey geringerer Kraft, der Beobachtung nicht unwerth;
und so wenig ich auch Anspruch darauf machen kann, etwas Vollendetes
zu liefern, so darf ich doch hoffen, dafs Freunde der Natur-, Länderund
Völkerkunde in meinen Mittheilungen manchen nicht ganz unwichtigen
Beyt rag zur Erweiterung dieser Wissenschaften finden werden.
I.
Reise von England nach Rio de Janeiro in Brasilien,
B r a s i l i e n , nach dem seit einer Reihe von Jahren eine Menge
von Reisenden ihr Auge richten, hat den Vortheil, dafs es durch
eines der friedlichem Meere von Europa getrennt wird. Der unermefsliche
Ocean hat gewisse Monate , besonders um die Zeit der
Aequinoctien, wo Stürme gewöhnlich sind; dennoch aber sind sie in
diesen Regionen im ganzen weniger gefährlich, als in andern Theilen
desselben, zum Beyspiel in der Nähe des Vorgebürgs der guten Hoffnung,
des Cap Horn u. a.
Ich verliefs London zu der Zeit , wo die Stürme gewöhnlich
ihre gröfste Heftigkeit verloren haben ; und wi r sahen daher einer
ruhigen angenehmen Fahrt zuversichtlich entgegen. Unser Schiff, der
Janas von 32 0 Tonnen, verliefs die Themse bey dem heitersten
schönsten We t t e r , und wir vertrauten um so mehr auf^das Sprüchwort
der englischen Seeleute: Evening red and morning gray sign of a
very fine day ^ als wir am Abend den Himmel auf das schönste
geröthet erblickten. Wi r erreichten die Mündung der Themse mit
einem guten frischen Winde , allein schon gegen Abend verlor sich
dieser günstige Zephyr und man sah sich genöthigt, den Anker fallen
zu lassen.