54-8 A u f e n t h a l t am R i o G r a n d e de B e lmo n t e
i i ; • Iii-;!
V
mt It
Die Hitze wa r in diesen Tagen schon bedeutend, und zahlreiche
Schaaren von Moskiten quälten uns , doch sollen sie zur Zeit des hohen
Was ser s tandes noch weit unerträglicher seyn. Am Abende des zweyten
Tages hatten wir wieder unser Feuer auf einer Sandfläche am Flusse
angezündet, der Mond leuchtete uns in herrlicher Klarheit, und kündigte
uns für den folgenden Ta g schönes We t t e r an. Am folgenden Morgen
lag das ganze Thal des Flusses in dichten Nebel gehüllt, der aber sehr
bald herab fiel. Hier sahen wir, als der Himmel sich aufgeklärt hatte,
einen S chwä rm grofser Schwa lben, zur Familie der Segler (Cj^y^^e/a^)
g ehör i g , von einer neuen, .uns bis jetzt noch unbekannten Ar t , deren
rufs-schwärzliches Gefieder nichts Ausgezeichnetes hatte ; ihres äufserst
schnellen Fluges wegen konnten wir jedoch keine von ihnen erlegen.
Wi r setzten unsere Reise for t , umschifften einige bedeutende Felswände
und erreichten alsdann eine vorzüglich starke Cachoeira-y mit Hülfe
d e r / J e ^ e / r a überschifften wi r auch diese, wie die andern, ohne das Canoe
auszuladen. Von hier aus kamen wi r an eine Stel le, wo der Flufs ziemlich
eben forteilt, und nur wenig St rom hat. Am nördlichen Ufer trifft
man auf einen hohen von oben vortretenden Fe l s , unter welchem eine
Art von Höhle befindlich ist. Diese Stelle trägt den Nahmen der Lapados^
Mineiros (Höhle der Mineiros). Die sogenannte Höhlung des Felsens ist
eigentlich nur ein bedeckter , durch den Vor sprung gebildeter Wink e l ,
wo die Reisenden zu übernachten pf legen, wenn der Abend sie in dieser
Gegend ereilt, indem die Feuer hier vollkommen gegen Wind und Regen
geschützt sind. Hinter dieser Stelle verengen sich die den Flufs einschliefsenden
B e r g e , und grofse Felsblöcke liegen an seinen Ufern. An
einem kleinen Bache (Corrego) hielten wi r etwas an; meine Canoeiros
stiegen ans Land, um, wie sie sagten, Schleifsteine zu suchen; das ganze
Steingerölle dieses kleinen Wa s s e r s bestand aus den verschiedenen in
Minas vorkommenden Arten der Urgebürge mit vielem Glimmer gemischt,
A u f e n t h a l t am R i o G r a n d e de B e lmo n t 349
auch behaupteten meine Leut e , worunter sich ein erfahrner IMineiro befand,
dafs man hier nicht selten Gold finde, und nach dem Vo rkommen
des Gerölles, sicher auf das Vorhandenseyn dieses Metalles schüefsen
könne. In dem wilden Bette dieses, durch menschenleere Gegenden herabkommenden,
rauschenden Wa ldba che s fanden wi r die Spuren ^qy Antas
{Tapirus) und Capyharas ^ der ruhigen Bewohne r dieser Wi ldni s se;
sie haben in dem Corrego^ selbst in der Regenzeit , klares helles V^asser,
und die Urwildnifs rings umher gewähr t ihnen die bequemsten Schlupfwinkel.
Wi r legten noch einige kleine Fälle oder Cachoeiras im Flusse
zurück, über die wi r we g en der ger ingen Tiefe des Wa s s e r s , zum Theil
nur mit grofser Mühe das Canoe fortschaffen konnten. Der Abend fand uns
an einer engen Stelle des Flus ses ; wir lagerten auf einer Sandfläche am
Ufer zwischen Felsen. Zwe y rothe \]nzQn{Onga Quguaranna^ Felis concoloi\
L INN. ) wa ren noch kürzlich hier umher getrabt, ihre Fährte wa r vollkommen
f r i sch; wir wa ren noch mit Betrachtung derselben beschäftigt, als
eine Gesellschaft von Fischottern (Z^oniras) unsere Aufmerksamkeit auf sich
zog, die sich fischend den Flufs hinab treiben liefsen. Oft kamen sie mit den
Köpfen über das W^asser herauf und schnarchten dann hef t ig; zum Schusse
wa ren sie aber leider zu weit von uns. Diese Ottern {Lutra hrasilieTisis)
fangen in den Flüssen eine grofse Menge Fische , deren Ueberres te man
auf den Felsen findet; so fand ich zum Beyspiel öfters an solchen Stellen
den Kopf und den knöchernen Halspanzer einer mit runden schwarzen
Flecken auf gelbbraunem Grunde bezeichneten Art von Silurus p ) ; diese
harten Theile scheinen die Fischottern liegen zu lassen. In der Nähe imseres
Nachtquartiers zeigten sich noch mancherley Thi e r e , Araras riefen
im hohen Wa l d e , und grofse Fledermäuse flogen hoch über unsernKöpfen
( * ) Hier Roncador genannt, südlich Yoii Capüania belegt man eine andere Fischart mit
diesem Nahmen. Ich habe nicht Gelegenheit gehabt, den erstgenannten Fisch in seiner Vollliommenheit
zu sehen.