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80 P t e i s e von Rio de Janeiro nach Cabo Frio
ten, wenn sie afsen, das trockene Mandioccamehl neben sich hin, und
warfen es mit einer solchen Fertigkeit in den Mund, dafs von diesen
einzelnen kleinen Körnchen nichts verloren ging^. Man findet bey ihren
heutigen Nachkommen, so wie bey den portugiesischen Pflanzern, dieseji
Gebrauch ebenfalls (-). Die alten Tupinambas kannten schon eine vorzüghch
gute Art der Mandioccawurzel unter dem Nahmen Aypi, welche
sie in der Asche brateten und in Wa s s e r abkochten ( - '0, beydes geschieht
noch heut zu Tage nnter ihren Nachkommen, auch heifst die Wurzel
noch jetzt eben so, oder Mandiocca dögediese und andere Gebräuche
haben sich bis jetzt unter ihnen erhalten. Ungeachtet sie sich zum
christlichen Glauben bekennen, so gehen doch viele unter ihnen nur zum
Scheine und höchst selten in die Kirche; dabey sind sie abergläubisch
imd haben eine Menge Vorurtheile, ja K Ö S T E R ( f ) fand selbst in Per-^
namhucco noch Maracas {^f^ in einem indischen Hause , ein Beweis,
dafs sie zumTheil auch noch an jenem Gebrauche ihrer Vorfahren hängen.
Mit der fortschreitenden Cultur dieses Volkes wird seine Originalität
und der letzte Rest seiner alten Sitten und Gebräuche immer mehr
verschwinden, so dafs selbst an der Stelle, welche ihm die Natur zum
Aufenthaltsorte anwies, bald keine Spur davon mehr zu finden seyn,
und man nur in L E R Y S und H A N S STADENS Schilderungen noch Kunde
von ihnen erhalten wird.
In 5. Pedro unterhielten wir uns lange mit den Bewohnern, die in
der angenehmen Abendkühle vor ihren Hütten safsen. Der Capitam Mor,
ein kluger ältlicher Indier, und mit ihm alle Bewohner des Orts, konnten
uns ihren Argwohn nicht verbergen, dafs wi r wohl englische Spione
( * ) JE A S DE LE H Y , Toyage etc. p. 118 und 119.
(**) ibid. p. 119.
( t ) KO S T E R S trayels etc. p. 3i4-
(•H") H A N S ST A D E N nennt sie Tamaracas. Caput
R e i s e von Rio de Janei r o nach Cabo Frio 8
seyn möchten; und selbst als wir ihm unsere Portaria zeigten, war er
noch nicht völlig beruhigt. Die Engländer sind in Brasilien sehr verhafst;
man hält alle Fremde, bey welchen blonde Haare und eine weifse
Haut die nördliche Abkunft verrathen, für Glieder jener Nation.
Da die umliegende Gegend uns mannigfaltigen Stoff für unsere Forschungen
zu enthalten schien, so verweilten wir hier mehrere Tage;
unsere ausgesandten Jäger brachten uns einige Micos {Simia fatuellas,
LINN. , der gehörnte Sahui), das Faulthier mit dem schwarzen
Halskragen , eine noch wenig gekannte Art, u. s. w. ; dieses letztere
fanden wir nachher in den südlicheren Gegenden häufig, aber in den
nördlicheren nicht mehr. Der folgende Tag war ein Sonntag; alle
Bewohner der umliegenden Gegend strömten zur Messe nach S. Pedro
herbey. Wir zogen in die Kirche, vor welcher noch, von einem
vergangenen Feste her, verdorrte Palmblätter in die Erde gesteckt
eine Allee bildeten. Ein gewisser Herr Capitam GARVALHO, welcher
sich auch hier eingefunden hatte, war gegen uns sehr zudringlich.
E r hatte in der Nähe seine Roga (Pflanzungen) und in der nicht weit
mehr entfernten P^illa zu Cabo Frio ein Haus, welches er uns für unsern
bevorstehenden Aufenthalt daselbst zur Wohnung aufdrang. Hier in
S. Pedro machte er unsern Führer, und lud uns wiederholt nach seiner
Wohnung in der Nachbarschaft ein, wovon Herr SELLOW Gebrauch
machte. In der Messe sahen wi r die vielen dunkelbraunen Indier mit ihren
originellen Gesichtern, ein für Fremde sehr interessanter Anblick. Am
Abend tanzten sie im Hause ihres Capitam Mor, und waren bey dem Caüy-
(*) Das Faulthier mit dem Halskragen {Bradypus torquatus, IL L I G E E I ) ist eine neue noch
unbeschriebene Art. Es unterscheidet sich in Gestalt und Bildung wenig Ton dem A'i; seine
Farbe ist abweichend: eine Mischung von grau und röthlich, der Kopf mehr ins röthhche
fallend und weiislich gemischt. Auf dem Oberhals befindet sich ein greiser Flecken von
hingen schwai'zen Haaren. Diese Art hat übrigens drey Zehen wie der Ai, und nicht zwey,
wie ILLIGER in seinem Prodromus angiebt.
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