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96 A u f e n t h a l t zu Capitania und Reise zum Rio Do;;e
Fischflufs), wie die Indier ursprünglich ihn nannten. Hier an der Barra
(Mündung) liegt eine kleine Povoagao von wenigen Häusern, die man
Aldea l^elha nennt, und etwas höher am Flusse hinauf befindet sich ein
bedeutendes Dorf von den Jesuiten, die hier zur Zeit ihrer Herrschaft eine
Menge Indier versammelten, gegründet. Fischfang und Muscheln verschafften
ihnen die nöthigste Nahrung, daher findet man noch heut zu Tage
am Flufsufer grofse Haufen von Muschelschaalen. Man hat denselben eine
andere Entstehung zuschreiben wollen, allein mehrere Schriftsteller
bestätigen den Gebrauch des Austeressens bey jenen Wilden, und die
Umstände erläutern die Sache hinlänglich; man kann daher nicht bezweifeln
, dafs diese Anhäufungen von Muschelschaalen von den Mahlzeiten
der alten Bewohner dieser Stelle herrühren. Als in der Folge viele portugiesische
Pflanzer sich am Pyrakäassü niederliefsen, sollen die Jesuiten
einen Theil der Indier, die früher hier gewohnt, weggeführt und mit
ihnen J^illa Nova gegründet haben, um sie von den Portugiesen entfernt
zu halten. Wir erreichten Aldea f^elha in der Abendkühlung. Man wendet
sich hier um eine Landspitze an der See, und befindet sich plötzlich
an dem schönen breiten Flusse, der aus seinen mit Wald bewachsenen
Ufern in das Meer hervor strömt. Sechs bis sieben Strohhütten bilden in
einer kleinen Thalfläche die Aldea f^elha^ nur ein einziges etwas ansehnlicheres
Haus befindet sich dcirunter, und wird jetzt vom Commandanten
des Distrikts, einem Lieutenant der Besatzung vonEspirito-Santo^ bewohnt.
Wir fanden eine sehr freundliche Aufnahme in dem Hause des Herrn Tenente;
die Bewohner waren erfreut einmal einige Wor.te mit Menschen
wechseln zu können; sie betrachten diese Station, wohin der Officier
auf einige Jahre commandirt wird, als eine Art von Verbannung. Der
jetzt hier wohnende Officier klagte sehr über Mangel an Unterhaltung und
allen Annehmlichkeiten des Lebens; selbst manchen Bedürfnissen mufste
(*) S. SoDTHET etc. Vol. I, p. 36.
A u f e n t h a l t zu Capitania und Reise zum Rio Do?e
er an diesem von der Welt abgeschiedenen Aufenthalte entsagen. An
Lebensmitteln ist fast nichts als Mandioccamehl und etwas Fische zu bekommen.
Die Bewohner Yon Aldea P^elha sind arme Fischer; der Flufs
ist jedoch fischreich und hat eine gute Barra, daher können Lauchas
ihn ziemlich weit hinauf segeln.
Da uns dieser Ort nicht auf längere Zeit fesseln konnte, so nahmen
wir am folgenden Tage Abschied von unserm gütigen Hauswirthe, und
setzten über den Flufs. Der Strom war sehr hoch, breit und reifsend,
und beynahe wäre uns eins unserer Reit-Maulthiere ertrunken, welches
in dieser Gegend ein unersetzlicher Verlust gewesen seyn würde. Ein
junger Indier des Commandanten, der sehr geschickt das von den Wellen
herum geworfene Canoe regierte, leistete uns hier gute Dienste. An
seichten Stellen am Ufer bemerkten wir Möven und Meerschwalben, und
zahlreiche Flüge des Verkehrtschnabels {Rynchops nigra, LINN.), der
wegen seines sonderbaren Schnabels bekannt ist. Jenseits des Flusses dehnen
sich Waldungen aus, in welchen die Pflanzungen der Indier zerstreut
liegen; sie bauen hier besonders Mays, Mandiocca und Baga {Ricinas),
aus dessen Saamen sie Oel pressen. Hier traten wir wieder in einen
finstern schönen Wald, wo auf mannigfaltigen Blüthen die schönsten
SchmetterUnge umher schwärmten, und das Tosen der Brandung der
See an unser Ohr schlug. Der Ruf der Jacupemba {Penelope Marail,
LIINN.), eines fasanenartigen Waldvogels, machte unsere Jäger aufmerksam,
allein es gelang ihnen nicht, dieses sehr scheue Thier zu tödten.
Bald erreichten wir die Sandküste der See wieder, und setzten nun unsere
Reise noch 4 Legoas weiter fort, bis wir gegen Abend zu dem Militärposten
Quartel do Riacho gelangten. Die See macht in dieser Gegend
aele Buchten, was dem Wege eine unangenehme Einförmigkeit giebt,
denn so wie man eine Landzunge zurückgelegt hat, erscheint in der
Ferne schon wieder eine andere. Wir fanden hier mehrere Arten von