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daher einen unglaxibiichen Hafs gegen sie und äxifserfce wiederholt, dafs
er auch unsern jungen Pari gern mit Schrot erschiefsen würde. „Es ist
unbegreiflich, setzte er hinzu, dafs die Regierung nicht zweckmäfsigere
Anstalten zur Ausrottung dieser Thiere trifft; wenn man au dem Flusse nur
ein wenig hinauf geht, so findet man sogleich ihre Ranchos (Hütten)."
Ihre Nähe ist freylich sehr unangenehm, allein man mufs bedenken, dafs
die Pflanzer durch die frühere schlechte Behandlung gröfstentheils Schuld
an diesen feindseligen Gesinnungen der Urbewohner sind. In jenen frühern
Zeiten unterdrückte Gewinnsucht und Goldgier alle Gefühle der
Menschlichkeit bey den europäischen Ansiedlern; sie sahen jene braunen
nackten Menschen nur als Thiere an, welche blos für sie geschaffen seyen,
wie ja selbst die unter der Geistlichkeit im spanischen Amerika aufgeworfene
Streitfrage beweifst: ob die Wilden als Menschen gleich den
Europäern anzusehen seyen oder nicht? wovon AZARA im zweyten
Theile seiner Reise redet. Dafs die Paris indessen zuweilen wirklich
die Körper erlegter Feinde verzehren, dafür findet man hier im Lande
viele Zeugnisse. Pater JOAO ZU 5. Fidelis versicherte uns, dafs er
einst auf einer Reise nach dem Flusse /ia/5emiWm einen von den Paris
getödteten Neger ohne Arme und Beine im Walde gefunden habe, um
welchen eine Menge von Urabus versammelt waren. Es ist schon
weiter oben bey S, Fidelis gesagt worden, dafs die Paris das Verzehren
des Menschenfleisches uns nie eingestehen wollten; allein nach den angeführten
gültigen Zeugnissen kommt ihr eigenes Geständnifs nicht in
Betracht. Auch unser ^¿iW gestand, dafs seine Stamms-Verwandten den
Kopf ihrer getödteten Feinde auf eine Stange stecken und um denselben
herum tanzen. Selbst unter den Coroados in Minas Geraes soll, wie
Herr FREYP.EISS versichert, der Gebrauch herrschen, einen Arm oder
Fufs des Feindes in einen Topf mit Caäi zu stecken, woran alsdann die
Gäste saugen.
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Reise von S. Salvador zum Flusse Espirito-Santo 63
Unser Aufenthalt valVlarihecca war für unsere naturhistorischen Sammlungen
sehr ergiebig. Des häufigen Regens ungeachtet, der in diesen
Tagen fiel, waren unsere Jäger in den einzelnen Stunden, wo eine
günstigere Wi t terung eintrat, sehr fleifsig. In den grofsen Wäldern und
Sümpfen an den Ufern des Itabapuana nistete die Bisam-Ente {Anas moschata^
LINN.) ein für uns neuer Vogel. Dieses schöne Thier, von welchem
man in Europa die zahme Race sehr häufig imter dem Nahmen
der türkischen Ente, in Fasanerieen und auf Höfen hält, ist durch die
schwärzlich rothe nackte Warzenhaut kenntlich, welche die Gegend des
Auges und des Schnabels umgiebt; das ganze Gefieder ist schwarz in
grün und purpurroth mannigfaltig schillernd; die Schultern der Flügel
sind bey dem alten Vogel schneeweifs, bey den Jungen hingegen schwarz.
Das alte Männchen ist sehr grofs und schwer, und hat ein etwas hartes
Fleisch; junge hingegen sind sehr schmackhaft und deswegen dem Jäger
sehr willkommen. Wir Europäer fanden auf unsern Jagdexcursionen in
den sumpfigen Waldgegenden am Flusse oft grofse Hindernisse, dagegen
drangen unsere halbnackten inländischen Jäger weit besser in diese Wildnisse
ein. Drey Negersclaven von der Fazenda erboten sich ebenfalls für
uns zu jagen; wir versahen sie mit Gewehren, Pulver und Bley, und sie
brachten nun täglich am Abende eine Menge Thiere ein, die alsdann vertheilt
w^irden. Hierunter waren besonders Reiher, Ibisse, Enten [Anas
moschata midi vidaatd) der von Az AR A oder die grünschultrige
Ente, der Königsreiher {Garga reaf) eine schöne bis jetzt noch unvollständig
beschriebene Reiherart, mit gelblich weifsem Körper und schön
blauem Schnabel die grofse und kleine Egrette mit ihrem blendend
weifsen Gefieder und andere mehr. Auch der Ilabapaana verschaffte uns
verschiedene Seltenheiten. Auf einer Spazierfahrt den Flufs -aufwärts
(*) Ardea pileata, LATHAM, oder le lleron hlanc a caloUe noire. BÜFFO CF - S o ¡N'N i N i,
Tom. 21. p. 192.
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