94 R e i s e von C a b o Frio bi s Vi l l a de S. Salvador
Bey unserer Abreise erschien uns die hübsche Geg"end in einem
recht freundlichen Lichte. Die Wiesenebene war von niedrigen Waldhügeln
eingeschlossen; Gebüsche von besonders lebhaftem und freundlichem
Grün erinnerten uns an die Farbe unseres europäischen Frühhngs.
Sie bestanden aus einer Art Gardenia^ hier Cuiranna genannt, die wahrscheinlich
eine noch nicht beschriebene Species ist, und einen Baum mit
nutzbarem Holze bildet. Wegen der ziemlich weiten Entfernung von
der See sind die Waldungen mit Affen und jagdbaren Thieren angefüllt.
Der erhabene, prachtvolle Urwald virgem)^ welcher sich
von Campos Novos beynahe ununterbrochen bis zum Flusse 5. Joäo^
vier Legoas weit, ausdehnt, in dessen dunkele Kühlung wir uns jetzt
vertieften, verdient hier eine Erwähnung. Wir erreichten bald eine
mahlerische Sumpfstelle, von jungen Cocospalmen und Heliconiagebüschen
dicht umflochten. Sie bilden das Unterholz, über welchem sich hohe,
schattenreiche , ästige Waldbäume erheben. Der grün, blau und gelbe
Surucuä {^Trogon viridis^ Linn.) war hier häufig, und lockte in den
dichtbelaubten Baumzweigen; wir ahmten seine Stimme nach und schössen
bald mehrere, sowohl Männchen als Weibchen. Dieser Vogel ist
in allen hiesigen Gegenden einer der gemeinsten. Der Wald ward immer
herrlicher, und neue prachtvolle Bkimen gaben unserm Botaniker
reiche Beschäftigung. Wir sahen auffallend verschlungene Qipos ^ besonders
schöne Banisterien meist mit gelben Blumen, merkwürdig gebildete
Stämme und oft schauerlich prachtvolles Gewebe von Cocospaleine
nicht zu beschreibende Zierde d men er Wälder; oben in den
Zweigen blüheten schön die Bromeliastauden. Neue Lockstimmen der
Vögel reizten unsere Neugierde, besonders häufig war hier der weifse
Procnias {^Araponga). Der W e g in sandigem Boden war ermüdend,
allein die Pracht des Waldes entschädigte uns reichlich für die Anstrengung.
Auf einem schief gewachsenen Stamme fand ich eine 6 bis 7
R e i s e von Cabo Frio bis V i l l a de S. Salvador 9 5
Fufs lange, bleyg^aue Schlange, welche ich unter dem Nahmen der
Colaber plamheas beschreiben werde (='=), sie liefs uns sämmtlich vorbeyreiten
und bewegte sich nicht. Ich liefs sie von einem meiner Jäger
schiefsen; und um sie fortzubringen, konnte ein Neger, der unsere eingesammelten
Pflanzen schleppte, nur mit Mühe beredet werden, das
grofse, völlig unschädliche Thier, das wir in ein Tuch eingepackt hatten,
am Ende eines langen Stockes auf der Schulter zu tragen. Nachdem
er schon weit gegangen war, bemerkte er noch eine kleine Bewegung
seiner Bürde und erschrack dermafsen, dafs er sie weit von sich schleuderte
und die Flucht ergriff. Etwas weiter fanden wir unsere vorangeeiltenJäger
am Fusse eines uralten Stammes gelagert; sie hatten schöne
Vögel, mehrere Tucane , Arassaris, {Ramphastos Aracari^ Linn.),
Surucuä's ( Trogon) und den kleinen rothen Sahui {Simia Rosalia^ Linn.)
erlegt. Wir erreichten gegen Abend die Ufer des Flusses S, Joäo^
der bey der hier erbauten F^illa sich ins Meer ergiefst. Er ist etwa 3
bis /joo Schritte breit und wird mit Canoes überschifft, unsere Thiere
wurden weiter oben durchs Wasser geführt. Auf der andern Seite des
Flusses landeten wir in der/^zYZö; da Barra de S.Joäo^ einem kleinen
Orte mit mehreren Strafsen und, nach der Landesart, ziemlich guten
Gebäuden; er hat eine Kirche aus den Zeiten der Jesuiten, die etwas
isolirt auf Felsen an der See erbaut ist. Barra de 5. Joäo ist einer
der Plätze, wo die von Minas Geraes herabkommenden Beisenden und
Waaren wegen der unerlaubten Ausfuhr der Edelsteine visitirt werden.
Da der Flufs etwas schiffbar ist, so fanden wir hier fünf bis sechs Briggs
vor Anker. Ein hieselbst ansässiger Engländer, ein Schmidt, erzählte
uns, dafs sich auch schon englische Schiffe in diesen einsamen
(*) Die Lange dieses Thieres betrug 6 Fufs 1 Zoll 4 Linien. Es hatte 224 Bauchschilde
und 79 Paar Schwanzschuppen- Die obem Theile sind dunkel bleyfarben, die untem schön
gelblich weifs, wie Porcellain glänzend.
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