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 1 6 3  Reise  von  S.  Salvador  zum  Flusse  Espirito-Santo  
 daher  einen  unglaxibiichen  Hafs  gegen  sie  und  äxifserfce  wiederholt,  dafs  
 er  auch  unsern  jungen  Pari  gern  mit  Schrot  erschiefsen  würde.  „Es  ist  
 unbegreiflich,  setzte  er  hinzu,  dafs  die  Regierung  nicht  zweckmäfsigere  
 Anstalten  zur  Ausrottung  dieser Thiere  trifft;  wenn  man  au  dem Flusse  nur  
 ein  wenig  hinauf  geht,  so  findet  man  sogleich  ihre  Ranchos  (Hütten)."  
 Ihre  Nähe  ist  freylich  sehr  unangenehm,  allein  man  mufs  bedenken,  dafs  
 die  Pflanzer  durch  die  frühere  schlechte  Behandlung  gröfstentheils  Schuld  
 an  diesen  feindseligen  Gesinnungen  der  Urbewohner  sind.  In  jenen  frühern  
 Zeiten  unterdrückte  Gewinnsucht  und  Goldgier  alle  Gefühle  der  
 Menschlichkeit  bey  den  europäischen  Ansiedlern;  sie  sahen  jene  braunen  
 nackten Menschen  nur  als Thiere  an,  welche  blos  für  sie  geschaffen  seyen,  
 wie  ja  selbst  die  unter  der  Geistlichkeit  im  spanischen  Amerika  aufgeworfene  
 Streitfrage  beweifst:  ob  die  Wilden  als  Menschen  gleich  den  
 Europäern  anzusehen  seyen  oder  nicht?  wovon  AZARA  im  zweyten  
 Theile  seiner  Reise  redet.  Dafs  die  Paris  indessen  zuweilen  wirklich  
 die  Körper  erlegter  Feinde  verzehren,  dafür  findet  man  hier  im  Lande  
 viele  Zeugnisse.  Pater  JOAO  ZU  5.  Fidelis  versicherte  uns,  dafs  er  
 einst  auf  einer  Reise  nach  dem  Flusse  /ia/5emiWm  einen  von  den  Paris  
 getödteten  Neger  ohne  Arme  und  Beine  im  Walde  gefunden  habe,  um  
 welchen  eine  Menge  von  Urabus  versammelt  waren.  Es  ist  schon  
 weiter  oben  bey  S,  Fidelis  gesagt  worden,  dafs  die  Paris  das  Verzehren  
 des  Menschenfleisches  uns  nie  eingestehen  wollten;  allein  nach  den  angeführten  
 gültigen  Zeugnissen  kommt  ihr  eigenes  Geständnifs  nicht  in  
 Betracht.  Auch  unser  ^¿iW  gestand,  dafs  seine  Stamms-Verwandten  den  
 Kopf  ihrer  getödteten  Feinde  auf  eine  Stange  stecken  und  um  denselben  
 herum  tanzen.  Selbst  unter  den  Coroados  in  Minas  Geraes  soll,  wie  
 Herr  FREYP.EISS  versichert,  der  Gebrauch  herrschen,  einen  Arm  oder  
 Fufs  des  Feindes  in  einen  Topf  mit  Caäi  zu  stecken,  woran  alsdann  die  
 Gäste  saugen.  
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 Reise  von  S.  Salvador  zum  Flusse  Espirito-Santo  63  
 Unser Aufenthalt  valVlarihecca  war  für unsere  naturhistorischen  Sammlungen  
 sehr  ergiebig.  Des  häufigen  Regens  ungeachtet,  der  in  diesen  
 Tagen  fiel,  waren  unsere  Jäger  in  den  einzelnen  Stunden,  wo  eine  
 günstigere Wi t terung  eintrat,  sehr  fleifsig.  In  den  grofsen  Wäldern  und  
 Sümpfen  an  den  Ufern  des  Itabapuana  nistete  die  Bisam-Ente  {Anas  moschata^ 
   LINN.)  ein  für  uns  neuer  Vogel.  Dieses  schöne  Thier,  von  welchem  
 man  in  Europa  die  zahme  Race  sehr  häufig  imter  dem  Nahmen  
 der  türkischen  Ente,  in  Fasanerieen  und  auf  Höfen  hält,  ist  durch  die  
 schwärzlich  rothe  nackte  Warzenhaut  kenntlich,  welche  die  Gegend  des  
 Auges  und  des  Schnabels  umgiebt;  das  ganze  Gefieder  ist  schwarz  in  
 grün  und  purpurroth  mannigfaltig  schillernd;  die  Schultern  der  Flügel  
 sind  bey  dem  alten Vogel  schneeweifs,  bey  den  Jungen  hingegen  schwarz.  
 Das  alte Männchen  ist  sehr  grofs  und  schwer,  und  hat  ein  etwas  hartes  
 Fleisch;  junge  hingegen  sind  sehr  schmackhaft  und  deswegen  dem  Jäger  
 sehr  willkommen.  Wir  Europäer  fanden  auf  unsern  Jagdexcursionen  in  
 den  sumpfigen  Waldgegenden  am  Flusse  oft  grofse  Hindernisse,  dagegen  
 drangen  unsere  halbnackten  inländischen  Jäger  weit  besser  in  diese  Wildnisse  
 ein.  Drey  Negersclaven  von  der  Fazenda  erboten  sich  ebenfalls  für  
 uns  zu  jagen;  wir  versahen  sie  mit  Gewehren,  Pulver  und  Bley,  und  sie  
 brachten  nun  täglich  am  Abende  eine  Menge  Thiere  ein,  die  alsdann  vertheilt  
 w^irden.  Hierunter  waren  besonders  Reiher,  Ibisse,  Enten  [Anas  
 moschata  midi  vidaatd)  der  von  Az AR A  oder  die  grünschultrige  
 Ente,  der  Königsreiher  {Garga  reaf)  eine  schöne  bis  jetzt  noch  unvollständig  
 beschriebene  Reiherart,  mit  gelblich  weifsem  Körper  und  schön  
 blauem  Schnabel  die  grofse  und  kleine  Egrette  mit  ihrem  blendend  
 weifsen  Gefieder  und  andere  mehr.  Auch  der  Ilabapaana  verschaffte  uns  
 verschiedene  Seltenheiten.  Auf  einer  Spazierfahrt  den  Flufs  -aufwärts  
 (*)  Ardea  pileata,  LATHAM,  oder  le  lleron  hlanc  a  caloUe  noire.  BÜFFO  CF - S o ¡N'N i N i,  
 Tom.  21. p.  192.  
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